Berlin. Raed Saleh hat schwierige Tage hinter sich. „Ich bin lieber bei Ihnen als bei Krömer“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende den Gästen beim Frühstück der IHK am Mittwochmorgen im Stilwerk an der Kantstraße. In der TV-Sendung „Chez Krömer“ (RBB) hatte sich der designierte Co-Landeschef der Berliner SPD vergangene Woche veritabel blamiert.
Vor den Unternehmern lief es etwas besser, auch wenn die meisten Wirtschaftsvertreter und der Sozialdemokrat nicht mehr wirklich Freunde werden. Schon allein der auch an diesem Morgen vielfach artikulierte Ärger über den rot-rot-grünen Mietendeckel und den schleppenden Neubau sorgt nach wie vor für Verstimmung. Da half es auch nicht, dass Kammer-Hauptgeschäftsführer Jan Eder als Moderator sich mit ironischem Unterton bedankte, dass er künftig in Charlottenburg 700 Euro Monatsmiete sparen werde.
Von der Mietensenkung hält Saleh nicht so viel
Saleh machte deutlich, dass er persönlich von den Mietsenkungs-Regeln des Senats eher wenig hält. Stattdessen setzt er auf den ursprünglich von der SPD angestoßenen Mietendeckel-Plan, der die Mieten für fünf Jahre einfrieren soll.
Saleh gab sich Mühe, sich und seine designierte Vorsitzenden-Kollegin Franziska Giffey als Alliierte der Wirtschaft darzustellen. „Danke für die Arbeitsplätze und das Engagement“, schmeichelte der SPD-Mann. Er sei ja seit er 25 Jahre alt ist selbst Unternehmer, sagte der Spandauer, der in seinem Bezirk zwei Firmen für Online-Druck gegründet hat. Giffey und er seien sich einig: Die wichtigsten Themen für Berlin seien Wirtschaft, Umwelt, Mobilität für alle und die soziale Gerechtigkeit. Um das zu verdeutlichen, will das Duo in den kommenden Wochen verschiedene gemeinsame Termine absolvieren. Den Auftakt macht am Freitag ein Besuch im BMW-Motorradwerk in Spandau.
In der ersten Reihe vor Saleh saß hoher Besuch, der das gern gehört haben dürfte. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK)) und Chef des Entsorgers Alba, Eric Schweitzer, war gekommen. Er gilt als einer, mit dem sich Saleh über Wirtschaftsfragen austauscht.
Die Stadt müsse bezahlbar bleiben, so Saleh. Er bekannte sich ausdrücklich dazu, die Kitagebühren ebenso abgeschafft zu haben wie die Hortgebühren für die ersten zwei Schuljahre oder die Zuzahlung für Eltern zum BVG-Schülerticket. Es gehe ihm auch darum, die Leistungsträger zu entlasten, die jeden Tag arbeiten gingen und die Stadt voranbrächten. Mehrfach verwies Saleh auf die Notwendigkeit, die verschiedenen Interessen in der Gesellschaft auszugleichen. Als Beispiel nannte er eine Idee für den Umgang mit Kleingärten. Um Bauland für Wohnungen zu gewinnen, sollten die Kleingärtner wo es möglich ist zusammenrücken und kleinere Parzellen bewirtschaften. Im Gegenzug stellte er eine Garantie für den Erhalt der Grünflächen in Aussicht.
Um sich von den Koalitionspartnern Linke und Grüne abzuheben, erwähnte Saleh die künftigen Baulandpotenziale, die seine Partei schon lange heben möchte. So sei eine „behutsame Randbebauung des Tempelhofer Feldes“ ebenso auf der Agenda wie die Erschließung der Elisabeth-Aue in Pankow.
Stets hob Saleh seine Nähe zu Giffey hervor. Dabei machte der Fraktionschef deutlich, wie die Rangordnung im Vorsitzenden-Duo ist: „Franziska ist die Nummer eins“, sagte Saleh und ließ sich auch nicht auf eine vom Moderator Eder versuchte Debatte ein, was passiere, wenn die Bundesfamilienministerin eben doch im Bund bleibe und er womöglich Regierender Bürgermeister werden wolle. Bisher gehe es nur um den SPD-Landesvorsitz, machte Saleh klar, obwohl alle im Saal wussten, dass er natürlich auf eine Spitzenkandidatur Franziska Giffeys bei der Wahl im Herbst 2021 hinarbeitet.
CDU und FDP zählt er doch zu den demokratischen Parteien
Und auch zum Streitthema der vergangenen Woche lieferte Saleh einige Klarstellungen. Der SPD-Politiker hatte harte Kritik auch in den eigenen Reihen auf sich gezogen, weil er nach der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD den Liberalen und Christdemokraten vorgehalten hatte, nicht „uneingeschränkt zur Demokratie und zum Grundgesetz“ zu stehen. Eine Entschuldigung für diese Worte fand Saleh auch vor den Unternehmern nicht.
Aber er korrigierte sich indirekt. „Alle demokratischen Parteien FDP, CDU, Linke, Grüne und SPD sind aufgefordert, an einem Strang zu ziehen“, sagte Saleh. Und fügte hinzu: „Ich hoffe, ich habe jetzt niemanden vergessen.“ Der Grundkonsens gegen den Rechtspopulismus müsse lauten: „Nie wieder.“ Und da klatschten die Unternehmer bei der IHK dem Sozialdemokraten doch noch spontan Applaus.