Immobilienmarkt

Berliner Wohnungen werden immer teurer

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Jens Anker

Foto: Paul Zinken / dpa

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Mieten erneut um 11 Prozent gestiegen. Das liegt vor allem an dem Zuzug von wohlhabenden Neu-Berlinern. Besonders beliebt sind Mitte und Neukölln.

Der Senat will erst im kommenden Jahr einen Fonds zur Förderung des Wohnungsneubaus einrichten. „Wir ackern zurzeit, um ab 2014 so ein Programm auf den Weg zu kriegen“, sagte der Staatssekretär für Stadtentwicklung, Ephraim Gothe, bei der Vorstellung des Wohnungsmarktberichtes der Investitionsbank Berlin (IBB). Während Städte wie München und Hamburg den Wohnungsneubau mit 160 und 100 Millionen Euro jährlich fördern, ist das in Berlin bislang nicht der Fall.

Die Wohnungsbauförderung ist Teil der derzeit beginnenden Haushaltsgespräche. „Wir haben das auf der Tagesordnung, über konkrete Summen wurde noch nicht verhandelt“, sagte ein Sprecher des Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) am Donnerstag. Nach Angaben der Wohnungswirtschaft sind jährlich mindestens 100 Millionen Euro nötig, um preisgünstige Wohnungen zu bauen, die den Mietmarkt wirksam entlasten. Derzeit wirbt Bausenator Michael Müller (SPD) bei den Haushältern für die Einrichtung eines entsprechenden Fonds.

Die Stadtentwicklungsverwaltung ist zuversichtlich, in den kommenden Wochen eine Einigung zu erzielen. „Das Thema gewinnt an Bedeutung, es ist zum Glück auf Platz eins der politischen Agenda angekommen“, sagte Gothe. Die Wohnungsbaugesellschaften hätten bereits in den vergangenen Jahren 11.000 Wohnungen gekauft, auch mit den Genossenschaften sei die Verwaltung im Gespräch, den Neubau von Wohnungen zu fördern.

Wo die meisten Wohnungen in Berlin verkauft werden (PDF)

Entwicklung der Mieten in der Hauptstadt (PDF)

Zuzug verschärft Wohnungsnot

Der IBB-Bericht kommt zu dem Schluss, dass sich die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt weiter verschärft, und bestätigt damit Untersuchungen anderer Unternehmen, wie zuletzt der Wohnungsbaugesellschaft GSW. Im Vergleich zum Vorjahr sind die sogenannten Angebotsmieten – die Mieten der auf dem Markt angebotenen Wohnungen – erneut um elf Prozent gestiegen. Durchschnittlich verlangen die Vermieter berlinweit derzeit 7,40 Euro je Quadratmeter, im dritten Quartal des vergangenen Jahres sollen es bereits 7,58 Euro gewesen sein. Die IBB macht dafür vor allem den Zuzug der vielen, meist gut verdienenden Neu-Berliner verantwortlich. Allein in den vergangenen drei Jahren sind 100.000 Menschen nach Berlin gezogen.

Am begehrtesten sind die Bezirke Mitte und Neukölln. Beide Bezirke wuchsen im vergangenen Jahr um jeweils 5400 Menschen. Dahinter folgen Pankow (3600) und Charlottenburg-Wilmersdorf (3500). Den geringsten Zuzug verzeichnete Tempelhof-Schöneberg (1000). Aus dem Ausland zogen am meisten Polen (3500) nach Berlin, gefolgt von Bulgaren (2800) und Spaniern (2000). Nach Angaben von Daniel Hofmann vom Gewos-Institut für Stadt- und Wohnforschung, das die Untersuchung im Auftrag der IBB vorgenommen hat, erlebt Berlin derzeit die stärkste Wachstumsphase, nach 2015 wird der Zuzug demnach wieder abnehmen.

Insgesamt werden bis 2030 laut Bevölkerungsprognose weitere 250.000 Neu-Berliner in der Stadt erwartet. „Der Nachfragedruck ist inzwischen in der ganzen Stadt angekommen“, sagte der Generalbevollmächtigte der IBB, Matthias von Bismark-Osten. „Der stärkste Druck liegt auf den zentralen Stadtgebieten.“

Bei Eigentumswohnungen ist der Trend noch stärker. Hier sind die Preise innerhalb eines Jahres sogar um 20 Prozent gestiegen. Derzeit beträgt der durchschnittliche Preis für eine Eigentumswohnung 2200 Euro je Quadratmeter, vor fünf Jahren waren es noch durchschnittlich 1500 Euro.

Jährlich müssten bis zu 12.000 Neubauten entstehen

Der Verschärfung auf dem Wohnungsmarkt hinkt der Neubau hinterher. Nach Angaben Gothes wurden im vergangenen Jahr 3500 neue Wohnungen in Berlin fertiggestellt, nötig sind aber jährlich 10.000 bis 12.000 Neubauten. Allerdings sei eine Trendwende erreicht. Vor zwei Jahren wurden 5600 Baugenehmigungen erteilt, im vergangenen Jahr waren es 8900.

„Im Unterschied zu anderen Städten haben wir noch viele Flächen für den Wohnungsneubau, ohne die Existenz der Kleingärten infrage zu stellen“, sagte Gothe. Bestehende Grünanlagen, wie der größte Teil des Tempelhofer Feldes, der Mauerpark und der Park am Gleisdreieck, könnten daher erhalten bleiben. Mit dem Gelände des Flughafens Tegel, der nach der Eröffnung des neuen Großflughafens BER in Schönefeld geschlossen wird, verfüge das Land über weitere Flächen, die für den Wohnungsbau genutzt werden könnten.

Der anhaltende Druck auf dem Mietenmarkt führt unterdessen zu einer weiteren Trendumkehr. In den vergangenen Jahrzehnten stieg die Zahl der Quadratmeter je Person auf mehr als 25 Quadratmeter an. In den begehrten Wohnquartieren der Innenstadt und des Südwestens sinkt sie dagegen inzwischen. Verfügte eine Person in Steglitz-Zehlendorf vor sechs Jahren noch über 33 Quadratmeter Wohnraum, sind es derzeit noch 30. Gleiches gilt für Charlottenburg-Wilmersdorf (33/31 Quadratmeter), Pankow (30/29) und Friedrichshain-Kreuzberg (27/26). In Spandau und Lichtenberg ist die Wohnungsgröße gleich geblieben, nur in Reinickendorf ist sie gestiegen.

Gleichzeitig geben die Berliner immer mehr Geld ihres Einkommens für die eigene Mietwohnung aus, die Ausgaben liegen bei Singles höher als bei Familien. Während Ein-Personen-Haushalte ein Viertel ihres Einkommens allein für die Nettokaltmiete ausgeben, ist es bei Mehr-Personen-Haushalten ein Fünftel. Nicht berücksichtigt sind dabei die Nebenkosten, die noch dazukommen.

Kritik von Verbänden

Der Berliner Mieterverein kritisierte, dass der Senat nur unzureichend auf die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt reagiert. „Trotz dieser weiterhin alarmierenden Nachrichten vom Wohnungsmarkt ist Abhilfe nicht in Sicht“, sagte der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. „Beim und mit dem Senat wird viel geredet, aber etwas Handfestes ist dabei bislang nicht herausgekommen.“ Besonders ärgerlich sei, dass der Senat noch nicht entschieden habe, ob die Kappung möglicher Mieterhöhungen von 20 auf 15 Prozent in der gesamten Stadt gelten solle oder nur in den begehrten Stadtteilen.

Auch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) kritisiert die bisherige Untätigkeit des Senats. „Besonders wichtig sind hierbei die schnellere Schaffung von Baurecht, beispielsweise auf dem Tempelhofer Feld, die bessere personelle Ausstattung der Bauämter, das Nachdenken über den Neubau urbaner großer Siedlungen, die Weiterentwicklung von Belegungsbindungen und die Konzeption einer leistungsfähigen Neubauförderung“, sagte BBU-Vorstand Maren Kern. Allerdings seien die von der IBB vorgelegten Zahlen zu relativieren, weil nur im Internet angebotene Wohnungen in die Studie einflossen. Dabei handele es sich aber meist um teure, große Wohnungen, die schwerer zu vermieten seien.