Freie Universität

Prominenter Forscher gibt Berlin einen Korb

| Lesedauer: 3 Minuten

Foto: Privat

Der Wissenschaftsstandort Berlin hat eine herbe Niederlage erlitten. Der prominente Genforscher Thomas Tuschl von der amerikanischen Rockefeller University hat den Ruf an die Freie Universität abgelehnt. Auch eine weitere Professur schlug der 42-Jährige aus.

Der Ausbau der Forschungslandschaft Berlin hat einen herben Rückschlag erlitten. Der prominente Genforscher Thomas Tuschl von der amerikanischen Rockefeller University hat den Ruf an die Freie Universität ausgeschlagen. Das bestätigte der RNA-Spezialist Morgenpost Online per Mail aus New York.

Gleichzeitig lehnte der Nobelpreiskandidat als erster von bisher neun berufenen Wissenschaftlern die neu eingerichtete Alexander-von-Humboldt-Professur ab, mit der die Bundesregierung über eine Stiftung Spitzenforscher an deutsche Hochschulen locken will. Die Preise sind mit fünf Millionen Euro für fünf Jahre dotiert.

Insgesamt habe es sich um ein in der deutschen Wissenschaftslandschaft „einmalig umfangreiches Angebot“ gehandelt, hieß es in Universitätskreisen. Die FU selbst hat die fünf Millionen noch deutlich mit Geld für weitere Mitarbeiter aufgestockt.

Tuschl sollte am Institut für Chemie und Biochemie den Lehrstuhl des langjährigen Direktors Professor Volker Erdmann übernehmen, der Ende März in den Ruhestand geht. Tuschls Absage kommt überraschend, weil der 42-Jährige Franke seit zwei Jahren auf der Berliner Bühne aktiv ist. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPDD) holte den weltweit angesehenen Forscher 2007 in sein Beratergremium Berlin Board, das die Kampagne Be Berlin begleitet und neue Strategien für die Stadt erarbeiten soll. Ihn fasziniere, wie Berlin wieder Mut zur selbstbewussten Eigenständigkeit zeige und damit an die Tradition der Medizin und der Naturwissenschaften Anfang des letzten Jahrhunderts anknüpfe, sagte Tuschl seinerzeit: „So wie damals bieten auch heute wieder der Schwung und die Impulse des Berliner Lebens die entscheidende Inspiration, das Unvorhersehbare zu entdecken." Zudem erschien ihm New York nicht als geeigneter Ort, um Kinder großzuziehen.

Für die Bemühungen, aus den Ergebnissen der an der FU betriebenen RNA-Forschung wirtschaftlich nutzbare Anwendungen zu entwickeln und die Berliner Biotechnik-Wirtschaft zu stärken, bedeutet die Absage Tuschls einen Rückschlag. Erdmann hat ein internationales Netzwerk aus Forschern und kleinen Firmen gesponnen, das der prominente Deutschland-Rückkehrer hätte ausbauen sollen. Es geht um eine vielversprechende Richtung der Molekularbiologie. Mittels der sogenannten RNS-Interferenz können Gene gezielt abgeschaltet und in Zukunft viele Krankheiten behandelt werden.

Über die Gründe seiner Absage wollte Tuschl nichts sagen. Aus der FU hieß es, die Rockefeller University hätte wohl ein noch besseres Angebot unterbreitet. Tuschl sei auch mit der zeitlichen Befristung der Humboldt-Professur nicht glücklich.

Tuschls Absage ist aber bisher ein Einzelfall. Heute wird die Humboldt-Stiftung vier weitere Forscher bekannt geben, die nach Deutschland kommen. Darunter ist der Altphilologe Philippus van der Eijk von der Universität Newcastle, der an die Humboldt Universität wechseln wird. Vor einigen Wochen haben aus den USA der Physiker Piet Wibertus Brouwer und der Informatiker Oliver Brock ihre Rufe an die FU und die TU angenommen.