Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) fordert als Reaktion auf die Übergriffe auf Frauen während der Silvesternacht in Köln und anderen Städten eine Diskussion über eine längere Speicherung von Videoaufnahmen.
Bisher müssten etwa in Berlin die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die S-Bahn ihre Bilder nach 48 Stunden löschen. Die Erfahrung von Köln habe aber gezeigt, dass Frauen gerade sexuelle Angriffe nicht unmittelbar nach der Tat anzeigen, so Henkel.
Häufig müssten sie über diesen Schritt erst nachdenken oder sich Rat bei Freundinnen holen, begründete der Innensenator seine Anregung. Bis sich viele dann doch zu einer Anzeige durchgerungen hätten, seien womöglich beweiskräftige Videos gelöscht worden.
>> Interview mit Frank Henkel: „Dem Berliner Sport ist schon viel zu viel zugemutet worden“
Er wolle über seinen Vorstoß sachlich mit Experten diskutieren, sagte Henkel. Die Fachleute sollten Erfahrungen schildern, nach welcher Zeit nach einem sexuellen Übergriff Anzeigen erstattet werden. Im Falle von Köln waren viele Frauen erst Tage nach der Silversternacht zur Polizei gegangen und hatten von ihren Erfahrungen berichtet. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die langsame Reaktion der Polizei als einen Grund für die späten Reaktion der Opfer genannt.
Parallelen zur Spurensicherung bei Sexualdelikten
Henkel sieht eine Parallele zu der anonymen Spurensicherung, die bisher in Berlin in der Gewaltschutzambulanz in der Charité in Fällen von häuslicher Gewalt betrieben wird und ausgeweitet werden soll. Auch hier sollen bei Sexualdelikten etwa DNA-Spuren aufgenommen werden, ohne dass eine Frau zuvor eine offizielle Anzeige gestellt hat.
Dann kann man auf diese Indizien zurückgreifen, falls sich ein Opfer erst später dazu entschließt, den häufig im familiären Umfeld lebenden Täter der Polizei zu nennen. Ähnlich könne man auch mit den Bildern der Überwachungskameras umgehen, findet Henkel.
1494 Straftaten durch Videoaufnahmen aufgeklärt
Erst 2012 hatten SPD und CDU in Berlin auf Druck der Union beschlossen, die Speicherzeiten für Videoaufzeichnungen aus Fahrzeugen und Bahnhöfen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu verlängern, von vorher 24 auf jetzt 48 Stunden. Auch seinerzeit war argumentiert worden, die Opfer bräuchten bisweilen mehr Zeit, um Verbrechen anzuzeigen. Die Verlängerung gilt als Erfolg.
Im Jahr 2014 seien im Bereich der BVG mit Hilfe von Videoaufnahmen im Falle von 1494 Straftaten die mutmaßlichen Täter ermittelt worden. Im Jahr davor waren es 1172 Straftaten, bei deren Aufklärung die Videoüberwachung geholfen hatte.