Dass eine Schule grundlegende Hygienestandards einhalten muss, darüber sind sich alle einig. Was diese das Putzen allerdings kosten darf, dazu scheint es in Berlin sehr unterschiedliche Vorstellungen zu geben. Zwischen 4,4 Millionen und 2,1 Millionen Euro – also um mehr als 100 Prozent – schwanken die Ausgaben der Bezirke für diese Pflichtleistung. Das zeigt eine Auflistung, die die Senatsbildungsverwaltung im Zusammenhang mit der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage des CDU-Abgeordneten Danny Freimark im Landesparlament erstellt hat.
Eine Erklärung für diese Abweichungen ist weder auf Senats- noch auf Bezirksebene zu bekommen. Sie staune auch an anderer Stelle über beachtliche Unterschiede bei Abrechnungen, zum Beispiel für Sanierungsmaßnahmen, sagt die Sprecherin von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), Beate Stoffers. Am Aufkommen von Schülern und an der Zahl der Gebäude allein kann es jedenfalls nicht liegen, wie ein Blick in die Statistik zeigt. So veranschlagte der Spitzenreiter in der Ausgabenbilanz, der Bezirk Mitte, im Jahr 2013 besagte gut 4,4 Millionen Euro für die Hygiene an Schulen. Dort besuchen rund 25.450 Mädchen und Jungen zusammen 52 öffentliche Einrichtungen.
Vergleich pro Fläche schwierig
In Lichtenberg, wo es mit 47 öffentlichen Bildungseinrichtungen für rund 21.850 Kinder rein statistisch nur knapp zehn Prozent weniger Schulen und 14 Prozent weniger Schüler gibt, schlug der Putzdienst 2013 trotzdem lediglich mit 2,13 Millionen Euro zu Buche. Lichtenberg stellte von allen Bezirken am wenigsten für diesen Haushaltsposten bereit. Auch Treptow-Köpenick (2,25 Mio.) und Friedrichshain-Kreuzberg (2,4 Mio.) rangieren in Sachen Schulreinigung deutlich im unteren Feld. Mehr als vier Millionen Euro ließ sich 2013 neben Mitte nur noch Charlottenburg-Wilmersdorf die Sauberkeit in Klassenräumen und auf Toiletten kosten. Die übrigen Bezirke rangierten zwischen drei und vier Millionen Euro.
Vielleicht, so mag man einwenden, könnte eine genaue Gegenüberstellung der zu reinigenden Flächen mit den Geldflüssen helfen? „Kostenvergleiche wie die Kosten pro Quadratmeter sind nur auf den ersten Blick aussagekräftig“, wehrt die für Bildung und Facility Management in Mitte zuständige Stadträtin, Sabine Smentek (SPD), ab. Die Flächen seien auch nicht leicht zu eruieren, da zwischen Unterhalts-, Grund- und Glasreinigung unterschieden werden müsse. Andere Aspekte wie die Häufigkeit des Putzdienstes blieben bei schlichten Zahlenabgleichen ebenfalls unberücksichtigt. „Der Bezirk Mitte hat bei der Vergabe außerdem darauf geachtet, dass die Qualität halbwegs stimmt“, sagt Sabine Smentek und vermutet: „Auch hierin mögen Unterschiede zu anderen Bezirken liegen.“
In Neukölln immerhin machte eine genaue Angabe der Reinigungsfläche nicht so viel Schwierigkeiten. Auf 390.816 Quadratmeter summiert sich dort die schulische Nutzfläche einschließlich Flure und Treppen. Der in die Zuständigkeit von Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) fallende Bereich Facility Management muss mit 62 öffentlichen Schulen deutlich mehr Bildungseinrichtungen reinigen als die Kollegen in Mitte. 29.123 Jungen und Mädchen tragen in Neukölln täglich Straßenschmutz und Kaugummipapier in die Bildungseinrichtungen. Für die Schulreinigung veranschlagte der Bezirk 2013 knapp 3,76 Millionen Euro. Das waren fast 700.000 Euro weniger als noch ein Jahr zuvor (4,45 Mio.). Die Schulgebäude seien neu aufgemessen worden, heißt es aus der Neuköllner Verwaltung zur Begründung der Kostenminderung. Außerdem habe es neue Ausschreibungen gegeben. Allerdings sei der Leistungsumfang dabei „keinesfalls gesenkt worden“, versicherte die Leiterin des Fachbereichs Objektmanagement im Bezirksamt, Francoise Lancelle.
Wie groß der Aufwand bei der Schulreinigung sei, hänge neben der Spezifik der Nutzflächen auch vom Schultyp ab, gibt man im Rathaus an der Karl-Marx-Straße zu bedenken. So sei der Reinigungsbedarf in Ganztagsschulen größer. Wo der Hortbereich mit den Unterrichtsräumen verbunden sei, beeinflusse dies ebenfalls die Kosten, sagt Kerstin Beurich (SPD), Bildungsstadträtin in Lichtenberg. Auch der Schulbautyp spiele eine Rolle für den Finanzbedarf. Altbauten wiesen oft großzügigere Grundrisse auf als Schulen jüngeren Baujahres. „In Lichtenberg gibt es dazu die Festlegung, dass bestimmte Schulen innerhalb der Ausschreibung von den Firmen auf jeden Fall vorher angesehen werden müssen“, so Beurich.
Daneben lässt der vom Land Berlin 2009 formulierte „Musterhygieneplan für Schulen und andere Ausbildungseinrichtungen“ den Bezirken Entscheidungsspielraum, welche Reinigungsleistungen im Einzelnen von den beauftragten Firmen abverlangt werden. Lehrer, Schüler und deren Eltern schlagen in regelmäßigen Abständen Alarm, wenn sich der Reinlichkeitszustand einzelner Schulen mal wieder bedrohlich verschlechtert. Gerade mal ein Jahr ist es her, dass die Schule am Friedrichshain kurzzeitig von Schließung durch das Gesundheitsamt bedroht war, weil die Mängel beim Putzdienst unzumutbar geworden waren. Der zuständigen Firma, die auch an anderer Stelle bereits Beschwerden auf sich gezogen hatte, wurde gekündigt, die Schulschließung konnte so in letzter Sekunde abgewendet werden.
Keine Kontrolle durch das Land
Einen Überblick über die Aufwendungen für die Schulreinigung und ihre Hintergründe haben diejenigen, die als Lehrende oder Lernende tagtäglich mit den Folgen zu tun haben, aber nicht. In der Senatsverwaltung, wo diese berlinweite Draufsicht möglich wäre, sieht man für Nachforschungen angesichts derart stark variierender Ausgaben allerdings auch keinen Anlass. Gemäß Verfassung und Globalsummen-Prinzip liege die Verantwortung ausschließlich bei den Bezirken, heißt es im Ressort von Sandra Scheeres. „Mangels Zuständigkeit gibt es natürlich auch kein Personal für solch ein Finanzcontrolling“, sagt deren Sprecherin Beate Stoffers.