Nach mehr als drei Wochen war es am Montag endlich soweit: Um 12:11, 12.:12 und 12:15 Uhr hoben die endgültig letzten Flugzeuge vom inzwischen geschlossenen Flughafen Tempelhof ab. Den zahlreichen Fotografen, Journalisten und Schaulustigen bot sich ein fast schon malerisches Bild, als die zwei historischen Doppeldecker des Typs Antonow II, der eine rot, der andere grün, ihre Motoren starteten und in Richtung Startbahn rollten. Pilot Rainer Pfau in der grünen Antonow II ging als erster an den Start, gefolgt von Henning Lueg im roten Doppeldecker.
Beide drehten nacheinander noch eine letzte Abschiedsrunde über Tempelhof, um dann Richtung Osten, der eine nach Strausberg, der andere nach Finow abzudrehen. Der allerletzte Flieger folgte direkt danach.
Am Steuer der Sportmaschine des Typs Beechcraft Bonanza saß eine Pilotin: Viola Holtzmann (44) hob zusammen mit ihrem Mann Detlef Bosin, ebenfalls Pilot, in ihrer Maschine und Punkt 12:15 Uhr in Tempelhof ab. Ihr Ziel war Schönhagen.
Alle drei Flugzeuge hatten am Tag der Schließung des Flughafens, am 30. Oktober, wegen schlechten Wetters nicht mehr starten können und mussten daraufhin eine Außenstartgenehmigung bei der Luftfahrtbehörde beantragen. Zunächst hatten sich die Flughafengesellschaft und auch der Senat quergestellt. Zunächst hatte die Flughafengesellschaft in der Weigerung der Piloten, bei tiefhängenden Wolken zu starten, eine „Provokation“ gesehen und gedroht, die Maschinen müssten per Tieflader weggeschafft werden.
Allerdings hatte es zuvor der Zustimmung von Land und Bund bedurft, die beide Eigentümer des Komplexes sind. Doch schließlich erteilten sie die Sondererlaubnis. Und es gab eine Auflage: die Piloten mussten sich auf einen gemeinsamen Termin einigen.
Schaulustige applaudieren
Bereits um zehn Uhr am Morgen hatte der öffentliche Countdown zum Abflug der drei Flugzeuge begonnen. Noch am Vorabend hatte der Wetterbericht schlechte Flugbedingungen vorhergesagt, sodass ein erneutes Verschieben des Abflugs in Erwägung gezogen worden war. Doch die Bedingungen waren wider Erwarten gut und wurden immer besser. Sogar die Sonne ließ sich blicken und tauchte den Flughafen Tempelhof in freundliches Licht.
Fotografen, Journalisten und Tempelhof-Freunde hatten sich um 10 Uhr in der Flugschule „Berlin Aviators“ eingefunden. Dort bot sich ein idealer Blick aufs Vorfeld und die parkenden drei Maschinen.
Für Ärger hatte nach Angaben von Flugschul-Eigentümer Thomas Schüttoff zuvor ein Anruf der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) gesorgt. Die BIM habe als Vertreterin der Flughafeneigner Land Berlin und Bund das Fotografieren sowie den Aufenthalt von Journalisten in der Flugschule untersagt, sagte Schüttoff.
Bei der BIM hieß es am Montag dagegen, dass nur der Zugang auf das Vorfeld des Flughafens verboten worden war. Alles andere sei Mietersache gewesen. Um 11:45 Uhr war es soweit. Pilot Henning Lueg warf den Motor seines roten Doppeldeckers an, und nach einigen Fehlzündungen und dicken Abgasschwaden lief das Triebwerk rund.
Die grüne Antonow II hatte etwas mehr Schwierigkeiten, doch nach einigen Minuten lief auch hier alles reibungslos. Um 5 Minuten vor 12 Uhr drehte sich dann auch der Propeller der Beechcraft, und alle drei Maschinen setzten sich unter dem Applaus der Schaulustigen in Bewegung.
Die Abflugveranstaltung war natürlich auch ein Bekenntnis für den Flughafen Tempelhof. Auf die Frage, was es ihr bedeute, als letzte den Flughafen zu verlassen, sagte Viola Holtzmann: „Es würde mir etwas bedeuten, wenn es nicht der letzte Flug wäre. Ich hoffe, dass der Groschen beim Senat noch fällt und er den Flughafen wieder öffnet. Dann wären wir gern die ersten. Das würde mir wirklich etwas bedeuten.“
Tempelhof war nach 85 Jahren geschlossen worden, weil Berlin seinen Flugverkehr auf dem künftigen Hauptstadtflughafen BBI im brandenburgischen Schönefeld konzentrieren will. Die Schließung war und ist auch heute noch in der Stadt heftig umstritten.