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Zalando versucht sich jetzt als Börsenstar

| Lesedauer: 5 Minuten
Björn Hartmann

Foto: Reto Klar

Sechs Jahre nach der Gründung geht der Berliner Online-Modehändler an die Börse. Der Schritt gibt der gesamten Start-up-Szene der Hauptstadt einen Schub und bereitet den Weg für andere Unternehmen.

Was 2008 mit dem Versand von Flipflops begann, mündet jetzt in einen der spektakulärsten Börsengänge des Jahres. Spektakulär vor allem wegen der Geschichte dahinter. Zeigt doch der Aufstieg des Internethändlers Zalando, dass sich auch in Deutschland mit einer guten Idee, straffer Organisation und einer Portion Glück eine Geschichte wie im Silicon Valley hinlegen lässt: vom Drei-Personen-Unternehmen zum börsennotierten Konzern in wenigen Jahren. Spektakulär auch, weil es der größte Börsengang eines eines deutschen Internetunternehmens seit dem Ende des Neuen Marktes ist. Spektakulär auch, weil damit wieder ein größeres Berliner Unternehmen börsennotiert wäre.

Der Zalando-Börsengang wird über eine Kapitalerhöhung laufen: Das Unternehmen gibt neue Aktien aus, die an die Börse gehen und zehn bis elf Prozent am Unternehmen ausmachen sollen. Die Alteigentümer verkaufen ihre Anteile nicht. Das Unternehmen gehört derzeit unter anderem der schwedischen Investmentgesellschaft Kinnevik zu 36 Prozent. Der Global Founders Fund der Brüder Alexander, Marc und Oliver Samwer hält 17 Prozent, zehn Prozent besitzt der dänische Modeunternehmer und Milliardär Anders Holch Povlsen.

Geld für Expansion

Insider berichten, dass der Börsengang mindestens 500 Millionen Euro bringen soll, was Zalando insgesamt dann mit rund fünfeinhalb Milliarden Euro bewerten würde – angesichts der jungen Geschichte des Unternehmen ein großer Wert. Marktbeobachter spekulieren sogar über bis zu 750 Millionen Euro. Zum Ausgabepreis äußerte sich Zalando nicht. Möglicherweise wird er Ende des Monats bekannt gegeben. Mit dem Geld will Zalando das Wachstum finanzieren und neue Märkte erschließen. Bisher ist der Konzern in 15 europäischen Ländern aktiv, besonders stark in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Zalando strebt eine Notiz im Börsensegment Prime Standard an, das den schärfsten Regeln unterliegt, unter anderem was die Pflicht betrifft, über Unternehmenszahlen zu informieren. Zudem müssen mindestens 25 Prozent der Aktien in Streubesitz sein, das bedeutet Aktionären gehören, die weniger als fünf Prozent der Aktien halten. Zurzeit gehört gut ein Fünftel der Anteilsscheine solchen Aktionären. Je nach Entwicklung der Aktie könnte Zalando sogar ein Anwärter auf den MDax der mittelgroßen Werte sein, in dem als einziges Berliner Unternehmen bisher Axel Springer mit einem Börsenwert von rund 4,5 Milliarden Euro notiert ist.

Guter Ausblick für das Unternehmen

Mit der Ankündigung legt Zalando auch erstmals detaillierte Zahlen für die vergangenen Jahre vor. Bekannt war, dass der Umsatz von 509,9 Millionen Euro 2011 auf 1,76 Milliarden Euro 2013 gestiegen ist. Gleichzeitig weitete sich der Konzernverlust von 59,7 auf 116,6 Millionen Euro aus. Wobei die neuen Zahlen zeigen, dass der Konzern bereits in den Weihnachtsquartalen der Jahre 2011 bis 2013 Gewinn auswies. Im ersten Halbjahr 2014 gelang Zalando dann erstmals ein Halbjahresgewinn von 200.000 Euro, vor allem weil das zweite Quartal erfolgreich lief und die Verluste des ersten mehr als ausglich.

Das zweite Halbjahr mit dem umsatzstarken Weihnachtsgeschäft ist nach früheren Aussagen von Zalando-Mitgründer Robert Gentz bereits erfreulich angelaufen. Der Umsatz dürfte 2014 deshalb deutlich über zwei Milliarden Euro liegen. Sollte das Schlussquartal wie in den Vorjahren mit Gewinn enden, dürfte Zalando auch für das Gesamtjahr schwarze Zahlen ausweisen. Das Mode-Marktvolumen in Europa schätzt das Unternehmen auf insgesamt 420 Milliarden Euro.

Signal für die Start-up-Szene

Zalando wies im zweiten Quartal 13,7 Millionen aktive Kunden aus – das schließt all diejenigen ein, die in den zwölf Monaten bis zum 30. Juni mindestens einmal etwas bestellten, Ende 2013 waren es 13,1 Millionen, zwei Jahre zuvor 4,8 Millionen Kunden. 2013 hatte eine Bestellung einen Durchschnittswert von 62,50 Euro einschließlich Mehrwertsteuer; Stornierungen und Rücksendungen herausgerechnet.

Für die gesamte Start-up-Szene könnte der Börsengang Zalandos hilfreich sein. wenn er gut verläuft, stehen die Chancen für andere, kleinere Firmen gut, ebenfalls erfolgreich an die Börse zu gehen und sich so Geld für weitere Expansion zu beschaffen.

Chancen für die Samwer-Brüder

Überhaupt die Rücksendungen: Gut die Hälfte der bei Zalando georderten Waren gehen zurück, kostenlos für den Kunden, teuer für das Unternehmen. Andererseits ist die kostenlose Retoure ein Geschäftsgarant, weshalb Zalando daran festhalten will.

Der geplante Börsengang beflügelt sehr wahrscheinlich auch noch einen anderen IPO (Initial Public Offering), wie es im Fachjargon heißt: den von Rocket Internet. Die Berliner Holding der drei Samwer-Brüder entwickelt Internetunternehmen und macht sie groß. Bisher erfolgreichstes Unternehmen ist Zalando. Rocket Internet soll möglicherweise auch noch in diesem Jahr an die Börse. Im Zuge dieses Geschäfts würden die drei Internetunternehmer zu Milliardären. Rocket Internet wurde Mitte August nach dem Einstieg von United Internet mit 4,3 Milliarden Euro bewertet.