Konzert

Berliner feiern am Oranienplatz den Pianisten vom Taksim-Platz

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Foto: Kay Nietfeld / dpa

Davide Martello spielte für die Demonstranten in Istanbul – und wurde so weltweit bekannt. Jetzt lud er zum Konzert auf den Oranienplatz in Kreuzberg. Und viele Berliner kamen, um ihn zu erleben.

Ein lauer Sommerabend, wie es in Berlin in diesem Jahr noch nicht viele gab. Auf Picknickdecken und ausgebreiteten Jacken sitzen Berliner und Touristen auf dem Oranienplatz und hören der Klaviermusik zu. Aber der Mann, der sie mit „Ciao Bella“ und „Let it be“ zum Klatschen bringt, ist kein normaler Straßenmusiker: Davide Martello wurde vor gut zwei Wochen weltweit bekannt, als er während der Unruhen in der Türkei mit seinem Flügel zwischen den Demonstranten auf dem Taksim-Platz auftrat. Jetzt ist er in Berlin zu Besuch und hat zum „Flashmob“ auf dem Kreuzberger Oranienplatz geladen.

„Taksim ist überall“

Auf seiner Facebookseite Klavierkunst hat er seinen Auftritt angekündigt. Seine Anhänger haben die Nachricht geteilt, so hat auch Filiz von dem Besuch des Pianisten erfahren. „Während der Demonstrationen in Istanbul habe ich ihn live im Fernsehen gesehen. Ich fand toll, was er dort gemacht hat“, sagt die 31-Jährige, die mit ihrer 12-jährigen Tochter Elif auf den Oranienplatz gekommen ist. Beide tragen Istanbul-T-Shirts, und natürlich wollen sie sowohl ihre Kleiderwahl als auch das Konzert als Unterstützung für die Sache der Demonstranten in der Türkei verstanden wissen. Auch viele andere Zuhörer sind deswegen hier, in den Pausen skandieren sie immer wieder „Taksim ist überall“, vereinzelt sind türkische Fahnen zu sehen.

Auftritt in allen Hauptstädten

Davide Martello war bis Mitte Juni ein nur mittelbekannter Klavierkünstler. Der Pianist aus einer sizilianischen Familie wuchs in Süddeutschland auf, erzählte im April dem „Südkurier“ in einem Interview, er habe „keinen direkten festen Wohnsitz“, sondern setze seinen Flügel ab, wo er Lust habe. Und er plante, mit seinem selbst gebauten Flügel in allen Hauptstädten der Welt zu spielen. Mit Weihnachtskonzerten bei der Bundeswehr in Afghanistan sorgte er schon einmal für Aufmerksamkeit. Aber erst der Taksim-Platz machte ihn so bekannt, dass sich die Reporter und Fernsehteams bei seinem Auftritt geradezu um einer Interview mit dem 31-Jährigen streiten.

„Imagine“ und „Let it be“

Am 12. Juni tauchte er zum ersten Mal mit seinem Flügel in Istanbul auf und spielte, umgeben von Demonstranten, schwer bewaffneten Polizisten, Wasserwerfern. „Imagine“ von John Lennon. „Let it be“ von den Beatles. Und das eigens für Istanbul komponierte Stück „Lightsoldiers“. Die Demonstranten umringten seinen Flügel, sangen zu seiner Musik, bejubelten den Pianisten. Die Wasserwerfer wurden nicht angeworfen, statt Tränengaswolken zog Musik über den Platz. Weltweit berichten Medien über den deutschen Klavierspieler vom Taksimplatz, er wird zum Symbol für den friedlichen Einsatz für die Menschenrechte.

Am vierten Abend beschlagnahmt die Polizei schließlich den Flügel. Erst nach drei Tagen bekommt Davide Martello mit Hilfe eines Anwalts das Instrument wieder und kehrt nach Deutschland zurück. Aber in Istanbul sind seine Auftritte unvergessen, wie die Kommentare auf seiner Facebook-Seite zeigen: „Die Welt wird ein besserer Platz mit Menschen wie Dir“, „Du warst die frische Luft inmitten des Tränengases“, und immer wieder ein „Danke“.