Berlin. Schlechtere Geschäfte, Schwierigkeiten mit Lieferketten oder Herausforderungen beim Zahlungsverkehr: Seit gut drei Wochen führt Russland Krieg gegen die Ukraine und die Auswirkungen kommen immer stärker bei der Wirtschaft in Berlin an. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner hervor. Die Berliner Morgenpost konnte die Ergebnisse der Befragung vorab einsehen.
Demnach meldeten 30 Prozent der befragten Firmen, dass sie von Produktionsengpässen betroffen seien, weil es durch die Krise Liefereinschränkungen bei Rohstoffen, Zulieferteilen oder in der Logistik gebe. Ein Drittel erwartet Auswirkungen infolge der EU-Sanktionen und dem Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen SWIFT-System. Knapp ein Fünftel der teilnehmenden Berliner Unternehmen gab an, schon jetzt Folgen bei den Umsätzen zu spüren. Eine Firma nannte sogar Umsatzeinbußen in Höhe von mehr als 20 Prozent. Die Umfrage, an der sich Entscheider von 117 Berliner Firmen beteiligten, fand zwischen dem 4. und dem 15. März statt.
Berlin Partner: Auswirkungen des Überfalls auf die Ukraine längst auch in Berlin zu spüren
Berlin-Partner-Chef Stefan Franzke nannte die ersten Ergebnisse der Umfrage „bedrückend“. „Die Lage ist nicht dramatisch, aber es wird doch einmal mehr deutlich, dass die Auswirkungen des Überfalls auf die Ukraine längst auch in Berlin zu spüren sind“, erklärte er. Franzke lobte auch die Firmen, die nun Anteil an der Vielzahl von Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet nehmen und helfen. „Weit mehr Unternehmen, als die, die an der Umfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen teilgenommen haben, fragen, wie sie helfen und unterstützen können. Einmal mehr kann Berlin die Stadt der Freiheit sein und ein Beispiel geben für die friedvolle Beilegung von Konflikten“, so Franzke weiter. Das Großrussische Reich, das sich Wladimir Putin herbeifantasiere, sei auch in dieser Stadt, mit der Berliner Mauer gefallen.
In der Umfrage nannten Unternehmen auch unterschiedliche Befürchtungen mit Blick auf die weitere Entwicklung der Krise und deren Folgen in Berlin. Vielfach stand dabei die Energieversorgung im Mittelpunkt. „Die aktuelle Entwicklung der Energiepreise führt zu massiven Verwerfungen, weil diese Preisentwicklung nicht in der gleichen Geschwindigkeit an die Kunden weitergegeben werden kann. Dafür benötigt es temporäre Hilfen, um die Existenz der Unternehmen zu sichern“, sagte etwa ein Unternehmer.
Weitere negative Folgen werden durch Ausfälle von Lieferanten, geringe Umsätze sowie durch Projekt- und Zahlungsverzögerungen erwartet. Laut der Befragung erwarten viele Unternehmen auch, dass es durch den Staat eine Abfederung dieser Kosten gebe.
Berliner Firmen sorgen sich mit Blick auf Lieferketten und Energie und sind bereit, Geflüchtete einzustellen
Von einem Holzunternehmen hieß es: „Wir beziehen einige Sortimente unseres Rohstoffes Holz zu großen Teilen aus der Ukraine (…). Wir sind in diesen Bereichen inzwischen von der Rohstoffversorgung abgeschnitten und erwarten daher große Probleme bei der Palettenproduktion. (…) Auf der anderen Seite exportiert Deutschland wieder Schnittholz in großem Stil hauptsächlich nach Amerika. Die Versorgung der heimischen Wirtschaft muss Vorrang vor dem Export haben.“ Ein Automobilzulieferer beklagte, dass Hersteller vor massiven Lieferproblemen stehen würden. Daraus ergebe sich für seinen Betrieb wohl eine „signifikante Stornierungen von Bestellungen“, so der Firmenchef.
Positive Zeichen von den Unternehmern gab es für eine etwaige Eingliederung ukrainischer Flüchtlinge auf dem hiesigen Arbeitsmarkt. Dafür sollte es pragmatische Möglichkeiten geben, hieß es. „Wir sind sofort bereit, entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen“, so ein Betrieb.
Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) hatte kurz nach Beginn des russischen Überfalls erklärt, er erwarte, dass dadurch der Handel Berlins mit Russland weiter gebremst werde. Gleichzeitig verwies er darauf, dass Russland mit einem Anteil von 2,8 Prozent der Berliner Exporte nur noch auf Platz 11 der Ausfuhrländer stehe. Die Ukraine folgt auf der Rangliste der Berliner Handelspartner noch deutlich später.