Prozess

Angeklagte gestehen Nazipropaganda-Verbreitung

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Zwei Männer und eine Frau haben in Berlin vor dem Landgericht gestanden, rechtsextreme Propaganda-Veranstaltungen organisiert zu haben. Überraschend schnell ging daraufhin der Prozess zu Ende. Zwei der Angeklagten wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Wegen Volksverhetzung sind zwei frühere Funktionäre der inzwischen verbotenen rechtsextremen Organisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) am Dienstag in Berlin zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ein 26-jähriger bekam vom Landgericht 17 Monate Haft auf Bewährung. Der aus Berlin stammende, in Rostock lebende Neonazi hatte bei einer sogenannten Rasseschulung 2007 in Niedersachsen einen antisemitischen Vortrag gehalten und gegen Ausländer gehetzt. Gegen einen mitangeklagten NPD-Funktionär aus Niedersachsen wurde eine Bewährungsstrafe von einem Jahr verhängt. Eine Frau bekam eine Geldstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte höhere Strafen für alle drei gefordert.

Den zwei Männern und der Frau war vorgeworfen worden, für die seit 2009 verbotene rechtsextreme „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) Veranstaltungen organisiert zu haben. Die beiden Mitangeklagten stammen aus Vechta in Niedersachsen. Der Hauptangeklagte lebte damals in Berlin, heute in Rostock. Sie gestanden die Vorwürfe weitgehend. „Ich war in meiner Sturm- und Drangzeit und unfassbar naiv“, sagte der 26 Jahre alte Hauptangeklagte Ragnar D. bei Prozessbeginn am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft äußerte Zweifel an einer veränderten Einstellung und forderte zwei Jahre Haft mit Bewährung für den heutigen Biologen. Daniela K. aus Vechta sollte nach dem Willen der Anklägerin sechs Monate Haft mit Bewährung bekommen, der dritte Angeklagte, Christian F., 15 Monate Haft auf Bewährung

Der ehemalige HDJ-Funktionär und damalige Biologiestudent D. hatte laut Anklage im Januar 2007 in einem NPD-Heim in Georgsmarienhütte (Kreis Osnabrück) eine sogenannte Rasseschulung abgehalten haben, bei der verschiedene Volksgruppen verunglimpft worden sein sollen. Laut Anklage wurde dabei ein antisemitischer Film aus der Nazi-Zeit gezeigt. Gegen eine Gebühr von acht Euro „informierte“ D. seine etwa 40 Zuhörer, darunter mehrere Jugendliche, über menschliche Rasseunterschiede und warnte eindringlich vor den Gefahren einer „Durchmischung“ der Rassen. Das Wortprotokoll des Vortrags und eine Kopie des filmischen Machwerks wurden später in der Wohnung des Berliners gefunden.

Dem Angeklagten Christian F. (27), einem 27 Jahre alten Kraftfahrer, war vorgeworfen worden, die Veranstaltung organisiert zu haben. Die 24 Jahre alte Mitbeschuldigte Daniela K. sollte Eintritt kassiert haben. Der Vorwurf gegen den Hauptangeklagten lautete außerdem, im Mai 2006 in Mecklenburg-Vorpommern eine Veranstaltung organisiert zu haben, an der mehrere Kinder teilnahmen. Es sollen Masken mit Hakenkreuzen gebastelt worden sein. Laut Anklage trugen der Angeklagte und die Kinder bei einem Fackelzug uniformähnliche Kleidung. Damit seien rechtsextreme Ideologien zur Schau gestellt worden.

Der Verein HDJ, für den die drei Angeklagten aktiv waren, galt bei Staats- und Verfassungsschützern bis zu seinem Verbot durch den Bundesinnenminister im März 2009 als besonders radikal. Die Initiatoren der auch in Berlin und Brandenburg überaus aktiven Truppe sahen ihre Organisation selbst in der Tradition der Hitlerjugend. Mehrere Veranstaltungen der HDJ in der Art der „Pimpfenlager“ sind in der Vergangenheit von der Polizei aufgelöst worden, dabei stießen die Beamten jedes Mal auf umfangreiches Beweismaterial.

Zu den Aktivisten des Vereins gehörte bis zum Schluss auch der ehemalige Berliner NPD-Landesvorsitzende Jörg Hähnel. Der 34-Jährige befand sich am 1. Mai unter den knapp 300 Neonazis, die am Kurfürstendamm von der Polizei festgenommen wurden. Hähnel war zuletzt durch das Verschicken „amtlicher“ Heimreiseaufforderungen an Politiker mit Migrationshintergrund aufgefallen.

( dpa/hnn/sh )