Der Kochboxen-Lieferant HelloFresh, die Hoffnung des Investors und Unternehmensentwicklers Rocket Internet für einen Börsengang, ist im vergangenen Jahr stark gewachsen und hat seine Verluste gesenkt. Das Berliner Unternehmen erwirtschaftet inzwischen die Hälfte seines Umsatzes in den USA, wie der Gründer und Geschäftsführer Dominik Richter am Donnerstag sagte.
HelloFresh bietet Kochboxen an, die frische Zutaten für warme Mahlzeiten sowie einen illustrierten Rezeptbogen enthalten. 90 Millionen solcher Mahlzeiten wurden im vergangenen Jahr verkauft. Kunden können in den neun nationalen Märkten zwischen verschiedenen Box-Kombinationen wählen. Pro Woche werden acht Gerichte angeboten, die sich in höchstens 30 Minuten zubereiten lassen. Aktuell sind das etwa „Mediterrane Spargelpasta“ oder „Schweinefilets mit Bacon-Salbei-Topping“. Drei Gerichte für jeweils zwei Personen kosten regulär 42,99 Euro.
Rezeptzutaten aus dem Logistikzentrum
Die Pakete für den deutschen Markt werden in einem Logistikzentrum bei Hannover zusammengestellt und von Kurierdiensten ausgeliefert. Nach Richters Worten haben die Bestellungen einen Vorlauf von drei bis sechs Tagen. 12 bis 24 Stunden nach der Verpackung seien sie beim Kunden, wobei die Kühlakkus für bis zu 42 Stunden reichen. So können auch Fisch, Fleisch, Gemüse und Obst sicher transportiert werden.
HelloFresh sieht sich als Alternative zu Lieferdiensten und als Angebot für Kunden, denen Rezeptsuche, Einkauf im Supermarkt, Kochen und Resteverwertung zu umständlich sind. Hauptzielgruppe sind junge (48 Prozent unter 35 Jahre), kinderlose Paare (70 Prozent), wie eine Unternehmensstatistik zeigt.
HelloFresh will Supermarkt-Preise unterbieten
HelloFresh nimmt für sich in Anspruch, günstiger als Supermärkte zu sein. Interne Analysen nennen eine Differenz von 37 bis 54 Prozent. Richter erklärt das damit, dass der Kochboxen-Lieferant fast ausschließlich Eigenmarken verwendet, die direkt vom Hersteller bezogen und genau portioniert werden. Gleiches gilt für frische Zutaten. Ferner sind die Lagerkosten niedrig, weil die Rezeptzutaten sofort verteilt werden und ihre Zahl überschaubar ist.
Seit der Gründung vor fünf Jahren hat das Unternehmen das Angebot vielfältiger gemacht: Es gibt Obstboxen, Frühstück und neuerdings auch Haushaltswaren wie Messer, Kochlöffel und Pfeffermühlen – in den USA auch Wein- sowie Premiumboxen für besondere Essen.
Millioneninvestment in Infrastruktur
Nach einem Jahr der Investitionen in die Technologie – allein 35 Millionen Euro flossen 2016 in den Ausbau von Infrastruktur, vor allem in Logistikzentren in den USA – will das Unternehmen in diesem Jahr das Angebot stärker personalisieren und individualisieren, wie Richter sagte.
Vor allem aber muss das Unternehmen die Balance zwischen Konsolidierung und Wachstum finden. Richter wollte sich am Donnerstag nicht zu der Frage äußern, wann HelloFresh eine schwarze Null in der Bilanz vorweisen kann. 2016 hatte das Unternehmen seinen Verlust gegenüber dem Vorjahr um 13,8 Prozent auf 82,6 Millionen Euro gesenkt.
Zahlreiche Mitbewerber für Lieferdienst
HelloFresh tritt gegen vielseitige Konkurrenz an: National sind es vor allem die Plattformen „Marley Spoon“ sowie „Kochzauber“, die ein vergleichbares Geschäftsmodell verfolgen. In den USA sind die Marken „Blue Apron“ und „Plated“ die Hauptkonkurrenten. Weitere Mitbewerber drängen auf den Markt: Zum einen versucht sich der Lebensmittelhandel (wie Rewe mit „Meine Küche“) auf diesem Gebiet, zum anderen hat der Onlinehändler Amazon seine Sparte „Fresh“ in Berlin gestartet.