Islamisten

Terror-Razzia in Berlin - Verdächtige wieder freigelassen

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Terroralarm in der Andreasberger Straße

Terroralarm in der Andreasberger Straße

Foto: Abix

Die mutmaßlichen Islamisten sind wieder frei. Auch einem dritten Mann, der festgenommen wurde, konnte nichts nachgewiesen werden.

Nach den Durchsuchungen der Moschee des Kulturvereins Seituna e. V. in Charlottenburg am Donnerstag hat sich der muslimisch geprägte Verein von jeglichen islamistischen Umtrieben distanziert. „Wir möchten ... betonen, dass sich der Vorstand und die Mitglieder unseres Vereins von jeglichen terroristischen Aktivitäten und jeglicher Gewalt in Deutschland und im Ausland distanzieren“, hieß es in einer in der Nacht zu Freitag über Facebook verbreiteten Mitteilung.

Die Seituna-Moschee stand bisher nicht im Fokus der Sicherheitsbehörden. Beobachter schätzen sie als konservativ ein, aber nicht als radikal. Die Besucher kommen vor allem aus dem arabischsprachigen Raum, auch die Imame, die ebenfalls als konservativ, nicht aber als radikal gelten, predigen meist auf arabisch. Das Gebetshaus gilt allenfalls als Anlaufpunkt für Sympathisanten der Muslimbruderschaft, nicht aber als Hochburg der Salafisten. Mit dschihadistischen Kreisen wurde das Haus erst recht nicht in Zusammenhang gebracht.

Der Vereinsvorstand selbst stellte klar, das „jedwede Terroranschläge und Gewaltakte auf Menschen, unabhängig von deren religiöser Zugehörigkeit“ aufs Schärfste verurteilt würden. Auch dulde man in den Räumlichkeiten des Vereins keine Sympathisanten solcher Terroranschläge oder Gewalttaten gegen unschuldige Menschen.

Speichermedien werden ausgewertet

Auf der Facebook-Seite von Seituna finden sich Einträge, in denen nach den Anschlägen von Paris die Verantwortung westlicher Politik bei der Entstehung des internationalen Terrorismus betont wird. Die Anschläge werden aber nicht relativiert, sondern unmissverständlich verurteilt. Auch die Islamismusexpertin Claudia Dantschke vom Berliner Zentrum Demokratische Kultur hält die Moschee und ihre Betreiber nicht für radikal. Es sei aber denkbar, dass neben gemäßigten Moscheegängern auch Anhänger der Dschihadistenszene das Gebetshaus als Treffpunkt nutzten. Bekannte Salafisten-Prediger wie etwa Pierre Vogel würden in dem Haus aber sicher keine Auftrittsmöglichkeit erhalten, sagte Dantschke der Berliner Morgenpost.

Auch die Polizei betonte am Freitag, bei der Durchsuchung der Moschee habe nie der Verdacht bestanden, „dass das mit den Betreibern der Moschee zu tun hatte“, wie ein Sprecher sagte. Nach der Festnahme eines 28-jährigen Syrers und eines 46 Jahre alten Tunesiers am Donnerstag nahm die Polizei in der Nacht zu Freitag einen weiteren 25 Jahre alten Tunesier fest. Gegen die Verdächtigen, die wieder auf freien Fuß kamen, werde wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Straftat weiter ermittelt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Einen dringenden Tatverdacht gebe es nicht, deshalb seien auch keine Haftbefehle beantragt worden. Auflagen wurden nicht erteilt. Die Ermittler wollten jetzt beschlagnahmte Speichermedien auswerten.

"Wir dürfen nicht in Alarmismus verfallen"

Bei der Durchsuchung der Moschee sowie des Lieferwagens der Verdächtigen in Britz war kein Sprengstoff gefunden worden. Ein Koffer war Auslöser der Razzia beim Kulturverein Seituna. Nach Polizeiangaben hatte einer der Verdächtigen den Koffer in dem Gebäude abgestellt. Es sei unklar gewesen, ob er ihn versteckt habe. Hinweise auf einen möglichen Anschlag in Dortmund haben sich nach Angaben der Polizei unterdessen nicht erhärtet.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux sagte, der Polizeieinsatz sei den Umständen entsprechend gut verlaufen. Lux betonte die schnelle Alarmierungskette. Dennoch seien die akuten Schwachstellen bei der Polizei, wie etwa fehlende Schießplätze und Mängel bei der Ausrüstung, weiter vorhanden. Robbin Juhnke (CDU) erklärte, das Bewusstsein der Berliner Polizei für die abstrakte Bedrohung sei geschärft, der Einsatz in kürzester Zeit erfolgreich verlaufen. Der SPD-Sicherheitsexperte Tom Schreiber sagte, es sei wichtig, bei Hinweisen jedem Verdacht nachzugehen. Die Behörden seien hoch sensibilisiert, bereits im Vorfeld mögliche Straftaten aufzuklären. „Wir dürfen aber nicht in Alarmismus verfallen. Es ist wichtig, sich nicht in der Freiheit einschränken zu lassen.“

>> Protokoll der Einsätze am Donnerstag: Hinweise auf geplante Anschläge - Zwei Festnahmen in Berlin <<

( BM )