Zertifikate

In Krisenzeiten kommt es auf das richtige Timing an

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Thomas Koch

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Allzeithoch-Zertifikate geben den Anlegern Orientierung, wann sie an der Börse aussteigen können. Doch die Tücken stecken im Detail.

Dieser Gedanke geht derzeit vielen Anlegern durch den Kopf: "Hätte ich doch rechtzeitig verkauft." Seit Ende Juli sind Aktienindizes wie Dax oder Euro-Stoxx-50 um rund 20 Prozent gefallen. Das dadurch wieder einmal offensichtlich gewordene Problem des richtigen Timings beim Ausstieg wird von der Grundidee her von Zertifikaten mit "All-Time-High"-Funktion (ATH) gelöst.

Hauptmerkmal dieser Struktur ist die automatische Absicherung einmal erreichter Höchststände. Diese werden in der Regel bis zum Laufzeitende als Mindestrückzahlung eingefroren. Anleger werden damit bei einem späteren Kursrückgang so gestellt, als hätten sie tatsächlich zum idealen Zeitpunkt genau am Top verkauft.

Ganz so perfekt, wie das klingt, ließ sich die Idee in der Praxis bis jetzt aber nicht umsetzen. Bei den klassischen ATH-Zertifikaten der HypoVereinsbank zum Beispiel wird der Höchststand nicht täglich, sondern nur einmal im Monat festgestellt. Zudem partizipieren Anleger an der dann erzielten Performance nicht in vollem Umfang, sondern nur zu 82 bis 88 Prozent.

Weil zudem der Emissionszeitpunkt der drei noch laufenden Papiere recht ungünstig (relativ kurz vor einem starken Einbruch) war, konnten bislang noch keine Gewinne eingefroren werden. Der ATH-Mechnismus hat aber immerhin dazu geführt, dass sich die Verluste im Vergleich zum Euro-Stoxx-50 als Basiswert in Grenzen halten.

ATH-Zertifikate als Alternative

Bei dem im August 2012 fälligen Zertifikat ist eine Mindestrückzahlung von 95,71 Euro gesichert, sodass sich das Minus auf nur rund fünf Prozent belaufen wird, obwohl der Index sich seit Auflegung des Papiers fast halbiert hat (WKN: HV2AWC).

Eine Alternative zu diesen Klassikern bieten die mit einer Barriere versehenen ATH-Zertifikate. Hier sind die Konditionen auf den ersten Blick deutlich besser. So erfolgt die Einfrierung neuer Höchststände zum Beispiel täglich und/oder die Partizipationsrate liegt bei vollen 100 Prozent. Dafür gehen die normalerweise garantierten Mindestrückzahlungen aber automatisch verloren, sobald der Index während der Laufzeit unter die Barriere fällt. Dann wandelt sich das ATH-Produkt zum klassischen Indexzertifikat mit vollem Absturzrisiko.

Ein Beispiel, wie schmerzhaft diese Einschränkung sein kann, liefert der Ende 2006 aufgelegte "All Time High Bonus" der HypoVereinsbank. Im Optimalfall wäre hier der höchste Tagesschlusskurs des Euro-Stoxx-50 eingeloggt und bei Fälligkeit Ende 2012 ausgezahlt worden. Damit hätten Anleger trotz der Talfahrt des Index in den vergangenen Jahren einen Gewinn von immerhin gut 13 Prozent sicher.

Weil die Höchststand-Garantie aber an eine Barriere (40 Prozent Puffer) geknüpft war und diese bereits unterschritten wurde, orientiert sich die Rückzahlung jetzt ganz normal an der Indexentwicklung, was zu Verlusten von aktuell rund 50 Prozent führt (WKN: HV16HM). Besser gelaufen ist es bislang bei dem im Herbst 2005 von der Credit Suisse emittierten All Time High Zertifikat auf den Euroland-Index.

Anleger müssen Details beachten

Gut einen Monat vor Fälligkeit ist die damals bei 50 Prozent des Startwertes platzierte Barriere (1655,07 Punkte) immer noch unverletzt. Bleibt das so, ist der hier monatlich ermittelte Höchststand des Index für die Rückzahlung verantwortlich. Und der beschert den zu Beginn eingestiegenen Anlegern nach jetzigem Stand ein Plus von gut 35 Prozent, obwohl der Euro-Stoxx-50 unter dem Strich mit 35 Prozent im Minus liegt (WKN: CSFB2P).

Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert das jetzt ganz neu von der WestLB emittierte Easy-Bonus-Maximum-Zertifikat, das noch bis zum 7.Oktober zu 102 Euro gezeichnet werden kann. Die Höchststandsicherung erfolgt hier auf Basis der monatlich festgestellten Schlusskurse des Euro-Stoxx-50. An der da ermittelten Performance werden Investoren zu 100 Prozent beteiligt. Liegt der Index an einem der Stichtage zum Beispiel mit 20 Prozent im Plus, wird das Zertifikat zu mindestens 120 Euro zurückgezahlt.

Voraussetzung dafür ist allerdings wieder, dass die bei 50 Prozent des Startwertes liegende Barriere nicht verletzt wird. Allerdings wird das hier nicht während der kompletten Laufzeit geprüft, sondern ausschließlich am finalen Bewertungstag im Herbst 2016. Wenn der Index sich nach fünf Jahren also nicht mehr als halbiert hat, greift auf jeden Fall der ATH-Mechanismus. Zudem gibt es in diesem Fall mindestens einen Bonus von zwölf bis 17 Prozent, falls die eingefrorene Performance nicht höher liegt (WKN: WLZ4SV).

Fazit: All-Time-High-Zertifikate können beim Timing des Ausstiegs an der Börse eine wertvolle Hilfe sein. Allerdings haben alle bislang aufgelegten Produkte einen "Haken", weshalb Anleger immer ganz genau auf die Details achten müssen.