Künftig werden in Berlin und Brandenburg auch die Regionalbahnen mit Kameras überwacht. Damit nimmt der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Das Videomaterial wird außerdem 48 Stunden lang gespeichert, in Berlin sind eigentlich nicht mehr als 24 Stunden erlaubt.

In Berlin und Brandenburg sollen künftig nicht nur Busse und Straßenbahnen, sondern auch die Züge im Regionalverkehr mit Videotechnik überwacht werden. Das sieht zumindest die Ausschreibung des Netzes Stadtbahn durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) vor. Bisher kommen Überwachungskameras zumeist nur in Regionalzügen zum Einsatz, in denen keine Zugbegleiter mehr mitfahren.

Mit der aktuellen Ausschreibung sucht der VBB neue Betreiber für mehr als die Hälfte aller Regionalverkehrsverbindungen, darunter für die umsatzstärksten Linien RE 1 und RE 2. Allein mit dem RE 1 (Magdeburg–Berlin–Eisenhüttenstadt) fahren täglich rund 34.000 Menschen.

Der VBB fordert, dass alle der künftig auf den 16 ausgeschriebenen Linien eingesetzten Fahrzeuge mit Überwachungskameras ausgerüstet sind. Zudem soll das Datenmaterial 48 Stunden lang gespeichert werden können. „Wir wissen, dass das ein Novum ist“, sagte eine Sprecherin des Verkehrsverbundes.

Der Ausschreibungspassus gehe aber auf eine Forderung der Aufgabenträger zurück, also der vier Bundesländer (neben Berlin und Brandenburg auch Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern), die die Nahverkehrsleistungen bestellen und bezahlen. Ziel sei es, mit Videoüberwachung das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste in den Regionalverkehrszügen zu verbessern.

Für den Vorsitzenden des Berliner Fahrgastverbandes Igeb, Christfried Tschepe, ist dies ein fragwürdiges Vorgehen. „Für uns ist die Videoüberwachung auch in Sachen Sicherheit immer nur zweitbeste Lösung. Besser und fahrgastfreundlicher ist der Einsatz von kompetentem Personal in den Zügen“, so Tschepe.


Fahrgastvertreter fordern mehr Personal

Da die aktuelle VBB-Ausschreibung auch vorschreibe, dass auf 100 Prozent aller Regionalexpresslinien und bei mindestens 60 Prozent Regionalbahn-Verbindungen Zugbegleiter einzusetzen sind, sei „die zusätzliche Sicherung durch Videoüberwachung nicht zu rechtfertigen“. Das für Einbau und Einsatz der Videotechnik erforderliche Geld sollte besser für mehr Zugbegleiter eingesetzt werden. Die Erfahrung zeige, dass überall dort, wo Bahn-Mitarbeiter im Einsatz seien, es weniger Probleme mit Vandalismus und Gewalt gebe.

Laut dem Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix hat der Verkehrsverbund den Ausschreibungstext nicht mit ihm abgestimmt. „Das muss er auch nicht, es wäre aber wünschenswert gewesen“, so dessen Sprecherin Anja-Maria Gardain. Für eine weitere Prüfung will Dix nun die Ausschreibungsunterlagen beim VBB anfordern.

Die Installation von Videokameras und die Aufzeichnung des Geschehens sind wegen Gewalt- und Vandalismusvorfällen vor allem in städtischen Verkehrsmitteln auf dem Vormarsch. So werden etwa bei der BVG inzwischen alle 170 U-Bahnhöfe, ein Viertel aller Straßenbahnwagen, 31 Prozent aller U-Bahnzüge und 57 Prozent aller Busse mit Kameras überwacht.

Gespeichert wird das Videomaterial derzeit 24 Stunden lang, mehr lässt das Berliner Datenschutzgesetz nicht zu. Bei der S-Bahn wird zwar ein Großteil der Bahnhöfe, nicht jedoch die Züge selbst mit Videotechnik beobachtet. Im Laufe des Jahres soll zwar ein Zug mit entsprechend ausgestattet werden, eine Grundsatzentscheidung über die Umrüstung aller 630 Zugeinheiten ist allerdings noch nicht gefallen.

Im Regionalverkehr ist dagegen der Einsatz der Videoüberwachung bundesweit bislang die Ausnahme. In der Region Berlin-Brandenburg verfügen nach Angaben der Deutschen Bahn lediglich die 24 Dieseltriebwagen, die ohne Zugbegleiter auf den Linien RE 6 (Wittenberge–Berlin-Spandau), RB 12 (Templin–Berlin-Lichtenberg), RB 22 (Potsdam–Berlin-Schönefeld) und RB 55 (Hennigsdorf-Kremmen) eingesetzt werden, über Kameras. Die Niederbarnimer Eisenbahn vom privaten Bahn-Konkurrent Veolia Verkehr setzt Überwachungskameras nur in Zügen der Oderlandbahn zwischen Berlin-Lichtenberg und Kostrzyn ein

„Aus unsere Sicht gibt es für Videoüberwachung keine Notwendigkeit, da es gravierende Vandalismus- und Gewaltvorfälle in Regionalzügen kaum gibt“, so ein Bahn-Sprecher. Im Ergebnis der Ausschreibung müssten die derzeit auf den Regionalexpress-Linien eingesetzten Doppelstockwagen entweder aufwendig nachgerüstet werden oder durch andere Waggons komplett ersetzt werden. „Beides wird erheblich Geld kosten.“