Der Berliner Produktdesigner Aisslinger zeigt seine vielen Ideen im Haus am Waldsee
Als Labor für futuristisches Wohnen könnte man die experimentell angelegten Wohnsituationen bezeichnen, die der Produktdesigner Werner Aisslinger für die aktuelle Retrospektive zu seinem Schaffen im Haus am Waldsee entworfen hat. Industriereife Produktserien sollte man allerdings nicht erwarten.
Hier geht es nicht um Gebrauchsgegenstände im eigentlichen Sinne, sondern um Objekt gewordene Fragen oder Denkanstöße zum Wohnen in der Zukunft. Wie könnte unser Leben aussehen, wenn man von gewissen Prämissen ausgeht: von neuen Materialien und Technologien, Nachhaltigkeit und Ökologie? Wie werden wir kochen, arbeiten, denken und schlafen?
So stellt uns Werner Aisslinger eine Stuhlfarm („Chair Farm“) mit nachwachsenden Möbeln vor, eine Küche, in der jeder seine Nahrungsmittel wie Paprika, Tomaten und Pilze selbst produzieren kann („Kitchen Farming“), und Ruheräume, die vor allem darauf angelegt sind, das wir uns aus der Allgegenwärtigkeit der digitalen Welt zurückzuziehen, uns auf Natur und wohl geformte Gegenstände konzentrieren können („Staircase Sofa & Design-Wunderkammer“).
„Ich gehöre noch zur Generation Telefon/Wählscheibe“, sagt der 1964 in Nördlingen geborene Aisslinger, der im Allgäu aufgewachsen ist und erst über Umwege zum Produktdesign gefunden hat. „Mir ist die analoge Welt noch wohl vertraut.“ Aus diesem Grund entstehen seine Ideen auf Papier und nicht am Computer. Die meisten Anregungen für seine Wohnideen findet Aisslinger im Design der sechziger und siebziger Jahre, eine der Hochphasen im Produktdesign, bei Architekten wie Buckminster-Fuller, bei Utopisten und Visionäre jener Jahre. Eine Raumtapete im Foyer trägt diesen Inspirationen Rechnung, versammelt sie doch Bildmaterial zu Architektur, Inneneinrichtung, Film und Ikonen von damals und jede Menge spleeniger Bauentwürfe für futuristische Gebäudetypen – für Aisslinger ein „Assoziationsraum“, der vor allem eines zeigt: „Future war immer schon mal da.“
Dem Haus am Waldsee ist Werner Aisslinger längst ein alter Bekannter, steht doch seit 2003 im Skulpturenpark sein Loftcube, ein 38-Quadratmeter-Raum auf vier Stelzen, als mobiler Wohnraum gedacht ist. Nach außen durch viel Glas sehr offen, vereint er im Innern auf engstem Raum die wesentlichen Wohnfunktionen: Bad, Küche, sowie einen Schlaf-/Wohnraum. „Es war damals nicht mein Ziel, auf einmal lauter kleine Eigenheime zu bauen, der Loftcube ist als Utopie für eine Ausstellung entworfen worden.“ Etwa 20 Stück, so Aisslinger, seien inzwischen doch an Liebhaber verkauft worden.
Haus am Waldsee. Argentinische Allee 30, Di-So 11-18 Uhr. Bis 9. Juni.