Grüne Woche

100.000 Spezialitäten beim „Festival der Sinne“ in Berlin

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Christine Eichelmann

Foto: Jan Woitas / dpa

Herzhafte Würste und Schinken, Kuchen, Bier, Säfte und Wein: Alles lockt zum Probieren. Doch auch zum Nachdenken. Woher stammen die Leckereien, wird auf der Grünen Woche gefragt.

Mit der höchsten Zahl an Ausstellern seit 15 Jahren eröffnet an diesem Freitag die Internationale Grüne Woche (IGW) in den Berliner Messehallen unter dem Funkturm. 1650 Branchenvertreter präsentieren bei der weltgrößten Agrarmesse von Freitag an bis 26. Januar 2014 Traditionen und Neuheiten der Lebensmittelproduktion in Deutschland und dem internationalen Ausland. Partnerland der Landwirtschaftsschau, die zum 79. Mal stattfindet, ist Estland.

Offiziell eröffnet wird die IGW an diesem Donnerstagabend durch Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Mit Ausstellern aus 70 Ländern könne die höchste Nationenbeteiligung seit der Erstveranstaltung 1926 vermeldet werden, sagte der Messe-Geschäftsführer Christian Göke: „Die Grüne Woche befindet sich im Allzeithoch.“

Rekordverdächtig ist dementsprechend die räumliche Ausdehnung. 124.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in 26 Hallen warten auf mehr als 300.000 Privat- und 100.000 Fachbesucher. Im vergangenen Jahr waren es 115.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Mit dem diesjährigen Motto „Das Festival der Sinne“ machen die Veranstalter der Grünen Woche deutlich, was die Messe für ihre Besucher vor allem ist: Ein Erlebnis rund um Genuss, Geschmack und Unterhaltung, dem die IGW mit 100.000 Spezialitäten aus aller Welt gerecht werden will. 13 deutsche Bundesländer laden zu einer Reise quer durch die regionalen Esskulturen der Republik.

Tierische Ausstellungsbereiche sind die Renner

Publikumsrenner der Grünen Woche sind immer die tierischen Ausstellungsbereiche. Diese seien erstmals in zwei benachbarten Hallen konzentriert worden, um besonders Familien entgegenzukommen, sagte Messechef Göke. Dort gibt es auf dem Erlebnis-Bauernhof Landwirtschaft zum Anfassen. Nicht nur Vierbeiner, sondern auch Insekten, Reptilien und Vögel finden sich auf der Sonderschau der Heimtiere.

Schwerpunkt des Fachprogramms mit 300 Seminaren, Tagungen und Konferenzen ist das Global Forum for Food and Agriculture 2014 (GFFA). Landwirtschaftsminister aus rund 70 Ländern diskutieren über eine leistungsfähige und nachhaltige Landwirtschaft als Schlüssel zur Überwindung des Hungers. Thematisiert werden auch die Folgen extremer Naturereignisse. „Drei Tage nach dem Taifun Haiyan kam in diesem Jahr die Anmeldung der Philippinen zur Grünen Woche“, sagte Christian Göke. Die Messe Berlin werde das südostasiatische Land bei seiner Präsentation in dieser schwierigen Situation bestmöglich unterstützen.

Agrarsektor „eine Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts“

Die Stimmung der deutschen Landwirte beschrieb der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, als verhalten optimistisch. Im Jahr 2013 erwirtschafteten die 290.000 Agrarbetriebe zusammen einen Produktionswert in Höhe von 56 Milliarden Euro. Mit 700.000 direkt in der Landwirtschaft beschäftigen Erwerbstätigen sei der Agrarsektor „eine Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts“, so Rukwied. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, betonte, dass man insbesondere in der verarbeitenden Industrie auch auf Nachwuchs angewiesen sei. Minhoffs Verband vertritt den viertgrößten Industriezweig in Deutschland, der mit einem Wachstum von drei Prozent im vergangenen Jahr einen Umsatz von 174,5 Milliarden Euro erwirtschaftete. Dieses Jahr erhofft sich die Branche einen Zuwachs von vier Prozent, der vor allem durch Exporte erreicht werden könne. Für Deutschland kündigte Minhoff erneut steigende Lebensmittelpreise an, ohne Zahlen zu nennen.

Sowohl der Bauernverband als auch die Ernährungsindustrie sehen sich einer wachsenden Aufmerksamkeit der Verbraucher für Fragen der Gesundheit, des Natur- und Tierschutzes gegenüber. Deshalb setze die Branche auf Transparenz, kündigte Bauernpräsident Rukwied unter anderem für die Grüne Woche an. Man werde sich kritischen Fragen stellen. Zugleich erteilte er jenen eine Absage, die „Bauern diffamieren und Ängste schüren wollen“. Wie jedes Jahr haben Umwelt- und Tierschutzvereine Proteste angekündigt.

Dem Thema Nachhaltigkeit widmet sich das Bundeslandwirtschaftsministerium unter der Überschrift „Gemeinsame Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt“. Holz als nachwachsendem Rohstoff begegnen Besucher ebenso wie regenerativen Energien. Für die Ökolandwirtschaft mit über 300 Ausstellern ist eine eigene Halle reserviert. Die Ernährungsindustrie will über die Aspekte Sicherheit, Kontrolle und Hygiene informieren.