Euro-Staaten

Der erbitterte Kampf des Imperiums um Wohlstand

| Lesedauer: 6 Minuten
Daniel Eckert

Foto: dpa

Europa handelt an den Aktienmärkten mit dem Versprechen auf Wohlstand. Peripherie-Anleihen locken mutige Anleger mit hohen Zinsen.

An den Kapitalmärkten tobt ein Kampf der Giganten. Auf der einen Seite stehen Investoren und Spekulanten, auf der anderen Seite eines der mächtigsten Imperien der Geschichte: die Europäische Union (EU). Dieses Staatengebilde ist auf den ersten Blick kaum als Imperium zu erkennen, denn es expandiert nicht mit Panzern und Armeen, sondern mit dem Versprechen auf Wohlstand.

Genau dieses Versprechen jedoch wird von den Märkten in Zweifel gezogen. Daher ist die Gegenwehr des Imperiums so erbittert – und auch daher steht bei diesem Kampf für Anleger so viel auf dem Spiel. Es geht um die Zukunft der Euro-Zone, den zu einem Währungsverbund zusammen geschlossenen Teil der EU.

Hedgefonds, Pensionskassen und andere Investoren sehen einen ganz bestimmten Zuschnitt der Währungsunion – und der sieht anders aus als der jetzige mit 17 Ländern von dem großen Deutschland bis zum kleinen Malta. Ausgetragen wird das Gefecht über die Anleihen-, Aktien- und Wechselkurse. Griechenland und auch Portugal sollten nach Meinung der Kapitalmarktakteure aus der Euro-Zone ausgestoßen werden.

Spekulationen auf das Auseinanderbrechen

Die Marktteilnehmer sehen die Euro-Zone zerbrechen (und manche wollen vielleicht ein wenig nachhelfen), Brüssel – die Zentrale des Imperiums – hingegen will die Länder der Währungsgemeinschaft zusammenhalten, „koste es was es wolle“, wie es EU-Währungskommissar Olli Rehn formulierte.

Anleger haben in den vergangenen Wochen auf leidvolle Weise erfahren, wie verheerend die Keilerei sein kann. Die Uneinigkeit der Europäer hat den Dax-Absturz von 2000 Punkten wesentlich mit ausgelöst. Auch die Kunden von Banken und Versicherungen bekamen es mit der Angst zu tun, mussten sie doch befürchten, dass die Euro-Schuldenkrise im schlimmsten Fall eine neue Finanzkrise auslösen kann .

Aktuell scheint sich die Waagschale zugunsten Brüssels zu senken. Planspiele für einen gehebelten und folglich finanzkräftigeren „Rettungsfonds“ EFSF und nicht zuletzt das klare Bekenntnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Euro-Zone in der jetzigen Form haben die Euro-Defätisten zurückgeschreckt.

Investoren lassen wieder Geld in die Währungsunion – auch in die Peripherie – fließen. Es sieht nach einem Waffenstillstand aus, auch und nicht zuletzt weil die stärkste Volkswirtschaft der Euro-Zone, Deutschland, in praktisch unbegrenzter Höhe für die Problemländer der Währungsunion einstehen wird. Zudem wird die Europäische Zentralbank (EZB) im Zweifelsfall immer wieder intervenieren, so scheint es.

Rentenpapiere werden wieder interessant

Setzt sich die Entspannung im Kampf zwischen dem europäischen Imperium und dem Markt fort, bietet das Anlegern Chancen. Denn das Aufeinanderprallen der beiden Kontrahenten hat bei vielen Rentenpapieren zu dramatischen Kurseinbrüchen geführt. Teilweise beurteilen die Experten die Notierungen als negativ verzerrt. Hier und da seien attraktive Einstiegsniveaus auszumachen.

Mitten in Europa gibt es Staatsanleihen , die vier, fünf oder gar acht Prozent Rendite abwerfen. Das kontrastiert eklatant mit den knapp zwei Prozent, die deutsche Regierungstitel bringen: Zwei Prozent werfen allerdings auch nur Bundesanleihen ab, die erst in zehn Jahren fällig werden.

Deutsche Schatzanweisungen mit zwei Jahren Laufzeit bringen hingegen weniger als 0,6 Prozent. Bei 2,6 Prozent Inflation bedeutet das Vermögensverlust. So ist es kein Wunder, dass sich mutige Investoren in den gescholtenen Peripherie-Ländern nach mehr Rendite umschauen. Denn sollte Brüssel am Ende die Oberhand behalten, sollte die befürchtete Welle von Staatspleiten und das Auseinanderbrechen der Euro-Zone ausbleiben, werden diese Schuldner Jahr für Jahr den Zins zahlen – und Anlegern schöne Erträge bescheren.

Hoffnungsträger Irland

Der große Hoffnungsträger ist Irland. Die 4,6-Millionen-Einwohner-Nation hat ebenso wie Griechenland und Portugal ein Hilfspaket in Anspruch nehmen müssen. Die Akteure schätzen jedoch die Chancen, dass Dublin die Wende zum Besseren schafft, als deutlich besser ein. Den Iren ist es gelungen, die Bedingungen für die Gewährung von Hilfsmitteln zu erfüllen. Von allen Problemstaaten liegt Irland bei der Konsolidierung des Budgets am meisten im Plan. Die Kapitalmärkte beeindruckt das.

Der Kontrast zu den Hellenen ist enorm: Bei griechischen Staatsanleihen ist inzwischen eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit für einen Zahlungsausfall eingepreist. Das zehnjährige griechische Papier hat allein seit Ende Juli ein knappes Drittel an Wert verloren. Praktisch kein Anleger geht davon aus, dass die rechnerisch 22 Prozent Rendite real sind. Erwartet wird ein Kapitalschnitt.

Ganz anders das zehnjährige irische Papier: Es hat im gleichen Zeitraum ein Fünftel an Wert gewonnen. Phänomenal ist die Wertentwicklung der zweijährigen irischen Anleihe: Die Rendite ist vom Rekordhoch bei 22,4 Prozent am 18. Juli auf zuletzt sieben Prozent gesunken. Das ging mit einer Rallye der Anleihen-Kurse einher, sie kletterten um 26 Prozent.

Einen Blick wert sind aus Sicht risikobereiter Investoren auch spanische Staatsanleihen. Spanien ist bei Reformen zwar längst nicht so weit wie Irland, zudem leiden Wirtschaft und Staatsfinanzen unter einer hohen Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent. Allerdings haben auch die Spanier unlängst ähnlich wie Deutschland eine Schuldenbremse beschlossen. Spaniens Anleihenrendite ist am Mittwoch erstmals seit langem auf unter fünf Prozent gesunken. Das Renditehoch lag im Juli noch bei 6,3 Prozent.

Vermögensexperten geben jedoch zu bedenken, dass die Peripherie-Papiere nicht so sicher sind wie die deutschen Bundesanleihen. Daher würden sie sich eben nur als Beimischung eignen. Den Kern sollten weiterhin deutsche Staatspapiere bilden.

Verbinden Sie sich mit unseren Morgenpost Online-Autoren auf Twitter.

Daniel Eckert twittert vor allem zur Entwicklung von Euro, Dollar, Gold und Yuan.