Beim Blick aufs Weihnachtsgeld in diesem Jahr lässt sich nicht erahnen, dass Deutschland gerade in einer Wirtschaftskrise steckt. Für viele Berliner bedeutet das eine gute Nachricht zum Weihnachtsfest: Die meisten der 50 größten Arbeitgeber in der Hauptstadt zahlen nach wie vor Weihnachtsgeld an ihre insgesamt knapp 216.000 Mitarbeiter.
30 der 50 großen Berliner Arbeitgeber haben ihre Regelungen zum Weihnachtsgeld in diesem Jahr nicht verändert, zahlen also prozentual genau so viel wie im vergangenen Jahr, hat eine Umfrage von Morgenpost Online ergeben. Nur ein Unternehmen zahlt weniger, bei zwei Firmen gibt es sogar prozentual etwas mehr Geld als zu Weihnachten 2008. Vier Unternehmen zahlen gar kein Extra-Geld zu Weihnachten. Sechs Unternehmen konnten oder wollten gar keine Angaben zu Weihnachtsgeldzahlungen machen – häufig, weil sich unter ihrem Dach viele unterschiedliche Regelungen verschiedener Berufsgruppen vereinen und deshalb keine einheitliche Aussage möglich ist.
Bei 13 Unternehmen – allen voran den Banken – gibt es ein klassisches „13. Monatsgehalt“ als Sonderleistung für die Beschäftigten. Ansonsten sind die Regelungen zum Weihnachtsgeld so unterschiedlich wie die Firmen selbst. Manche zahlen geringere Prozentsätze vom Monatsgehalt, teilweise nur 20 Prozent, wie etwa bei Securitas. Andere belohnen ihre Mitarbeiter mit einer einheitlichen Sonderzahlung, so bekommen die Angestellten der Berliner Verkehrsbetrieb BVG 1000 Euro.
Häufig finden sich individuelle Regelungen, so dass innerhalb eines Unternehmens die Höhe des Weihnachtsgeldes etwa von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt, wie zum Beispiel bei BMW. Branchentarifverträge wie der Kirchentarif beim Evangelischen Johannisstift sehen eine Kombination aus 50 Prozent eines Monatsgehalts zu Weihnachten und einer erfolgsabhängigen Sonderzahlung im Folgejahr vor.
Die gleichbleibenden, meist an die Höhe des Monatsgehalts gekoppelten Regelungen bedeuten wegen höherer Tarifabschlüsse in diesem Jahr für viele Arbeitnehmer sogar ein Plus an Geld. Je nach Tarifbereich bekommen die Beschäftigten zwischen 1,5 und 7,3 Prozent mehr, hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung errechnet. Das WSI wertete Tarifverträge aus 23 Branchen aus.
„Die Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben profitieren von den Tarifabschlüssen in der Tarifrunde 2009“, sagt der Chef des WSI-Tarifarchivs, Reinhard Bispinck. Auf breiter Front könne man darum an den Weihnachtsgeldzahlungen nicht ablesen, dass viele Unternehmen in einer Wirtschaftskrise steckten. „Die beste Garantie dafür, Weihnachtsgeld zu bekommen, ist ein Tarifvertrag“, sagt Bispinck. Laut einer WSI-Umfrage geben 71 Prozent der Beschäftigten mit einem solchen Vertrag an, Sonderzahlungen zu Weihnachten zu erhalten, während nur 45 Prozent der Beschäftigten ohne Tarifvertrag sagten, sie bekämen Weihnachtsgeld.
Auffällig ist bei der Weihnachtsgeld-Umfrage von Morgenpost Online auch, dass vier von fünf Unternehmen der Branche Gebäudemanagement keine genauen Angaben gemacht haben. „Für Gebäudereiniger besteht kein tariflicher Rechtsanspruch auf Weihnachtsgeld“, interpretiert Bispinck dieses Phänomen. „Es liegt am Betrieb, ob sie etwas zahlen oder nicht.“ In der Regel erhalten Beschäftigte im Gebäudereinigerhandwerk laut WSI-Tarifarchiv gar kein Weihnachtsgeld. „Das wollen die Unternehmen natürlich nicht so gern offen legen“, vermutet Bispinck.
Weihnachtsfeiern gibt es dagegen in praktisch jedem Berliner Unternehmen, an dieser Tradition wird auch in der Krise nicht gerüttelt. Manche Firmen denken sich sogar zusätzliche Annehmlichkeiten für ihre Mitarbeiter aus. Bei der BVG wird für alle, die nicht hinterm Steuer einer U-Bahn sitzen müssen, Glühwein unter freiem Himmel ausgeschenkt. Die Allianz packt für die Kinder der Mitarbeiter sogar kleine Weihnachtspäckchen.