Räder aus Bambus, langlebige Holland-Räder und unbedenkliches Öl: Auf der Fahrradmesse Velo Berlin setzen viele Hersteller auf das Thema Nachhaltigkeit. Das freut die ökologisch bewusste Kundschaft.

Das moderne urbane Leben kommt ohne das Nachdenken über Nachhaltigkeit und einen ökologischen Lebensstil kaum mehr aus. Genauso wie das Fahrrad als Teil der modernen Urbanität nicht mehr aus Berlin wegzudenken ist. Das zeigt sich auch auf der Velo Berlin, der Fahrradmesse, bei der an diesem Wochenende zum vierten mal auf dem Messegelände in Charlottenburg die neusten Fahrradtrends präsentiert werden. Auch wenn es noch ein Nischenmarkt ist, zwischen die mehr als 250 Aussteller haben sich auch einige gemischt, die nachhaltige Produkte präsentieren.

So wie die Firma Woodie. Seit mehr als drei Jahren stellen Zlatko Koren und sein Partner in einer kleinen Manufaktur im Hafen von Mannheim in Handarbeit hölzerne Schutzbleche her. Sie kosten zwischen 80 und 140 Euro. Jedes Stück ist ein Unikat, angepasst an die Vorstellungen des Kunden. Es geht um individuelles Design für individuelle Kunden. Doch nicht nur. „Immer mehr Kunden wollen wissen, wie wir unsere Produkte herstellen“, erzählt Koren, „sie wollen wissen, welches Holz wir verwenden und ihnen ist es wichtig, dass wir kein Tropenholz benutzen.“

Die Mannheimer können dann beruhigen. Ihr Holz stammt von zertifizierten Plantagen, auf denen die Bäume immer wieder nachwachsen. Auch das Öl, mit dem die Hölzer behandelt werden, damit die Produkte UV- und witterungsbeständig werden, ist für die Umwelt unbedenklich. Zwar kann man auf der Messe keine Produkte bei Woodie kaufen, schließlich müssen sie individuell angepasst werden, aber ein erster Kontakt schafft schon mal Kaufanreize. Auch Marko aus Potsdam ist neugierig geworden. Der 31-Jährige restauriert in seiner Freizeit alte Fahrräder und hat sich nun vorgenommen, ein Fahrrad von Grund auf neu aufzubauen. Dafür ist er immer auf der Suche nach schönen und besonderen Produkten.

„Holz ist ein sehr schöner Werkstoff. Da es ein natürlicher Rohstoff ist, sieht er immer ganz unterschiedlich aus und gibt dem Fahrrad dann ein kleines bisschen Individualität“, erzählt der gelernte Tischler. Mehr als dieses Bisschen will Woodie auch gar nicht. „Wir bekommen immer wieder Anfragen, ob wir auch andere Teile für das Fahrrad aus Holz anfertigen“, erzählt Koren. Aber das sei zu viel. Es soll ja schließlich nur ein kleiner feiner Hingucker sein.

Exot in der Branche: Bambus-Fahrräder

Tobias Meyer von der Bremer Firma Faserwerk geht einen ganzen Schritt weiter als Zlatko Koren. Er stellt seit viereinhalb Jahren komplette Fahrräder aus Bambus her. Was genau genommen kein Holz, sondern ein sogenanntes Hochgras ist. Meyer ist ein Exot in der Fahrradbranche und der Kampf für seine Idee war hart. „Am Anfang hat man mich wirklich ausgelacht“, erzählt er von seinen ersten Gehversuchen. Zu der Zeit gab es weltweit nicht mal eine Handvoll Menschen, die Bambusräder verkauft oder hergestellt haben. Mittlerweile sind es allein in Deutschland acht Verkäufer. „Der Werkstoff Bambus musste sich erst einmal als Fahrradwerkstoff etablieren“, sagt Meyer. Seine Räder gibt es ab 2000 Euro, wer ein besonders schönes will, legt noch einmal 1500 obendrauf. Viel Geld, doch es soll sich lohnen. „Uns gibt es zwar noch nicht so lange, aber ich bin davon überzeugt, dass die Räder eine sehr lange Lebensdauer haben.“

Seine Käufer beschreibt der 42-Jährige als Individualisten, denen die Nachhaltigkeit des Produkts wichtig ist. Für ihn selbst war Nachhaltigkeit der ausschlaggebende Punkt. „Ich war schon immer ein sehr reflektierter Mensch, was das angeht“, sagt er. Dann wurde seine Tochter geboren und das Thema wurde noch wichtiger für ihn. Er fing mit den Bambusrädern an. Neben den Erwachsenenrädern verkauft Tobias Meyer auch Bambukis, Laufräder für Kinder. „Ich mag es schon, wenn das Rad nach was aussieht.“ Runde Formen sollten es sein, nicht so „diese Transformers-Räder“, sagt er und meint die hochtechnisierten Räder, die es überall auf der Messe zu sehen gibt.

Die Nachhaltigkeit steckt auch dort, wo man sie nicht unbedingt erwarten würde. Keine Neuheit, keine Innovation, eher der Klassiker: die Hollandräder. Das Geschäft Zweitrad aus Mitte präsentiert sie auf der Messe. Stilecht mit Blumenkästen im Fahrradkorb. Zweitrad verkauft ausschließlich in Holland produzierte Fahrräder von verschiedenen Marken. Darunter natürlich auch Gazelle. „Unsere Kunden sind hauptsächlich die Ökos“, lacht Simon Schmidt von Gazelle. „Das ist nicht böse gemeint, im Gegenteil. Die Hollandfahrräder kaufen Leute, die auf Qualität setzen.“

Und damit auch auf Nachhaltigkeit. Denn die Fahrräder sind robust, viele halten ohne Probleme dreißig Jahre und länger. Was für die Hersteller natürlich auch zum Problem werden kann, denn alte Hollandräder finden auch gebraucht reißenden Absatz. Gerade in den vergangenen Jahren werden die Klassiker, deren Markenzeichen der aufrechte Sitz des Fahrers ist, wieder beliebter. Schmidt: „Besonders der Markt in Berlin ist unheimlich am wachsen.“

Die Velo Berlin ist noch an diesem Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Tageskarte: 9 Euro, Nachmittagsticket: 6 Euro (ab 15 Uhr), ermäßigte Tageskarte: 7 Euro