Immobilienmarkt

Wohnen in Berlin ist schon fast so teuer wie in München

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Kerstin Münstermann
Panorama von Berlin-Mitte

Panorama von Berlin-Mitte

Foto: imago/Jochen Tack

Statistisch bleibt den Berlinern das geringste Einkommen nach Abzug der Miete übrig. Die Wohnungsknappheit in der Hauptstadt verschärft sich.

Berlin.  Wer in der Hauptstadt schon mal in der langen Schlange zur Besichtigung einer freien Mietwohnung stand, für den ist es keine Überraschung: Berlin bleibt ein Magnet.

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und die Privatbank Berenberg haben die Entwicklung des Wohnungsmarktes in den Jahren 2004 bis 2014 in den 20 größten deutschen Städten untersucht. Laut der Studie verzeichnete Berlin in den Jahren von 2011 bis 2013 insgesamt 96.000 neue Einwohner – das ist in Deutschland absolute Spitze. München kommt mit einem Plus von „nur“ 43.000 Menschen auf den zweiten Rang.

Steigende Bevölkerungszahlen in den Städten, auch durch die Zuwanderung aus dem Ausland, haben den Druck auf den städtischen Wohnungsmarkt allerdings deutlich erhöht. Neben Berlin sind auch Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Düsseldorf und Nürnberg sehr beliebt und werden voraussichtlich in Zukunft mehr Einwohner zählen. Vor allem die Anzahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte wird steigen, prognostizieren die Forscher. Die durchschnittliche je Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche in den Städten liegt derzeit bei 42,1 Quadratmetern.

Berlin ist „in“ - und wird dadurch teurer

Die Berliner zahlen einen hohen Preis für die Beliebtheit ihrer Stadt. Sie mussten 2014 im Vergleich zu 2004 bundesweit die höchsten Steigungen bei den Mietkosten verkraften. Die Nettokaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche verteuerte sich bei Wohnungen mit mittlerer Wohnqualität um satte 57 Prozent. Die Preise stiegen allerdings auch in den meisten anderen Städten, im Durchschnitt um 25 Prozent.

Das besondere Problem in Berlin ist jedoch, dass das verfügbare Einkommen der Einwohner nicht annähernd in diesem Maße steigt. So legten die verfügbaren Einkommen in der Hauptstadt von 2004 bis 2014 nur um 16,9 Prozent zu. Somit hatte jeder Berliner Bewohner einer Mietwohnung nach Abzug der Miete statistisch im Jahr 13.962 Euro übrig. Damit liegt Berlin auf dem vorletzten Platz. Schlusslicht ist Leipzig. Dort sind es 13.815 Euro, die für Kleidung, Lebensmittel und das, was das Leben schön macht, im Portemonnaie bleiben.

Nur in Duisburg und Bochum fielen die Mieten

Das bedeutet rechnerisch, dass die Hauptstadtbewohner durchschnittlich mit 21 Prozent ihres verfügbaren Einkommens mittlerweile fast so viel für die Miete ausgeben wie die Münchener mit 22 Prozent. Doch dort sind die Einkommen höher, sodass den Bayern mehr auf dem Konto bleibt.

Im Durchschnitt der 20 größten Städte muss ein Bürger für eine Durchschnittwohnung knapp 20 Prozent seines verfügbaren Einkommens für die Miete aufbringen. Die Werte rangieren von 14 Prozent in Duisburg bis 22 Prozent an der Isar. Günstiger als im Jahr 2004 wohnten Mieter deutschlandweit nur in Duisburg und Bochum, in der Ruhrgebietsstadt Duisburg fielen die Mieten sogar um ganze neun Prozent. Wohnt man nun besser zur Miete, oder sollte man sein Geld in Zeiten der niedrigen Zinsen besser in Eigentum stecken?

„Wer in Wohnimmobilien investieren will, muss in wachsende Städte wie Hamburg, Berlin, Dresden oder Köln gehen“, sagt Ken Zipse, Leiter der Immobilienabteilung der Berenberg Bank. In vielen ländlichen Regionen sei nicht einmal ein Inflationsausgleich mit Immobilien gesichert.“

Investitionen lohnen sich nur in wachsenden Städten

„Wir gehen davon aus, dass in besten Lagen die Objekte auf lange Sicht nicht günstiger werden.“ Zwar erscheinen manche Preise recht ambitioniert, doch diese Preisentwicklung wird teilweise durch die niedrigen Zinsen relativiert, sofern eine lange Zinsfestschreibung und eine erhöhte Tilgung erfolgen. Etwa ein Viertel der Haushalte in den größten Städten wohnt in den eigenen vier Wänden, obwohl Käufer im vergangenen Jahrzehnt in München, Stuttgart, Berlin und Hamburg Preissteigerungen von über 50 Prozent verkraften mussten. In Berlin ist die Zahl der Eigentümer niedriger, hier mieten 85 Prozent.

Insgesamt bereitet der deutsche Wohnungsmarkt den Forschern Sorge: „Wir müssen sehen, dass 70 Prozent der Haushalte in den großen Städten unter dem Durchschnittseinkommen liegen und diese Personengruppe hat es bei der Wohnungssuche besonders schwer“, sagt Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann. Zwar verfügten 41 Prozent der Haushalte über einen Wohnberechtigungsschein, aber 2014 hätten nur 22 Prozent der Haushalte mit einer solchen Berechtigung auch vermittelt werden können.

Bedarf wird nicht gedeckt

Auch müssten, so die Autoren, in den vier deutschen Millionenstädten dringend Neubauten errichtet werden, um den Bedarf zu decken. Berlin benötigt in den nächsten fünf Jahren den Forschern zufolge etwa 17.200 neue Wohnungen jährlich, um dem wachsenden Bedarf Rechnung zu tragen. Es folgt München mit rund 10.000 Wohnungen.

Vergleicht man den Neubedarf ab 2015 mit der Bautätigkeit in 2014 wird deutlich, dass Berlin nicht hinterherkommt. 2014 wurden in der Hauptstadt nur 8744 Wohnungen gebaut, obwohl laut Prognose ab 2015 jährlich fast doppelt so viele neue Wohnungen benötigt wurden. Es wird eng – nicht nur in Berlin.