Der Volksentscheid gegen die Bebauung des Tempelhofer Felds ist laut vorläufigem Endergebnis erfolgreich. Der Senat will nun an anderen Stellen bauen.

Die geplante Randbebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof in Berlin ist vom Tisch. Beim Volksentscheid sprachen sich laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 64,3 Prozent gegen die Randbebauung aus, 35,8 Prozent lehnten den Gesetzentwurf der Bürgerinitiative ab. Für die Randbebauung stimmten 40,8 Prozent der Teilnehmer, dagegen waren 59,2 Prozent.

Die Zukunft des Geländes um den früheren Flughafen Tempelhof ist heiß umstritten. Der Berliner Senat hatte geplant, am Rand des Geländes Wohnungen zu bauen. Die Initiatoren des Volksentscheides wollten das Tempelhofer Feld, das für viele Berliner zum beliebten Freizeitgebiet geworden ist, dagegen erhalten und eine Teilbebauung verhindern.

Die Analyse des Abstimmungsergebnisses

Die Wähler mussten am Sonntag nun über zwei Gesetzentwürfe entscheiden: Der Entwurf des Abgeordnetenhauses sah eine Randbebauung vor, der der Initiative einen kompletten Erhalt des Tempelhofer Feldes.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will nun an anderen Orten Wohnungen bauen. „Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hat ein klares Ergebnis, das akzeptiert werden muss“, erklärte Wowereit am Sonntagabend. „Es ist bedauerlich, dass eine moderate Randbebauung im Interesse des Wohnungsbaus nun nicht möglich ist. Aber der Bürgerwille gilt und dieses Votum darf nicht in Frage gestellt werden. Alle anderen Planungen sind einzustellen.“ Der Senat werde nun an anderen Orten weiter versuchen, Wohnungen für alle Einkommensgruppen zu bauen.

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) sagte: „Die Berlinerinnen und Berliner haben sich entschieden. Das nehme ich mit Respekt zur Kenntnis. Dennoch bedaure ich die vergebene Chance, 4700 dringend in der Innenstadt benötigte städtische Wohnungen auch für kleine und mittlere Einkommen bauen zu können.“

Auch Berlins SPD-Chef Jan Stöß will weiter für Wohnungen kämpfen. Der Berliner Morgenpost sagte er: „Natürlich sind wir enttäuscht, dass die Bebauungsgegner sich gegen die Pläne des Abgeordnetenhauses durchsetzen konnten. Die direkte Demokratie in Berlin funktioniert. Ich gratuliere der Initiative, in der Sache bleiben wir aber klar: wir müssen weiter für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt kämpfen. Nicht mehr am Tempelhofer Feld, aber überall sonst in der Stadt.“

Stöß weiter: „Ich habe festgestellt dass es große Zweifel gibt an unseren Planungen. Da werden wir noch engagierter erklären müssen, warum wir sozialen Wohnungsbau durch unsere landeseigenen Unternehmen brauchen.“

Initiator Felix Herzog sagte: „Das ist ein deutliches Signal, dass jetzt vier, fünf Jahre Schluss sein muss mit der Diskussion.“ Die große Koalition in Berlin habe jetzt eigentlich keine Berechtigung mehr.

Das Special zum Tempelhofer Feld

Das Geschrei, der Jubel ist ohrenbetäubend. Im Café Südblock in Kreuzberg feiern 300 bis 400 Fans des Tempelhofer Feldes unmittelbar mit den ersten Ergebnissen der Landeswahlleiterin ihren "Sieg". Es gibt Tränen, es gibt Applaus.

Als erster erklimmt Aktivist Joachim Kiau die Bühne und sagt: „Dankeschön an die Berliner Wähler, die uns das Vertrauen geschenkt haben. Wir wollen ganz bescheiden und den Wählern treu bleiben - und keinen Deut abweichen.“ Seine Stimme geht fast unter im Lärm und Jubel. Immer wieder brandet Applaus auf. Dann: Ein Chor formiert sich, tönt "Schneidewind, Schneidewind".

Michael Schneidewind von der Bürgerinitiative 100 Prozent Tempelhofer Feld und Vereinsvorstand klettert ebenfalls auf die Bühne. Sein Fazit: "Das Feld hat Hunderttausende Fans - die Stadtentwicklung muss in Zukunft anders funktionieren: Sie braucht mehr Bürgerbeteiligung. Statt Neubauten ist Bestandspolitik jetzt das Thema. Großprojekte dürfen nicht angegangen werden, bevor der Bürger nicht weiß, was für ein Preisschild da unten hängt."

Vor der Bühne ploppen die Sektkorken. Diego Cardenas, ebenfalls vom Vorstand des Vereins 100Prozent thf, spricht auch sein Dankeschön aus und zwar "an alle, die sich engagiert haben und nicht wählen durften: die Ausländer, die Kinder und die Jugendlichen. Die haben Material verteilt, Zeitungen, Flyer. Ihr Engagement hat den Sieg gebracht." Er fährt fort: „Erstmal müssen wir uns an die Zahlen gewönnen, das Ergebnis haben wir erwartet - aber es ist doch überraschend hoch. Es ist also ein Votum für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung.“

Oder, wie die 30-jährige Lena Schulte es kurz zusammenfasst: "Es ist Wahnsinn, Berlin selbst entscheidet über diese Stadt.“

Zudem wurde am Sonntag über die Zusammensetzung des Europaparlaments entschieden.

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