In den Hallen der Backfabrik drehte sich schon immer alles um Lebensmittel. Dort wo einmal riesige Backmaschinen standen und Tausende Brötchen über die Laufbänder gingen, steht Nikolaus Hilgenfeldt an einem Donnerstagvormittag und hält ein iPad Mini in der Hand. Er wischt über das spiegelnde Display, das Produkte zeigt, die den in der Backfabrik produzierten Teigwaren nicht ganz unähnlich sind: Marmeladen, Brotaufstriche, Nudelgerichte.
„Unsere App zeigt Produkte aus dem Supermarkt an, bei deren Kauf der Kunde einen Betrag zurückerstattet bekommt“, sagt der 27-jährige Nikolaus Hilgenfeldt, einer der drei Gründer der App scondoo. Der Betriebswirt lädt dazu ein, ihm über die freitragenden Metalltreppen des großen Loft-Büros zu folgen. Hinunter in den Konferenzraum, in dem er das Konzept des Start-ups erklärt: Die Gutschrift-App versteht sich als eine sogenannte „mobile promotion plattform“, sagt Hilgenfeldt.
Promotions-Angebote, also Rabatte, die Markenhersteller Käufern gutschreiben, wenn zum Beispiel ein neu ins Sortiment genommenes Produkt kaufen, sind sozusagen der Rohstoff der mobilen Software. Im Kern handelt es sich um einen Marketingdienstleister, der es Marken ermöglicht, ihre Produkte ins Bewusstsein der Kundschaft zu bringen. Auf der anderen Seite rührt die App an der Spar-Mentalität der Konsumenten und verspricht ihnen satte Rabatte. Denn wer will beim Einkauf im Supermarkt nicht weniger Geld ausgeben?
50 Cent für eine Tafel Schokolade als Gutschrift
In drei Schritten will das Team von scondoo, deren Software auf dem Apple-Betriebssystem iOS und Android läuft, dieses Versprechen einlösen: Der Benutzer sucht sich im Angebot von scondoo ein Produkt heraus, zum Beispiel eine bestimmte Tafel Schokolade. Nach dem Einkauf fotografiert er den Kassenbon mit dem Smartphone ab und schickt das Foto über die Software mit einem Fingertipp an scondoo, die die Rechnung auf Echtheit prüfen.
Für eine gekaufte Tafel der Markenschokolade bekommt der User 50 Cent auf einem digitalen Konto gutgeschrieben. Die Höhe der digitalen Geld-zurück-Garantie variiert je nach Produkt. „Das angesammelte Guthaben können sich unsere Benutzer auf ihrem Bankkonto gutschreiben lassen“, sagt der Betriebswirt Hilgenfeldt. Außerdem können User ihr Guthaben, das ab einem Betrag von zehn Euro ausgezahlt werden kann, spenden.
Am Geschäft mit Rabatten und dem Spartrieb der Konsumenten wollen zahlreiche junge Unternehmen im Internet teilhaben. Der prominenteste Vertreter ist das US-amerikanische Unternehmen Groupon, das Nutzer mit Sparangeboten für Restaurants und Handel in mittlerweile 35 Ländern lockt. In der Vergangenheit kritisierten Verbraucherschützer Groupon und diverse Rabatt-Webseiten, weil diese teilweise irreführende Angebote versprach.
Gründer sehen großes Potenzial in der Lebensmittelbranche
Auf den Höhenflug folgte bei Groupon bittere Ernüchterung: Die Aktie verlor im März 25 Prozent, büßte massiv an Marktwert ein und strich auch Stellen im Berliner Büro, wie das Internetmagazin „Gründerszene“ berichtete. Ist die große Schnäppchenjagd im Netz also schon wieder abgeblasen?
Vom Gegenteil überzeugt sind Nikolaus Hilgenfeldt und die zwei Gründer David Keuler und Sebastian Kurt. Vor allem was den Bereich der Lebensmittelbranche betrifft, sehen sie ein großes Potenzial. „Problematisch bei anderen Gutschein-Modellen ist, dass die Hersteller der Waren nicht direkt profitieren. Bei uns profitieren sie von der Promotion“, sagt Hilgenfeldt.
So könnte das Rabatt-Geschäft im Internet neue Erfolge feiern, indem es sich auf das neue Feld des Markenvertriebs konzentriert. Mehr als 500.000 Zugriffe verzeichnet scondoo seitdem es online ist. Seit Start der App öffneten die Nutzer dabei rund 2 Millionen Produktangebote, sagt der Gründer Hilgenfeldt.
Große Auswahl soll Ernüchterung vor den Regalen verhindern
In der ersten Version der Software, die Benutzer seit dem Dezember des vergangenen Jahres kostenlos herunterladen können, fällt die Darstellung der Produkte noch relativ statisch aus. Die App zeigt lediglich kleine Bilder von Schokolade, Bier und Co. an. Hinderlich für den vergünstigten Einkauf im Supermarkt erscheint indes, dass der Nutzer sich zuvor informieren muss, ob es die im scondoo-Angebot erhaltenen Produkte auch tatsächlich im Supermarkt um die Ecke gibt.
Wenn die noch verhältnismäßig kleine Auswahl von gut einem Dutzend teils sehr speziellen Rabatt-Produkten nicht im Sortiment des Supermarktes auftaucht, könnte das schnell zu Ernüchterung an den Regalen führen. In Zukunft möchte das Team jedoch die digitalen Möglichkeiten mehr ausschöpfen und denkt zum Beispiel darüber nach, die Produkte in kurzen Videos in besserem Licht erscheinen zu lassen. „Außerdem besteht die Idee, ein Feedback-System zu integrieren, indem die Käufer die Produkte bewerten könnten“, sagt der 27 Jahre alte Gründer.
Geld für die jungen Unternehmer bei jedem Klick auf die Produkte
Bisher hat scondoo Verträge mit einem Dutzend großen Marken abgeschlossen, wie Nestlé, Carlsberg, Krüger Kaffee oder Johnson&Johnson. Wöchentlich sind etwa 15 vergünstigte Angebote für die Nutzer verfügbar. Bei jedem Kauf und sogar jedem Klick auf die Produkte bekommen die jungen Unternehmer aus Berlin einen Betrag. Über die Höhe wollen die Gründer nicht sprechen. Die Einnahmen sind jedoch nicht so hoch, dass sich scondoo, das momentan acht Mitarbeiter beschäftigt, wirtschaftlich selbst trägt.
Das kleine Unternehmen befindet sich seit der Gründung im Herbst 2012 auf Wachstumskurs. Der hohe Kapitalbedarf wird von den Investoren gedeckt: Erst im Juni investierten die Förderer Point Nine Capital, Heilemann Ventures und weitere Geldgeber eine hohe sechsstellige Summe. Somit liegt die Gesamtfinanzierung fast bei einer Million Euro. Insbesondere die Investition von Heilemann Ventures dürfte einen strategischen Hintergrund haben, der zumindest erahnen lässt, in welche Richtung sich scondoo künftig noch entwickeln könnte. Die Brüder Fabian und Ferry Heidemann und scondoo verkaufen Dienstleistungen, die sich gegenseitig ergänzen.
DailyDeal als deutsches Pendant zu Groupon zum Beispiel verfügt bereits über einen großen Kundenkreis, der auch für scondoo interessant erscheint. „Wir haben ein sehr komplementäres Geschäftsmodell zu DailyDeal, mit Partnern auf der einen und Endkunden auf der anderen Seite, daher bestehen enorme Synergien“, sagt Nikolaus Hilgenfeldt.