Pro
Die SPD erregt gerade die Gemüter. Für ihr Deutschlandfest hat sie die Straße des 17. Juni für eine Woche sperren lassen. Und das gegen den Willen des Bezirks. Leidtragende sind die Autofahrer. Trotzdem: Die Straße des 17. Juni ist etwas ganz Besonderes und perfekt für den großen Auftritt, meint Diana Zinkler.
Am 9. Juli 2006 sagten die Berliner Fußballfans: Danke. Für eine überragende WM, weil die Mannschaft und ihr Spiel so viele Menschen begeisterten und weil Deutschland eine wahnsinnig gute Zeit hatte. Der Ort dieser Begeisterung war während der gesamten WM die Fanmeile an der Straße des 17. Juni. Wenn ausländische Journalisten von der Stimmung in Deutschland erzählen wollten, dann wählten sie Bilder dieses Fanfestes. Die Deutschen galten auf einmal in der ganzen Welt als gut gelauntes, friedliches Feiervolk, das auch versteht, einen dritten Platz so zu bejubeln, als ob es ein erster wäre. All das wäre ohne das Fanfest in der Mitte der Stadt, ohne die Sperrung der Straße des 17. Juni nicht möglich gewesen. Berlin braucht solche Feste an so prominenter Stelle. Nicht nur für die anderen, damit sie schöne Feierbilder von uns sehen, sondern auch, damit sich der Bürger immer mal wieder seine Stadt zurückerobern kann. Wer schon einmal auf der Mitte der Straße des 17. Juni gestanden und nur Menschen gesehen hat, erlebt die Stadt als etwas Großes, als körperlich erfahrbare Momentaufnahme, die so gar nichts mit dem Blechlawinenfluss der übrigen Tage zu tun hat. Es sind Tage, an denen das „Wir“ feiert.
Dass nun die SPD ihr Jubiläum auch gern an diesem Ort begehen möchte, ist verständlich. Ob sie auch darf, entscheiden andere. Aber dieser Ort ist sicherlich perfekt für den großen Auftritt.
Contra
Feiern? Bitte schön. Aber bitte nicht auf der Straße des 17. Juni. Die sollte wieder ganz dem Verkehr gehören, findet Jochim Stoltenberg.
Straßen sind zum Fahren da. Und in Berlin soll es ja noch Menschen geben, die einer Arbeit nachgehen, auf ihr Auto angewiesen sind und zwischen Ost und West pendeln. Doch gefahren wird in Mitte immer seltener, dafür werden die Staus rund ums Brandenburger Tor immer länger. Christopher Street Day, Fashion Week, SPD-Memorial und, und, und: An mindestens 80 Tagen dieses Jahres wird auf der Straße des 17. Juni gefeiert, der Berufs- wie der Privatverkehr auf der der zentralen Verkehrsachse einer Drei- Millionen- Stadt ausgesperrt.
Bei allem Verständnis für Volksbelustigungen - da hört der Spaß auf, beginnt das Unverständnis für die ökonomischen, ökologischen und psychischen Folgen für die Stau- Opfer. Und es droht noch schlimmer zu werden. 40 Millionen Euro sollen investiert werden, um die Magistrale zur allzeit bereiten Party-Meile aufzurüsten. Zum Schutz vor Terroristen ist zudem ein sechs Kilometer langer Sicherheitszaun rund um den Tiergarten geplant.
Feiern im Hochsicherheitstrakt? Permanente Beschränkungen für den Wirtschaftsverkehr in einer Stadt, die auf Wachstum angewiesen ist? Nein Danke! Und wer darf da eigentlich alles feiern, da das nun selbst eine wahlkämpfende Partei darf? Um allen Streit zu vermeiden, muss die Straße des 17. Juni wieder ganz dem Verkehr gehören. Zum Amüsieren gibt es reichlich anderen Platz in der großen Stadt; nicht nur j.w.d. Zum Beispiel auf dem Tempelhofer Feld.