Berlin

Bund veräußert Brache in Mitte an privaten Investor

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Isabell Jürgens

Am Donnerstag stimmt der Finanzausschuss des Bundesrates über den Deal ab. Kritik an Höchstpreisverfahren

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) hat eine der letzten großen Brachen in der Innenstadt zum Höchstpreisgebot an das Immobilienunternehmen Formart verkauft. Die Essener Firma hatte sich im Bieterverfahren mit dem „wirtschaftlichsten Angebot“ durchgesetzt, wie es in der sogenannten Veräußerungsvorlage des Bundesministeriums für Finanzen heißt, die der Berliner Morgenpost vorliegt. Demnach hat das Unternehmen für die Brache auf dem ehemaligen Mauerstreifen an der Stallschreiberstraße im Bezirk Mitte 29,1 Millionen Euro gezahlt.

Kritiker des umstrittenen Deals hoffen nun, dass der Finanzausschuss des Bundesrats den Verkauf an diesem Donnerstag noch stoppt. Es wäre nicht das erste Mal: Im September hatte der Bundesrat sein Veto gegen den Verkauf des Dragonerkasernen-Areals eingelegt. Wie berichtet, sollte die Kreuzberger Premiumlage für 36 Millionen Euro meistbietend an einen Investor aus Österreich verkauft werden – zum Nachteil Berlins, das auf dem Areal preiswerte Wohnungen errichten wollte.

Investor zum Bau von 110 Sozialwohnungen verpflichtet

Diesmal könnte sich die Hoffnung der Oppositionsparteien und des Bürgerbündnisses „Stadt von Unten“ auf einen erneuten Verkaufsstopp jedoch als trügerisch erweisen. Denn anders als im Herbst beim Dragonerareal, als sich Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) im Bundesrat gegen den Verkauf stemmte, „wird er diesmal nicht gegen die Veräußerung vorgehen“, sagte seine Sprecherin Eva Henkel am Mittwoch. Zwar halte der Senator die Veräußerung von Grundstücken durch die Bima nach dem Höchstpreisverfahren generell für den falschen Weg. Im Falle der Mauerbrache habe das Land Berlin aber keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Deal, da der Investor wichtige Zugeständnisse gemacht habe.

Wie aus dem Veräußerungsbericht des Ministeriums zum Grundstück an der Stallschreiberstraße hervorgeht, soll das 16.512 Quadratmeter große Areal in bester Innenstadtlage laut Bebauungsplanentwurf als allgemeines Wohngebiet festgesetzt werden. In einer Absichtserklärung haben die Formart GmbH und die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge vereinbart, dass nach dem sogenannten Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung 110 der insgesamt 550 Wohnungen preis- und belegungsgebunden errichtet werden sollen. Die Wohnungen, wie auch eine vom Investor zu errichtende Kita mit 40 Plätzen, sollen „preisorientiert nach den in Berlin geltenden Förderrichtlinien für sozialen Wohnungsbau“ an die Howoge veräußert werden. Der Aufsichtsrat der Howoge, so heißt es in dem Papier, habe diesem Vorvertrag bereits zugestimmt.

„Das Land Berlin profitiert auf vielfältige Art und Weise von diesem Projekt“, heißt es in dem Bericht des Ministeriums weiter. Denn der Investor habe sich auch noch verpflichtet, den ehemaligen Grenzpostenweg herzustellen und als öffentlichen Fuß- und Radweg der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Für die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Gesine Lötzsch (Linke), ist das jedoch „nicht mehr als ein Feigenblatt im Vergleich zu dem, was auf dem Grundstück realisierbar wäre“. In der vergangenen Woche hat der Haushaltsausschuss mit den Stimmen von CDU und SPD mehrheitlich für den Verkauf der Mauerbrache gestimmt, die Oppositionsparteien Linke und Grüne hatten den Deal dagegen abgelehnt. Hintergrund: Ab einer Wertgrenze von 15 Millionen Euro müssen sowohl der Haushaltsausschuss als auch der Bundesrat dem Verkauf bundeseigener Immobilien zustimmen.

Die Berliner Bundestagsabgeordnete Lötzsch fordert, dass „das Höchstpreisverfahren gesetzlich abgeschafft werden muss“. Die Bundesgrundstücke würden dringend gebraucht, um bezahlbaren Wohnraum in „Größenordnungen“ zu schaffen. Die 110 Sozialwohnungen seien angesichts des Mangels an preiswerten Wohnungen in der Stadt völlig unzulänglich, begründet die Politikerin ihre Ablehnung.

Auch das Bürgerbündnis „Stadt von Unten“ möchte, dass der Finanzausschuss des Bundesrates den Verkauf am heutigen Donnerstag noch stoppt. Auf seiner Internetseite fordert das Bündnis, den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften den Vorzug zu geben. Auch im Falle der Mauerbrache hatte eine städtische Wohnungsbaugesellschaft das Areal erwerben wollen. Mit privaten Partnern hatte sich die landeseigene WBM am Bieterverfahren beteiligt. Das WBM-Gebot in Höhe von 16,5 Millionen Euro lag jedoch deutlich unter dem der Privatinvestoren aus Essen.