Wer der Heimat den Rücken kehren will, muss eine Menge Dinge bedenken und planen, damit Hoffnungen sich erfüllen.

Wer seine Zukunft in einem fernen Land vor Augen hat, denkt positiv: ein Neuanfang mit Wohnung, Job, Kontakten. Sprachkenntnisse sind notwendig, manchmal auch Impfungen, wenn das Ziel so richtig in der Ferne liegt. An Arbeitslosigkeit und Krankheit denkt niemand gern. Doch Auswanderer sollten sich mit ihrer persönlichen Absicherung und Finanzplanung befassen.

Auch wenn es gerade solch dröge Angelegenheiten sind, von denen sich Abenteuerlustige am liebsten für immer verabschieden würden. „Erschreckend viele Auswanderer – jung wie alt – kümmern sich vorher nicht um diese Fragen“, hat Torsten Janßen beobachtet, der für das Hamburger Raphaels-Werks Auswanderer und Rückkehrer berät. Das könne sich rächen, sagt er.

Gerade jetzt in der Krise gebe es viele, die ungeplant etwa aus Spanien oder Kanada zurückkehren müssten. Es sind ganze Familien, die am Rande der Pleite sitzen und nicht wissen, woher Geld für ihre Rückkehr kommen soll. „Ich weiß von keinem einzigen Fall, in dem es gelungen ist, das im Notfall nach dem deutschen Konsulargesetz mögliche Darlehen als Rückkehrhilfe tatsächlich zu bekommen“, sagt Janßen.

Gesundheitstourismus kann teuer werden

Gerade in Versicherungsfragen sollten es sich Auswanderer nicht zu einfach machen – ob junge Berufstätige, Ruheständler oder Arbeitnehmer. Für sie alle ist die Sozialversicherung ganz wichtig. „Nur wer mehr als 183 Tage an seinem deutschen Wohnsitz verbringt, kann weiter in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben“, betont Janßen.

Dies betrifft beispielsweise Arbeitnehmer in grenznahen Gebieten, die ihren Arbeitsplatz im Ausland haben und nur am Wochenende nach Hause pendeln. Auch viele Rentner, die ihren Wohnsitz in den sonnigen, spanischen Süden verlegt haben, riskieren ihren Versicherungsschutz. Denn gerade sie tun oft einfach so, als ob sie noch in Deutschland wohnten, erzählt Janßen. Das macht Sinn für sie, denn eine private Absicherung kommt gerade die Senioren teuer. Aber: „Wenn die Krankenversicherung feststellt: ‚Da kann etwas nicht stimmen, wenn der Versicherte ständig zum spanischen Arzt geht’, ist es zu spät“, stellt der Berater fest.

Schlimmstenfalls werden die Kosten nicht mehr übernommen. Immerhin könnten die Betroffenen dann zur Behandlung nach Deutschland fliegen. Logischerweise ist das umso schwerer zu organisieren, je weiter das Auswanderungsziel entfernt ist. Eine Auslandsreisekrankenversicherung bewahrt in diesem Fall nicht vor Zusatzkosten.

Weiterversicherung prüfen

Berufstätige haben ohnehin keine Wahl: „Sie scheiden aus dem Sozialversicherungssystem aus“, sagt Janßen. Beiden Auswanderergruppen rät er, sich vorab bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung im Ausland zu informieren. „Die prüfen und beraten, was man am besten tun sollte.“ Berufstätige sollten zudem klären, was sie erwartet, wenn sie ihren Job verlieren – das „Merkblatt 20“ der Bundesagentur für Arbeit enthält hierzu Hinweise. Wer Informationen über das jeweilige Land gibt, darüber informiert das Raphaels-Werk oder auch die Informationsstelle für Auswanderer und Auslandstätige des Bundesverwaltungsamts.

Klären sollten Berufstätige auch, was beim Ende des Jobs mit ihrem Aufenthaltsstatus geschieht. „In manchen Ländern erlischt die Aufenthaltserlaubnis mit dem Verlust des Arbeitsplatzes“, erläutert Janßen. Andere Länder gewähren eine Schonfrist.

Wer auswandern will, denkt meist nicht an eine Rückkehr ins Heimatland. Doch ganz so unbesorgt sollte niemand von dannen ziehen – und schon gar nicht sollte man sich darauf verlassen, dass alles schon so weiterlaufen wird, wie es war, wenn man Jahre später doch zurückkommt. Oft ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld in Deutschland bereits erloschen, wenn ein Arbeitnehmer nach vielen Jahren ohne Job wieder zurückkehrt. Wer bei einer möglichen Rückkehr nicht von Hartz IV leben will, sollte dies bedenken.

Es ist allerdings möglich, freiwillig weiter in die deutsche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen, wenn man für längere Zeit ins Ausland geht. Auswanderer-Berater Janßen hält dies für sinnvoll, ebenso bei der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung dagegen findet er verzichtbar: „Schließlich wird jeder Rückkehrer seit einiger Zeit wieder aufgenommen.“ Auch in die Rentenversicherung können Auswanderer freiwillig weiter einzahlen, aber eine private Altersvorsorge könnte sich als günstiger erweisen – das sollte man vorher gut durchrechnen.

Ihre bislang erworbenen Ansprüche sollten sich Auswanderer vorab von der Deutschen Rentenversicherung Bund ausrechnen lassen. Immerhin können hier erworbene Ansprüche nicht verloren gehen. Für die gesetzliche Unfallversicherung hingegen müssen Auswanderer Ersatz finden – sie erlischt.

Überblick über die Ansprüche verschaffen

Wer sich einen Überblick über die verschiedenen Sozialversicherungssysteme verschaffen will, sollte einen Blick in die so genannten MISSOC-Tabellen der Europäischen Kommission oder den Sozial-Kompass Europa des Bundesarbeitsministeriums werfen. Wer mit seiner Familie auswandert, muss klären, wie es mit einer eigenen Arbeitserlaubnis und den nötigen Versicherungen aussieht. Und natürlich wie es um Schule und Betreuung für die Kinder steht.

Was mit privaten Versicherungsverträgen geschehen soll, private Haftpflicht- oder Lebensversicherung ebenso wie Kranken- und Pflege- oder Krankenzusatzpolice, müssen Auswanderungswillige mit der jeweiligen Gesellschaft klären. „Sehr wichtig ist zum Beispiel bei einer privaten Krankenversicherung die Frage einer erneuten Gesundheitsprüfung bei der Rückkehr“, sagt Janßen.

Einige Mieten als Reserven sind schon nötig

Richtig ins Geld gehen kann auch eine falsche Entscheidung darüber, ob man die Wohnung auflöst oder den Hausrat mitnimmt. Wer darüber nachdenkt, sollte sich ein unverbindliches Angebot einer Umzugsfirma kommen lassen. Und anschließend auch Zollfragen klären – etwa für mitgebrachten Hausrat, aber auch für Bargeld oder Haustiere.

Um mit ihren Rücklagen und dem im Ausland verdienten Geld rechnen zu können, müssen Auswanderer sich mit dem Steuersystem des Einwanderungslandes befassen. „Oft erscheint das Gehalt sehr hoch, schrumpft aber netto unerwartet stark zusammen“, erläutert Janßen. Ein vielleicht knapper Puffer ist dann rasch verbraucht. Den aber brauchen Auswanderer. „Einige Mieten und die Reserve für eine mögliche Rückkehr sollten Auswanderer stets haben“, empfiehlt der Berater des Raphels-Werks.

Anlaufstellen für Auswanderer