Berlin. Mit beispiellosen Einschnitten hat die Bundesregierung auf die Corona-Krise reagiert. Um Menschenleben zu retten, geht es der Wirtschaft an den Kragen: Alle Geschäfte, die nicht der Versorgung dienen, mussten schließen, Kultur- und Sportstätten sind genauso dicht wie Schulen und Kitas, Grenzschließungen und Einreisestopps haben die Tourismusbranche nahezu lahmgelegt.
Was Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen vor Überlastung bewahren soll, führt damit zu neuen Problemen: Die deutsche Wirtschaft ist im Abschwung, Unternehmen können Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen, Selbstständigen brechen die Aufträge weg, Arbeitnehmer gehen in Kurzarbeit oder verlieren ihre Jobs.
Rezession wegen Corona – wie schlimm wird es?
Ökonomen rechnen mit einer der schlimmsten Rezessionen in der Geschichte der Bundesrepublik, stellen aber auch klar, dass derzeit noch zu viel Unsicherheit herrsche, um präzise Vorhersagen zu treffen. Denn die Tiefe der wirtschaftlichen Folgen hängt unmittelbar mit der Dauer und Härte der weiteren Maßnahmen zusammen.
In einem Sondergutachten unterstellen Deutschlands „Wirtschaftsweisen“, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, einen fünfwöchigen Shutdown mit anschließender kurzer Erholungsphase. Träfe das ein, würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands 2020 um 2,8 Prozent schrumpfen, 2021 aber wieder um 3,7 Prozent wachsen.
Dauert der Shutdown länger, droht nach Ansicht der „Wirtschaftsweisen“ ein tieferer Einbruch von etwa 5,4 Prozent. Ein Horror-Szenario, bei dem das BIP zweistellig einbrechen könnte, schließen die Experten nach aktuellem Stand aus.
Zum Vergleich: 2009 war Deutschlands BIP wegen der Finanzkrise um 5,7 Prozent eingebrochen, 2010 und 2011 gelang aber wieder ein Zuwachs um 4,2 und 3,9 Prozent.
Eine schnelle und nachhaltige Erholung hält das Beratergremium der Bundesregierung für wahrscheinlich, weil die Rezession eine im Kern gesunde Ökonomie treffe. Es gebe „keine massiven strukturellen Verwerfungen“, sagt etwa Volker Wieland, einer der drei Top-Ökonomen. „Es ist nicht wie in einem Krieg, wo der Kapitalstock zerbombt wäre und die Arbeiter an der Front sind.“
Was bedeutet eine Rezession konkret für die Bürger?
Welche wirtschaftlichen Folgen die Corona-Krise für die Bürger genau hat, kann derzeit nicht seriös beantwortet werden – zumal verschiedene Branchen unterschiedlich stark betroffen sind. Was man aber sagen kann, ist, welche allgemeinen Folgen eine Rezession in der Regel nach sich zieht. Diese sind:
- Rückgang der Nachfrage
- überfüllte Lager
- Abbau von Überstunden und beginnende Kurzarbeit
- Entlassung von Arbeitskräften
- ausbleibende Investitionen
- teilweise Stilllegung von Produktionsanlagen
- stagnierende oder sinkende Preise, Löhne und Zinsen
- fallende Börsenkurse
Auch in der Corona-Krise sind mehrere dieser Folgen bereits eingetreten. So gingen etwa die Börsenkurse weltweit in den Keller. Firmen wie Volkswagen und Daimler setzten Teile ihrer Produktion aus, Restaurantketten wie Vapiano oder Maredo sind insolvent. Nach Einschätzung von Experten könnte das Coronavirus bis zu 1,8 Millionen Jobs kosten. Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zufolge steht jede fünfte Firma wegen der Corona-Krise vor dem Aus. Und laut Arbeitsminister Hubertus Heil planen 76.700 Betriebe Kurzarbeit.

Einen Nachfrage-Rückgang und dadurch sinkende Preise erleben aber längst nicht alle Branchen: Warum Lebensmittel nun doch teurer werden könnten. Von vollen Lagern kann bei Produkten wie Atemschutzmasken und sonstiger Schutzkleidung auch keine Rede sein. Und gerade systemrelevante Berufsgruppen wie Ärzte, Pfleger oder Kassierer ächzen unter zu viel statt zu wenig Arbeit. Diese Branchen sind die Gewinner der Epidemie.
Was passiert bei einer Rezession mit meinem Geld?
Auch das hängt natürlich stark vom Einzelfall ab. Ist man etwa bei einem Unternehmen angestellt, das die Krise schwer trifft, drohen Gehaltseinbußen, da die Firma auf Kurzarbeit umstellen könnte. Was man jetzt über Kurzarbeit wissen muss. Arbeitet man hingegen im Supermarkt oder Discounter, kann man sich derzeit über Bonuszahlungen freuen.
Wer in den vergangenen Jahren Geld an der Börse angelegt hat, muss nur dann in Panik geraten, wenn er keine langfristige Strategie gewählt hat – was bei Aktienanlagen aber grundsätzlich gelten sollte. Angst ums Geld wegen Corona – was Anleger jetzt tun sollten.
Dramatisch ist die Krise vor allem für Solo-Selbstständige und Freiberufler. Für sie hat der Staat Corona-Hilfen beschlossen. Bis zu 15.000 Euro: Wie Solo-Selbstständige an Geld kommen. Aber auch Mieter und Hartz-IV-Empfänger sollen Zuschüsse erhalten. So bekommt man die Corona-Hilfsgelder der Regierung.
Steigt in der Rezession die Arbeitslosigkeit, könnte das eigene Geld allerdings auch etwas mehr wert werden. Denn bei geringerer Beschäftigung wird in der Regel weniger gekauft, wodurch sich weniger Geld im Wirtschaftskreislauf befindet – und das wiederum lässt die Inflation und damit auch die Preise sinken. Allerdings gilt auch das nicht überall.
Was passiert mit Immobilien in der Rezession?
Ökonomen vermuten, dass der Anstieg der Immobilienpreise gedämpft wird, weil potenzielle Käufer um ihre Jobs bangen oder ein geringeres Einkommen erwarten. Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), erwartet eine Stagnation der Preise oder leichte Rückgänge.
Und auch für Vermieter seien die rosigen Zeiten vorbei. Können Mieter wegen der Krise nicht mehr zahlen, dürfen sie zunächst nicht mehr gekündigt werden, weitere Mietsteigerungen sind ohnehin nicht mehr drin. Viele Experten glauben: Die Corona-Krise bedeutet das Ende des Immobilienbooms.
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(mit dpa)