Berlin. Das Informatikstudium an der Universität war Stefanie Laharnar zu abstrakt. Die Web-Entwicklerin lernte stattdessen Mediengestalterin.

Die Kombination ihrer Leistungskurse am Gymnasium klingt ungewöhnlich: Kunst und Mathe. Doch beides passt hervorragend zu Stefanie Laharnar. „Ich habe nicht nur ein Auge für Design, sondern bin auch eine gute Programmiererin“, sagt sie. Ein toller Lehrer habe sie zu Schulzeiten inspiriert und ermutigt, sich mit Informatik zu befassen. „Er war sehr innovativ und brachte uns das Programmieren in Turbo Pascal bei“, erzählt die 34-Jährige.

Nach dem Abitur bewarb sich die Abiturientin aus Mecklenburg-Vorpommern an den großen Universitäten in Berlin für das Fach Informatik. „Von allen dreien bekam ich eine Zusage“, sagt sie. Laharnar entschied sich für die Technische Universität.

Karriere begann mit Fanseiten von Rockbands

Doch das Studium war ihr zu ab­strakt. „Der Nutzwert kam mir zu kurz“, erklärt sie. In den Semesterferien habe sie deshalb verschiedene Praktika absolviert, unter anderem im Musikmarketing, wo sie – als Rock- und Metal-Fan – neue IT-Erfahrungen sammeln wollte.

„Während des Praktikums bei einem Musik-Label war ich sehr mit dem Front­end-Bereich beschäftigt, also mit allem was der User sieht“, erzählt Laharnar. Außerdem nutzte sie die Semesterferien für eigene Projekte und erstellte Internetseiten, „Fan Sites“, für die Bands Linkin Park und Papa Roach. „Schnell hatte ich mehr als 10.000 User“, erzählt sie. „Das war quasi der Anfang meiner Karriere als Web-Entwicklerin.“

Ausbildung mit sehr gutem Abschluss

Danach war klar: Ein reines IT-Studium würde ihr zu wenig Raum für kreative Arbeit lassen. Laharnar brach ihr Studium kurz vor dem Vordiplom ab. Eine Ausbildung als Mediengestalterin für Digital- und Printmedien sollte ihr nach dem „wenig anwenderorientierten Studium“ das Handwerkszeug für den Front­end-Bereich vermitteln. „In Design und Konzeption lernte ich viel Neues, der Rest fiel mir leicht.“ Im Jahr 2009 habe sie die Ausbildung mit 96 von 100 Punkten abgeschlossen.

Mit einem Auslandsstipendium arbeitete sie bei der Veto Group im slowenischen Ljubljana. Die Kreativ-Agentur ist im Grafikdesign, Event- und Künstlermanagement tätig. Dort konnte Stefanie Laharnar wieder ihre Leidenschaft für Musik ausleben. Sie gestaltete und programmierte die Webseite der slowenischen Rocker Siddharta. Laharnar: „Die Band ist dort unglaublich erfolgreich, füllt ganze Stadien.“

Auslandsaufenthalt verlängert

Aus dem geplanten Halbjahresaufenthalt wurde ein ganzes Jahr. „Ich habe in Slowenien meinen Mann kennengelernt“, erzählt die 34-Jährige. Er war der Administrator der Siddharta-Website. Über die gemeinsame Arbeit kamen sie sich näher. So blieb Stefanie Laharnar auch nach dem Praktikum noch eine Weile in Slowenien, arbeitete mit zwei Printdesignern zusammen und entwickelte ihre Fähigkeiten im Webseiten-Design und Programmieren weiter.

Irgendwann stand dann doch die Rückkehr nach Berlin an. „Das war eine schwere Zeit“, erinnert sich Stefanie Laharnar. Bis 2011 führte das deutsch-slowenische Paar eine Fernbeziehung. Dann bekam ihr Mann in Berlin eine Stelle als Backend-Entwickler.

Die ehemalige Freiberuflerin Stefanie Laharnar hatte da bereits in der Internet-Agentur Exozet ihren „ersten festen und vollwertigen Job“ angetreten – in dem sie die Tücken der Projektarbeit kennenlernte. „Man hat viele Deadlines zu erfüllen und muss oft Kompromisse eingehen.“ Sie brachte es dort bis zur Fachbereichsleiterin und habe eine „sehr lehrreiche Zeit gehabt“.

Auszeit in Kanada

Um sich neu zu orientieren, nahm sich die Entwicklerin mit ihrem Mann 2014 eine Auszeit: Sie gingen mit einem Working Holiday Visum nach Vancouver in Kanada. Mit ihrem Arbeitgeber in Berlin hatte sie ein Sabbatical von einem Jahr vereinbart. Jobs fanden die beiden sofort. Sie hätten in Kanada deutlich mehr gearbeitet als dass sie gereist wären, stellt Stefanie Laharnar rückblickend fest.

Wieder in Berlin, an ihrem alten Arbeitsplatz, erreichten sie fast täglich Angebote von Headhuntern und anderen Arbeitgebern. „Web-Entwickler sind auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt“, sagt die 34-Jährige. Die Anfrage ihrer heutigen Chefin traf bei ihr einen Nerv: „Die Jobbeschreibung hat mir gleich gefallen. Ich wusste, hier würde ich mich auf die Entwicklung des Produkts Webseite konzentrieren und auch meinen Blick für Design einbringen können.“

Seit einem Dreivierteljahr im Team von Spoonflower

Seit Dezember arbeitet Laharnar nun bei Spoonflower in Neukölln. Dort werden Stoffe, Geschenkpapier und Tapeten am laufenden Meter bedruckt. Die Kunden können sich im Online-Shop aus 500.000 Designs eines aussuchen oder selbst Motive gestalten. Dazu gibt es Anleitungen, etwa Schnitte für die Stoffe.

Als Stefanie Laharnar zum derzeit 20-köpfigen Team stieß, war die Berliner Dependance der US-amerikanischen Firma gerade in der Gründungsphase. „Anfangs war alles noch ein wenig provisorisch. Doch ich fühlte mich hier gleich sicher, es war ja kein risikoreiches Start-up“, erklärt sie.

Vier Mitarbeiterinnen in Elternzeit

Mit der Zufriedenheit im Job entwickelte sich bei der Web-Entwicklerin und ihrem Mann die Idee, eine Familie zu gründen. Damit stand das Paar nicht allein: Drei Kolleginnen bei Spoonflower waren gleichzeitig mit Stefanie Laharnar schwanger. Die Lücken in der Belegschaft aufgrund von Elternzeiten seien mit Kollegen aus den USA, Praktikanten und Minijobbern geschlossen worden.

Heute ist Sohn Liam fünf Monate alt. In zwei Monaten wird Stefanie Laharnar wieder an ihrem Rechner im Büro sitzen. Sie teilt sich die Elternzeit mit ihrem Mann – und freut sich schon wieder auf die Arbeit. „Ich bin froh aus meinem Hobby einen Beruf gemacht zu haben“, sagt sie.