Nach Schändung

Holocaust-Mahnmal könnte zeitweise eingezäunt werden

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Florentine Anders

Foto: dpa/DAVID SILPA / picture alliance / landov

Ein Video über die Schändung des Berliner Holocaust-Mahnmals in der Silvesternacht hat international für Aufsehen gesorgt. Künftig soll das Stelenfeld in ähnlichen Situationen besser geschützt werden.

Nachdem das Holocaust-Mahnmal durch Jugendliche in der Silvesternacht geschändet wurde, forderte die neue Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Donnerstag das Denkmal künftig besser zu schützen. „Die Vorfälle sind empörend und sehr zu verurteilen. Es muss alles daran gesetzt werden, dass sich so etwas nicht wiederholt“, sagte Grütters.

Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden werde die Sachverhalte zügig auch mit Hilfe der dort installierten Videoüberwachung aufklären, die Täter anzeigen und mit der Berliner Polizei sowie den zuständigen Stellen geeignete Maßnahmen diskutieren, wie man künftig das Denkmal in ähnlichen Situationen schützen kann. Zudem müssten neben der Stadt auch die Veranstalter von Großveranstaltungen stärker ihre Mitverantwortung beim Schutz dieser sensiblen und symbolisch wichtigen Einrichtungen wahrnehmen, so die Kulturstaatsministerin.

Jenifer Stolz, Sprecherin der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden, bestätigte, dass die Stiftung die Polizei zeitnah um einen Termin gebeten hat, um das Sicherheitskonzept zu überarbeiten. Die Stiftung selbst hatte erst durch die Veröffentlichung des Videos des britischen Journalisten Colin Cortbus am Sonntag von dem Vorfall in der Silvesternacht erfahren. Am Dienstag hatte die Stiftung auch persönlich mit dem Journalisten gesprochen, um zu erfahren, was genau sich vor Ort abgespielt hatte.

Gedenkstätte als Abschussbasis für Raketen missbraucht

Der rund vierminütige Film im Internet zeigt, wie Menschen die Stelen der Gedenkstätte als Abschussbasis für Raketen missbrauchen, Böller in das Stelenfeld werfen und gegen die Quader urinieren. Das Video trägt den Titel „Deutsche Hooligans schänden Berliner Holocaust-Mahnmal“. Sechs Wachschützer seien zwar in der Silvesternacht vor Ort gewesen, hätten aber von diesen Vorgängen nichts bemerkt, sagt Stiftungssprecherin Stolz. Kleinere Vorfälle gebe es immer wieder in der Silvesternacht, schließlich würden in direkter Nachbarschaft am Brandenburger Tor eine halbe Million Menschen feiern. In einem solchen Ausmaß, wie es das Video zeigt, habe es aber bisher Silvester keine Probleme gegeben.

„Jetzt müssen wir nachdenken, ob wir das Sicherheitspersonal bei solchen Großveranstaltungen erhöhen müssen“, sagt Stolz. Auch eine kurzeitige Umzäunung während Großveranstaltungen werde diskutiert. Allerdings betont die Sprecherin, dass es keinen permanenten Zaun um das Denkmal geben werde. Das komme nicht in Frage, denn das würde dem Charakter des Denkmals widersprechen. Es soll ein offenes, frei zugängliches Gelände sein, das die Besucher auf ihre Art beim Durchqueren erleben. So sei es im Konzept des Architekten Peter Eisenman angelegt.

Schon vor der Eröffnung des Denkmals hatten viele Kritiker gewarnt, dass durch ein solches offenes Konzept Schändungen des Denkmals vorprogrammiert seien. Doch in der Realität sind solche Vorkommnisse selten. „Wir sind insgesamt positiv überrascht, wie wenige Vorfälle es bei den zahlreichen Besuchern gibt“, sagt Sprecherin Jenifer Stolz. Auch dass Besucher auf den Beton-Stelen springen sei relativ selten. Das Springen ist auch aus Sicherheitsgründen laut Besucherordnung verboten. Der Anteil der Besucher, die sich nicht daran halten, liege etwa bei fünf bis acht Prozent, so die Sprecherin.

Allein das unterirdische Dokumentationszentrum des Holocaust-Mahnmals, besuchen knapp 500.000 Menschen im Jahr. Die Besucherzahl im Stelenfeld sei noch wesentlich höher, werde aber nicht erfasst, sagt Stolz.