Engagement

Wie sich Berliner Stiftungen für Europa stark machen

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Franziska Birnbach

Foto: Gute Tat

In Berlin gibt es rund 800 Stiftungen. Viele präsentieren sich bei der gestarteten Themenwoche unter dem Motto „Europa sind Wir! …. und nun?“. Die Morgenpost stellt einige vor.

Sie schaffen Großes, ermöglichen zum Beispiel Herzspenden und geben elternlosen Kindern ein neues Zuhause – die Stiftungen. Ohne ihr bürgerschaftliches Engagement wäre ein funktionierendes Gemeinwesen kaum denkbar. Allein in Berlin gibt es rund 800 Stiftungen mit einem geschätzten Vermögen von rund 3,7 Milliarden Euro. Seit Dienstag präsentieren mehr als 100 Stiftungen in Lesungen, Theaterstücken und Diskussionsrunden ihre Arbeit. Die bis 14. Juni dauernde Berliner Stiftungswoche findet unter dem Schwerpunkt „Europa sind Wir! ... und nun?“ statt. Auch diese Stiftungen sind bei der Woche dabei.

Allianz Kulturstiftung

Europa ist nicht nur Krise – um das unter Beweis zu stellen, unterstützt die Allianz-Kulturstiftung Künstler in ganz Europa. Mithilfe von grenzüberschreitenden Bildungs- und Kulturprojekten soll der europäische Integrationsprozess gefördert und eine gemeinsame europäische Identität entwickelt werden. Gegründet wurde die Kulturstiftung im Jahr 2000. Sie bildet gemeinsam mit der Allianz-Umweltstiftung das Allianz-Stiftungszentrum, das seinen Sitz seit 2012 in Berlin hat. „Man darf bei Europa nicht immer nur an Probleme denken, vielmehr muss man auch mit einer Portion Humor an die Sache gehen“, sagt Friederike Klussmann von der Stiftung.

Um Europa zu einem Erfolgsprojekt zu machen, möchte die Stiftung, Kultur als Mittler zwischen den Menschen einsetzen. Dafür initiiert sie zum einen selbst Projekte aus den Bereichen Kunst und Literatur. Zum anderen kann künstlerischer und akademischer Nachwuchs für eigene Projekte Unterstützung bei der Stiftung beantragen. Voraussetzung ist, dass es sich hierbei um ein Kooperationsprojekt handelt, an dem mindestens drei Länder beteiligt sind.

Für die Stiftung spielt Berlin trotzdem eine wichtige Rolle, denn die Stadt zieht Tausende Kreative an. Viele Veranstaltungen des Allianz-Stiftungsforums finden daher in Berlin statt. Im Jahr 2013 fördert die Stiftung dort zum Beispiel das Doku.Arts-Festival. Auf dem im September stattfindenden Festival werden Dokumentarfilme über Künstler aus aller Welt gezeigt.

Und auch im Rahmen der Berliner Stiftungswoche ist die Allianz Kulturstiftung aktiv: „Festival der Europäischen Versager“ – mit diesem forschen Titel möchte die Allianz Kulturstiftung in der Berliner Stiftungswoche die Dauerkrise Europas neu aufrollen. Künstler und Experten aus verschiedenen europäischen Ländern werden vom 7. bis zum 8. Juni bei einem 27-stündigen Programm aus Lesungen, Filmen und Ausstellungen, Europas Probleme unter einem neuen Blickwinkel betrachten. Als Veranstaltungsort wurde der „Club der polnischen Versager“ an der Ackerstraße in Mitte gewählt – der Titel des Festivals ist als Anlehnung an den Ort zu verstehen, soll aber nicht ganz so pessimistisch klingen, wie man zunächst denken könnte. Vielmehr soll Europa mithilfe kreativer Ideen neuen Schwung bekommen.

Schwarzkopf Stiftung

„Wir wollen die junge Perspektive nach Europa bringen“, sagt Anne Rolvering, Geschäftsführerin der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa. Die parteiunabhängige Stiftung hat sich die politische Bildung von jungen Menschen zum Thema Europa als Ziel gesetzt. Die Stiftung war im Jahr 1971 von Pauline Schwarzkopf gegründet worden und hat ihren Sitz in Berlin.

Mithilfe von Debatten und Seminaren sollen Jugendliche die Möglichkeit bekommen, Politik aus der Nähe kennenzulernen. Ein besonderes Projekt der Stiftung ist beispielsweise der EU-Kompakt-Kurs. Schüler und Lehrer Berliner Schulen können sich jeder Zeit kostenlos zu dem Kurs anmelden. Warum gibt es die EU und was verfolgt sie für Ziele? – Auf solche und andere grundlegende Fragen zur Funktionsweise der Europäischen Union sollen die Jugendlichen eine Antwort erhalten. Das größte Programm der Stiftung ist das European Youth Parliament (EYP).

Jährlich können sich auf dieser Plattform mehr als 20.000 Jugendliche aus 41 europäischen Ländern zum Thema Europa austauschen. Dreimal im Jahr finden internationale Sitzungen statt, auf denen nach dem parlamentarischen Procedere einer Vollversammlung über die Zukunft Europas diskutiert wird. Schirmherr hierfür sind der Präsident des Europäischen Parlaments sowie der Generalsekretär des Europarates. Für Jugendliche interessant ist auch das Reisestipendium der Stiftung. Mit einem Reisekostenzuschuss in Höhe von 550 Euro soll jungen Menschen die Möglichkeit eröffnet werden ihre europäischen Nachbarländer näher zu erkunden.

Gute-Tat.de

Viele Menschen benötigen Hilfe – Andere wiederum möchten helfen. Beides zusammenzuführen, hat sich die Stiftung Gute-Tat.de zum Ziel gesetzt. „Es geht viel Engagement verloren, weil es kompliziert ist, etwas für sich passendes zu finden. Genau da setzen wir an“, sagt Ines Brüggemann von der Stiftung. Gute-Tat.de stellt den Kontakt zwischen kleineren sozialen Projekten und Privatpersonen und Unternehmen her, die sich gerne engagieren möchten. Wie lange und in welchem Bereich, bleibt jedem selbst überlassen. „Uns ist es wichtig, Hilfe schnell und ohne viel Bürokratie zu vermitteln “, sagt Brüggemann. Das Konzept geht auf: Im April dieses Jahres hat sich der bundesweit 10.000 „Engel“ für die Datenbank der Stiftung angemeldet.

In dem Programm „Heute ein Engel“ können Menschen helfen, ohne sich längerfristig binden zu müssen. Ein paar Stunden in der Woche im Seniorenheim vorlesen, bei einem Kinderfest im Kindergarten Kinder schminken. Ob es bei einem einmaligen Engagement bleibt oder man regelmäßig an längeren Projekten teilnimmt, entscheidet jeder selbst nach Lust und Zeit. Voraussetzung um ein „Engel“ zu werden, ist lediglich die Teilnahme an einem Informationsabend der Stiftung.

Auf diesem Weg können sich beide Seiten kennenlernen. Aufgrund der hohen Nachfrage findet der Informationsabend mittlerweile zweimal pro Woche in den Räumlichkeiten der Stiftung statt – montags um 18.30 Uhr und donnerstags um 15.30 Uhr. „Vor allem immer mehr junge Menschen interessieren sich für eine Tätigkeit bei uns. Viele Studenten und Berufsanfänger“, sagt Brüggemann. Gute-Tat.de hat seinen Hauptsitz in Berlin und unterhält weitere Standorte in Hamburg und München.

Neben Privatpersonen können sich bei Gute-Tat.de auch Unternehmen sozial engagieren, genannt „Corporate Volunteering“. Auch dieser Teil der Stiftungsarbeit wächst mit jedem Jahr. Wer selbst bei einem Projekt mithelfen möchte, findet weitere Informationen unter www.gute-tat.de.

Stiftung Zukunft Berlin

Die Stiftung kümmert sich um die ganz großen Themen der Hauptstadt – die inhaltliche Ausgestaltung des im Bau befindlichen Museumsforums im Stadtschloss, unterstützende Aktionen für den einstigen sozialen Brennpunkt Rütli-Schule sowie die Stärkung der vergleichsweise geringen Bürgerbeteiligung. „Wir sind stolz darauf, dass es gelungen ist, ,Rütli’ von einem abschreckenden Beispiel zu einer Vorbildinstitution zu entwickeln“, sagte Stiftungsvorstand Volker Hassemer. Im Vergleich zum Humboldtforum, das die Stiftung noch lange beschäftigen werde, sei das ein relativ kurzer Prozess gewesen. Ebenfalls länger werde man sich wohl beim Thema der Bebauung der Spreeufer zwischen Friedrichshain und Kreuzberg engagieren, um von „verbaler Hochrüstung“ zu einem „Prozess des Zuhörens“ zu kommen. Hier arbeite man mit dem Bezirk zusammen.

Die Spannbreite ihres Engagements reicht von Kultur bis hin zu Wissenschaft und Sport. Die Stiftung bietet die Plattform für einen Dialog zwischen der Stadt und ihren Menschen. Um für alle eine gute Lösung zu finden, versuchen ehrenamtliche Helfer bereits vor politischen Entscheidungen für einen offenen Dialog zu sorgen. Etwa 300 Menschen engagieren sich in den Initiativen der Stiftung. So diskutierten Hundeliebhaber und Gegner im sogenannten „Bello-Dialog“ mit Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) über die Novellierung des Hundegesetzes.

Wichtig ist der Stiftung, dass bei den Gesprächen alle Akteure mit einbezogen werden. Die Stiftung sieht Bürger wegen ihrer Kompetenzen ganz allgemein in der Lage, Mitverantwortung zu übernehmen. Derzeit unterstützt sie insgesamt fast 20 Initiativen. Eine wichtige Initiative im Moment ist das Forum StadtSpree, das sich mit den Entwicklungen rund um die Jannowitz-Brücke beschäftigt. Hierbei wird ein Dialog zwischen Club-Szene und Investoren über das Potenzial des Gebietes angeregt und unterstützt.

Durch Einbindung möglichst vieler Akteure soll ein für die Zukunft bestmögliches Konzept erarbeitet werden. Sich im Klein-Klein verlieren – Das ist nichts für die Stiftung Zukunft Berlin. Die Stiftung ist Mitinitiatorin der Berliner Stiftungswoche und organisiert heute die Veranstaltung „Nachbarn in Europa“, wo der Stadtpräsident von Breslau Rafal Dutkiewicz eine Rede hält. Die Veranstaltung findet um 19 Uhr im Abgeordnetenhaus statt. Am Donnerstag organisiert die Stiftung um 18 Uhr die Diskussionsrunde „Gelebtes Europa – Wir machen mit!“ an der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin.