Der Berliner Senat verstärkt seine Anstrengungen, um dem weiter wachsenden Zuzug von Flüchtlingen in der Stadt Herr zu werden. Drei Millionen Euro stellt die rot-schwarze Regierung für Sofortmaßnahmen zusätzlich bereit. Ein Koordinierungsstab aller Senatsressorts, Bezirke, Hilfsorganisationen und Landesunternehmen soll täglich tagen, um flexibel und schnell reagieren zu können. Mit diesen Beschlüssen ging der Senat über das ebenfalls am Dienstag beschlossene Flüchtlingskonzept hinaus, das die Ressorts über Wochen erarbeitet hatten.
Allein im Juli wurden in Berlin 4106 Asylsuchende Aufgenommen. Insgesamt wurden nach dem bundesweiten Schlüssel 15.598 Menschen nach Berlin verteilt. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte, derzeit stellten täglich 200 bis 250 Personen in Berlin Erstanträge auf Asyl. Er rechne für 2015 mit 35.000 Asylsuchenden in Berlin, fast 20 Mal mehr als vor einigen Jahren.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, es gebe eine „ernste Situation, aber noch keine Krise“ in Berlin. Die Stadt müsse sich aber vorbereiten, dass sich die Lage durch weiteren Zustrom zuspitzen könnte. Er forderte die Bundesregierung dringend auf, die Länder und Kommunen stärker zu unterstützen, nicht nur mit Geld, sondern auch mit rechtlichen Erleichterungen. „Es muss ein stärkeres Engagement des Bundes geben und es muss schneller gehen“, sagte Müller.
Müller warnt vor Beschneidung des Asylrechts
Der Regierende zeigte sich offen für die Forderung, die Balkanländer Albanien, Kosovo und Mazedonien ebenfalls zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Das individuelle Asylrecht dürfe jedoch nicht beschnitten werden, mahnte Müller. Gleichzeitig forderte er dringend ein Einwanderungsgesetz. Müller wandte sich auch gegen Pläne, Asylsuchende vom Balkan gesondert unterzubringen. „Abschreckung ist nicht der Weg“, sagte Müller. Er bekräftigte den Anspruch Berlins, alle Hilfesuchenden menschenwürdig unterzubringen und möglichst in der Stadt zu integrieren. Das könne Berlin leisten, sagte der Sozialdemokrat und bedankte sich für das starke Engagement vieler Bürger für die Flüchtlinge. Berlin bleibe dabei, die Menschen an „integrierten Standorten“ im Stadtgebiet unterzubringen. „Zelte im Wald“ könnten keine Lösung sein.
In seinem Flüchtlingskonzept hat der Senat bessere Unterstützung für das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) vereinbart. Mitarbeiter anderer Ressorts würden ab sofort eingesetzt, um die 100 noch freien Stellen im Lageso schnell zu besetzen. Ferner sollen erstmals Dienstkräfte notfalls auch gegen deren Willen abgeordnet werden, um im Lageso auszuhelfen. Landeseigene Gebäude sollen noch stärker als bisher für Flüchtlinge genutzt werden, auch wenn Behörden damit andere Pläne haben. „Wir haben jetzt eine klare Priorisierung für eine gute Unterbringung in Berlin“, sagte der Regierende Bürgermeister.
4000 zusätzliche Plätze für die Flüchtlinge
Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die die meisten landeseigenen Liegenschaften verwaltet, hat laut Müller zugesagt, 4000 zusätzliche Plätze im Laufe dieses Jahres einzurichten. Derzeit bietet Berlin 16.000 Betten für Flüchtlinge an. Noch in diesem Sommer werden laut Czaja 2500 hinzu kommen. Darunter soll nach den Vorstellungen des Senators das frühere Rathaus Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz sein, wo mehr als 500 Menschen unterkommen sollen. Eine ähnliche Dimension ist in der früheren Lungenklinik Heckeshorn in Spandau geplant.
Um die Moabiter Erstaufnahmestelle zu entlasten, sollen in größeren Heimen mobile Teams des Lageso die Menschen registrieren. Die Räume an der Turmstraße werden erweitert, um die Lage zu verbessern.
>> Alle Artikel zu Flüchtlingen in Berlin <<