Geheimdienst

Stasi-Video eines Doppelagenten aufgetaucht

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Patrick Goldstein
Gefeierter Doppelagent neben dem Honecker-Portrait: Kim Philby

Gefeierter Doppelagent neben dem Honecker-Portrait: Kim Philby

Foto: Screenshot BBC

Neues Video enthüllt: Wie der Mann hinter John le Carrés Erfolgsromanen im August 1981 einen launigen Vortrag vor der Stasi hielt

Redner an diesem Tag im August 1981 war der Star-Verräter unter Moskaus Doppelagenten. Kim Philby hatte als Abteilungsleiter im Britischen Geheimdienst MI6 jahrelang Geheimnisse an die UdSSR weitergegeben. Im munteren Plauderton, feinem Oberklasse-Englisch und mitunter gar zu Scherzen aufgelegt, erteilte er nun in Ost-Berlin vor Spitzenkadern der Staatssicherheit eine Lektion über Tricks, Methoden und seine größten Erfolge.

Bei Recherchen für den Sender BBC förderten jetzt Mitarbeiter der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin Videoaufnahmen dieses bislang öffentlich unbekannten Berlin-Besuchs zu Tage.

Die einführenden Worte im Offizierskasino von Haus 22 der Stasi-Zentrale in Lichtenberg spricht niemand geringerer als DDR-Spionage-Chef Markus Wolf.

Regelmäßig trinken mit dem Archivar des MI6

„Verehrte Genossen“, begrüßt Philby anschließend seine Zuhörer. Ein großer Redner sei er nicht, warnt er, um die Stasi-Leute nun aber doch mit Anekdoten eine Stunde lang in Atem zu halten. Etwa, wie er an Londoner Geheimakten gelangte: Indem er regelmäßig mit dem Archivar des MI6 trinken ging. Über Nacht gab er das Material dann seinem KGB-Kontaktmann, um es morgens unbemerkt zurückzustellen. „So machte ich das jahrein, jahraus“, prahlt Philby.

Während seines Aufenthalts 1963 im Libanon war der Spionageverdacht bereits so erdrückend geworden, dass ein MI6-Beamter den Auftrag erhielt, ihn zu überwachen, erzählt Philby im Video. Als der Agent – ein begeisterter Skiläufer – aber von den sensationellen Pistenbedingungen der libanesischen Berge hörte und davonfuhr, nutzte der KGB die Chance, um Philby auszuschleusen.

In einer abschließenden Fragerunde verrät er den Stasi-Leuten noch ein Berufsgeheimnis: Unter Verdacht müsse ein Spion alles abstreiten. „Sagen Sie Ihren Agenten, dass sie niemals gestehen sollen.“

Die Sowjetunion hielt Philby bis zuletzt die Treue

Philby, der aus wohlhabendem Hause stammte, aber im Herzen Kommunist war, hatte sich in den 30er-Jahren als Agent der Sowjetunion rekrutieren lassen. Im MI6 war er später unter anderem für die Gegenspionage in Westeuropa zuständig und wurde Chef-Verbindungsmann zwischen den britischen und amerikanischen Nachrichtendiensten in Washington.

Der Tod vieler westlicher Agenten der 40er- und 50er-Jahre wird ihm zugeschrieben. Seine Geschichte wurde zur Inspiration John le Carrés für seine Erfolgsromane „Dame, König, As, Spion“ und „Ein blendender Spion“.

Die Sowjetunion hielt Philby bis zuletzt die Treue: Als er 1988 starb, legte man ihm zu Ehren eine Briefmarke mit seinem Portrait auf.