Erste Unterkünfte sollen schon Anfang kommenden Jahres bezugsfertig sein. In Marzahn ist dann Platz für 450 Asylbewerber
Die Betonplatte war sechs Meter lang und drei Meter hoch und sie wog zwölf Tonnen. Nicht einfach zu handhaben. Der Kranführer schaffte es dennoch, das Fassadenelement genau neben dem benachbarten Bauteil abzulassen. Das sah gekonnt aus – und es vermittelte den Eindruck, dass hier, beim Bau der ersten aus Fertigteilen errichteten Flüchtlingsunterkunft in Marzahn-Hellersdorf, alles wie am Schnürchen läuft.
Andreas Geisel konnte die Aktion nicht mitverfolgen. Er blickte in die andere Richtung. Das Bild dürfte dem Stadtentwicklungssenator aber gefallen. Denn diese Botschaft wollte er bei der Baustellenbesichtigung in der Märkischen Allee in Marzahn vermitteln: Beim Bau der sogenannten Modularen Unterkünfte für Flüchtlinge, im Amtsdeutsch mit der Abkürzung „MUF“ belegt, läuft es nach Plan.
Bis Ende dieses Monats soll der Rohbau stehen
Tatsächlich konnten der SPD-Politiker und sein Parteifreund, der Bezirksbürgermeister Stefan Komoß, viel Positives verkünden: Im April hatten die Arbeiten an der MUF begonnen. Schon bis Ende dieses Monats soll der Rohbau stehen – und Anfang 2017 sollen in die sechs Module mit je fünf Geschossen 450 Flüchtlinge einziehen.
Bei der Standortauswahl der MUF hatte es zunächst Streit gegeben. Flüchtlingsunterkünfte gern, aber nicht unbedingt bei uns – unter diesem unausgesprochenen Motto hatten die Bezirke versucht, vom Senat ausgewählte Grundstücke für ungeeignet zu erklären. Nun aber sind zumindest für die zehn MUF, die unter der Ägide der Bauverwaltung errichtet werden sollen, Grundstücke gefunden. Bis Ende 2017 sollen sie fertig sein. 25 Prozent der Flächen sollen für Familien vorbehalten sein, 75 Prozent werden als Gemeinschaftsunterkünfte angelegt.
Turnhallen sollen wieder für den Sport zur Verfügung stehen
Um die kurze Bauzeit zu garantieren, setzt der Berliner Senat auf modernen Plattenbau. Die Fertigelemente werden vor Ort nur zusammengesetzt. „Sie fügen sich gut in die Umgebung ein“, sagte Stadtentwicklungssenator Geisel.
Bei den vier MUF, die in Marzahn errichtet werden, sowie einer in Neu-Hohenschönhausen trifft das zu. Denn die Viertel sind ohnehin von Plattenbauten geprägt. Weitere MUF lässt die Bauverwaltung in Neukölln, Britz, Lankwitz und Buch errichten.
Weitere Anlagen für Flüchtlinge sollen die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und die stadteigene Berlinovo bauen. Insgesamt soll in den kommenden zweieinhalb Jahren Platz für rund 35.000 geflüchtete Menschen geschaffen werden – zusätzlich zum „normalen“ Wohnungsbauprogramm. Hinzu kommen die sogenannten Tempo-Homes, also Containerdörfer. Laut Sozialverwaltung sollen sie in den kommenden Monaten entstehen und Platz für 4500 Menschen bieten. Die mit Flüchtlingen belegten Turnhallen sollen im Gegenzug wieder für den Sport zur Verfügung stehen.
ASB-Landesvorsitzende muss ihren Posten aufgeben
Für Unruhe sorgt unterdessen die Absetzung der Landesvorsitzenden des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), Jutta Anna Kleber. Es kursierten in den vergangenen Wochen Gerüchte über Unregelmäßigkeiten mit der Kostenabrechnung. Ehrenamtliche Helfer und Flüchtlinge sollen sich massiv beschwert haben. Jetzt hat der ASB offenbar gehandelt und nach Morgenpost-Informationen die Vorsitzende von ihrem Posten abgelöst. Die „B.Z.“ hatte kürzlich berichtet, der ASB habe „Hygieneartikel und andere Verbrauchsgüter“ über Spendengelder abgerechnet, obwohl die Kosten dafür bereits von den Tagessätzen gedeckt gewesen seien. Warum jetzt die Heimleiterin entlassen wurde, war am Donnerstagnachmittag weder vom ASB noch vom Sozialstadtrat im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, Carsten Engelmann, zu erfahren.