Studenten

Warum junge Menschen aus aller Welt nach Berlin kommen

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Sabine Flatau
Yen Nga Dang aus Vietnam ist 23 Jahre alt. Sie studiert Wirtschaftsmathematik. An Berlin mag sie vor allem das Wetter

Yen Nga Dang aus Vietnam ist 23 Jahre alt. Sie studiert Wirtschaftsmathematik. An Berlin mag sie vor allem das Wetter

Foto: Amin Akhtar

Berlin ist bei jungen Studenten aus dem Ausland ein begehrtes Ziel - wegen der Unis, der grünen Parks und des kulturellen Angebots.

Die Vielfalt ist es. Sie macht Berlin zum attraktiven Studienort für junge Menschen aus aller Welt, wie eine aktuelle Studie des Bundesbildungsministeriums belegt. Für Julian Obando aus Kolumbien ist der interkulturelle Austausch wichtig. „Die Möglichkeit, dass man viele Menschen aus verschiedenen Ländern treffen kann. Es ist eine Stadt für alle“, sagt er. Obando möchte vom kommenden Semester an einen Masterstudiengang für Musikwissenschaften beginnen. In dieser Woche ist er in Berlin, um die Formalitäten an der Humboldt-Universität zu erledigen.

Dorthin will auch die junge Engländerin Annalisa Martin. „Die Universität hat einen sehr guten Ruf“, meint sie. Im Herbst startet ihr Masterstudium in moderner europäischer Geschichte. Von Berlins großen Parks schwärmt Yen Nga Dang aus Vietnam, Studentin für Wirtschaftsmathematik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Oberschöneweide.

Obando, der junge Mann aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogota, schließt gerade das Bachelorstudium in Salzburg ab. Er war früher schon einmal in Berlin und will unbedingt wieder zurück in die deutsche Hauptstadt. „Diese Idee hatte ich immer im Kopf.“ Der 25-Jährige mag die Großstadt. Salzburg ist ihm auf die Dauer zu klein. „Vielleicht, wenn ich eine Arbeit als Musikwissenschaftler bekomme, würde ich auch länger in Berlin bleiben.“

Seine Fachrichtung ist die Ethnomusikwissenschaft. Er freut sich auf Konzerte in der Philharmonie, auf das quirlige Leben in Friedrichshain, etwa an der Warschauer Straße, an der Oberbaumbrücke und an der East Side Gallery. „Ich mag auch die Oranienburger Straße“, sagt er. „Schade, dass es das Tacheles nicht mehr gibt. Das hat mich sehr beeindruckt.“ Es gebe viele interessante Orte in der Stadt. „Auch der Nahverkehr funktioniert gut.“ Man könne sich gut informieren und alles schnell finden. „Das gefällt mir.“ Auch zum Sonntagsflohmarkt am Mauerpark in Prenzlauer Berg möchte Julian Obando gehen.

Gute Erfahrungen mit Berlinern

Über die Vielfalt der Freizeitbeschäftigungen denkt Yen Nga Dang derzeit nicht nach. Sie liest und lernt intensiv für ihr Studium. „Es ist anstrengend, aber macht auch viel Spaß“, sagt sie. Aber für das Fitnessstudio am Alexanderplatz nimmt sie sich regelmäßig Zeit. Die vielen Grünflächen in Berlin gefallen ihr, besonders der Große Tiergarten. Außerdem schwärmt sie für Waffeln aus einem Laden am Kottbusser Tor. „Die sind so lecker.“ Die junge Frau stammt aus Hanoi, der nordvietnamesischen Hauptstadt. Sie wohnt in einem Studentenheim am Ostbahnhof. Wenn es das Wetter erlaubt, fährt die 23-Jährige mit dem Fahrrad zur Hochschule. Ansonsten mit der S-Bahn.

Mit den Berlinern hat Yen Nga Dang bereits gute Erfahrungen gemacht. Manchmal, wenn sie neue Straßen oder Orte in der Stadt sucht, fragt sie jemanden nach dem Weg. „Die Leute sind freundlich.“ Ab 2011 hatte Yen Nga Dang einen zweijährigen Vorbereitungskursus für Ausländer an der Technischen Universität absolviert und 2013 das Studium in Oberschöneweide begonnen. Warum sie nach Berlin gekommen ist? „Es ist schön hier“, sagt sie. „Mitten im Herzen von Europa“, Deutschland sei ein Land mit Industrie und Technik, „auch das finde ich schön“.

Außerdem gefällt ihr das Wetter in Berlin. „Es ist nicht so heiß wie in Vietnam.“ Wenn, wie in diesen Tagen, die Temperaturen dennoch auf 35 Grad und mehr ansteigen, sitzt sie gern in den klimatisierten Bibliotheksräumen der Humboldt-Universität in Mitte. Ob sie nach dem Studium in Berlin bleiben wird, steht noch nicht fest. „Dann will ich erst mal eine Weltreise mit meinem Freund machen.“

Aus dem mittelenglischen Leicester stammt Annalisa Martin. Sie ist in einem Dorf aufgewachsen. Das Bachelorstudium hat sie in Oxford absolviert, im Juni die letzten Prüfungen abgeschlossen. In Berlin war sie bereits 2013, zu einem einjährigen Praktikum. Sie interessiert sich für die DDR-Geschichte. „Die Stadt finde ich super“, sagt die 23-Jährige. „Da passt alles. Man hat überall Abwechslung.“ Sie ist gern in Kreuzberg, auch einige Ecken in Wedding gefallen ihr besonders. „Ob ich langfristig in Berlin bleiben will, weiß ich noch nicht“, sagt sie. „Je nachdem, wie es mir in den nächsten zwei Jahren gefällt.“

Sie freut sich auf Konzerte und Theater, und darauf, „dass man jedes Wochenende etwas Anderes unternehmen kann.“ Die Stadt sei viel größer als das britische Oxford. Sie sei gerne hier, „aber vielleicht nicht mein ganzes Leben lang.“ In diesen Tagen jedoch sucht Annalisa Martin erst einmal eine Wohnung. „Das ist das Stressigste an Berlin.