Berlin. Eine berufliche Laufbahn, die sich voll und ganz auf Umweltthemen konzentriert? Bei Lena Nauland reifte schon während der Schulzeit die Idee, dass ihr Studium etwas mit Natur zu tun haben sollte. Die 24-Jährige studiert inzwischen im achten Semester Landschaftsnutzung und Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE).
„Ich bin im grünen Gatow aufgewachsen“, erzählt die Berlinerin, die schon immer gern draußen unterwegs war. Streifzüge durch die Natur weckten in ihr irgendwann das Bedürfnis, sich für deren Schutz zu engagieren. An ihrem Gymnasium baute sie einen Schulgarten mit auf, und in Zusammenarbeit mit dem Berliner Naturschutzzentrum Ökowerk entwickelte sie ein Computerspiel über Flussrenaturierung.
Nach der Schulzeit reiste Nauland sieben Monate durch Südamerika. „Da habe ich die Natur nicht nur im kleinen Rahmen erlebt“, schwärmt sie. Also ein Biologiestudium beginnen? Für sie zu sehr reine Naturwissenschaft. Stattdessen entschied sie sich, ein Naturschutzstudium aufzunehmen. Ihre Wahl fiel auf die HNE Eberswalde. „Zuerst war es wirklich der rein romantische Blick auf die Natur“, räumt die Hobbygärtnerin ein.
In den ersten Semestern viel Chemie und Physik
Für eine realistischere Einstellung sorgten schon die ersten Semester mit ihren teils sehr physik- und chemielastigen Inhalten. So stieg Lena Nauland in die Tiefen der Abiotik ein – das sind leblose Umweltfaktoren wie Temperatur, Nährstoffkonzentration, Licht. Sie beschäftigte sich mit Geologie, Geomorphologie (Landformen), Bodenkunde, Hydrologie und Klimatologie.
Auch technische Themen wie Vermessung und Kartografie gehören zur Ausbildung. Das Studium befähigt Absolventen, den Zustand eines Terrains ökologisch zu bewerten und auf dieser Basis Naturschutzkonzepte zu erstellen.
Der Stoff ist nicht einfach. Doch Lena Nauland hat sich durchgebissen. Noch ein Semester, dann hat sie den Bachelorabschluss geschafft. „Der Studiengang ist sehr breit gefächert“, erzählt sie. „Alle Formen der Landnutzung, Einblicke in die Funktions- und Wirkungsweise der Landwirtschaft – negativ wie positiv – sind Thema.“ Ein Schwerpunkt an der Fachhochschule Eberswalde sei der ökologische Landbau. Aber es gehe auch um Forstwirtschaft und nachhaltigen Tourismus.
Naturschutz lasse sich nur erreichen, wenn alle – ob in der Wirtschaft, in staatlichen Einrichtungen oder im Privaten – an einem Strang zögen, sagt Nauland. Sie selbst engagiert sich im sogenannten Foodsharing: „Wir versuchen, überschüssige Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu retten“, erklärt sie. „Das ist ein temporäres Muss, aber keine Langzeitlösung für das Zuviel an Lebensmitteln.“
Im Praxissemester in den panamaischen Regenwald
Praxissemester sind ebenso wie Exkursionen Bestandteil ihres Studiums. „Ich finde es gut, dass die HNEE Praxis ganz groß schreibt“, sagt Lena Nauland. Wichtige Erfahrungen sammelte sie beispielsweise in einem dreimonatigen Auslandspraktikum, das sie unter anderem nach Panama und Costa Rica führte. „In Panama funktioniert der Naturschutz anders als im gut durchstrukturierten Deutschland“, sagt sie.
Ein bisschen Stolz klingt durch, als sie von einem Projekt zur Aufforstung im panamaischen Regenwald berichtet. „Ich habe dort einen Umweltbildungspfad angelegt“, erzählt sie. Der führe unter anderem an Termitenbauten und einem Beobachtungspunkt für Brüllaffen vorbei.
Wie es nach dem geplanten Masterstudium für die Mittzwanzigerin weitergeht? Da will sie sich noch nicht festlegen: „Kommilitonen sind unter anderem im Umweltamt oder in Naturschutzbehörden gelandet“, sagt Nauland. Besonders vogelbegeisterte Absolventen seien als Ornithologen zum Naturschutzbund gegangen. „Es gibt nicht nur das eine Berufsfeld“, sagt sie. „Die Fülle der Einsatzmöglichkeiten ist unheimlich groß.“ Für sich selbst könne sie sich weitere Auslandsprojekte vorstellen.
400 Studenten schließen jährlich an der HNEE ab
Die HNE Eberswalde hat pro Jahr mehr als 400 Absolventen. „Der Einsatz im Ausland ist eine von vielen Optionen“, sagt Ulrike Pink, Leiterin des Career Service der Hochschule. Eine frühzeitige Vorbereitung, etwa durch Praktika, erleichtere den erfolgreichen Berufseinstieg, sagt sie. Auch eine gute Vernetzung zahle sich aus.
„Dass der Umweltbereich so vielfältige Möglichkeiten bietet, hat Vorteile“, findet sie. Kein Unternehmen komme mehr am Umweltschutz und am Thema Nachhaltigkeit vorbei. Die Nachfrage nach Fachleuten mit entsprechender Ausbildung sei in den vergangenen Jahren gestiegen.
Einen indirekten Weg in einen Beruf, in dem man die Ökologie verbessern kann, wählte Felix Herrmann. Er ist Masterstudent für Energie- und Verfahrenstechnik an der Technischen Universität (TU) Berlin und war bis Anfang des Jahres im Landesvorstand der Jugendabteilung im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aktiv.
Seit mehreren Jahren engagiert er sich auch bei Greenpeace – unter anderem gegen den Braunkohleabbau in Cottbus. Dazu kippten die Umweltaktivisten der Brandenburger Landesregierung einmal 20 Tonnen Kohle vor die Tür. Aktuell setzt sich Felix Herrmann in einer Landwirtschaftsgruppe unter anderem für Bienenschutz und gegen den Einsatz von Pestiziden in Nahrungsmitteln ein. „Mich zu engagieren ist für mich selbstverständlich“, sagt er. Positiver Nebeneffekt: Man lerne viele neue Dinge, treffe im Einsatz für eine gute Sache nette Leute und habe – trotz schwieriger Themen – oft jede Menge Spaß.
Mit kritischem Blick auf die Energiewirtschaft
Entwicklungen in der Energiewirtschaft sieht der 25-Jährige kritisch: „Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist nicht automatisch mit Umweltschutz gleichzusetzen“, sagt er. „Oft muss zwischen Umwelt- und Naturschutz abgewogen werden.“ So ließen sich zwar CO2-Emissionen durch Großprojekte wie Staudämme oder Windparks reduzieren, doch würden diese oft ohne Rücksicht auf die Natur in der Umgebung durchgesetzt. „Wir sollten anfangen, unseren Konsum zurückzufahren, und uns den Überfluss stellenweise einfach sparen“, sagt Herrmann.
Seine Zukunftspläne? Er will den Wandel selbst mit vorantreiben und gestalten. Der nächste Schritt soll jedoch erst einmal die Promotion in seinem Fachbereich sein. Anschließend strebt er den Weg in die freie Wirtschaft an. „Wir brauchen eine funktionierende, innovative Wirtschaft, die fair und nachhaltig innerhalb ökologischer Grenzen arbeitet“, sagt er. „Mein Ziel ist es, mich darin erfolgreich einzusetzen.“
Im Gegensatz zu Naturschutzstudentin Lena Nauland wählte Felix Herrmann ein klassisches Technikstudium. Dennoch gehen sie in dieselbe Richtung. Wie auch Verena Graichen, die unabhängig von ihren Studieninhalten den Reiz von Natur- und Umweltschutzthemen entdeckt hat. Die diplomierte Verwaltungswissenschaftlerin arbeitet am Öko-Institut, einer unabhängigen Forschungs- und Beratungseinrichtung im Energie- und Klimaschutz.
Techniker und Sozialwissenschaftler arbeiten zusammen
„Wir sind ein interdisziplinäres Team, zu dem natürlich Techniker, aber auch Sozialwissenschaftler und Juristen gehören“, erklärt sie. „Wir forschen zu Umweltthemen und beraten Umweltministerien oder EU-Kommissionen, aber auch die Industrie.“ Für die Arbeit im Umweltschutz sei die Wahl des Studienfachs nicht so entscheidend, sagt sie. „Wichtig ist zu studieren, was einem Spaß macht. Während der Studienzeit sollte man dann schauen, in welche Richtung man gehen will.“
Schon während ihres Studiums war die stellvertretende Vorsitzende des BUND Berlin ehrenamtlich im Umwelt- und Naturschutz aktiv. „Das hat mir später beim Berufseinstieg geholfen, denn ich hatte mir ein Netzwerk aufgebaut.“ Das Argument, man habe keine Zeit, sich für die Umwelt zu engagieren, lässt sie übrigens nicht gelten: „Für jedes Zeitbudget gibt es Möglichkeiten.“