Berlin. Die Konjunktur trübt sich laut einer IHK-Umfrage deutlich ein. Ein wesentlicher Grund sei die Wirtschaftspolitik des Senats, heißt es.
Die Berliner Wirtschaft reagiert zunehmend verschnupft auf die derzeitige Wirtschaftspolitik des Senats. Das geht aus der neuen Konjunkturumfrage von Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer hervor, die am Freitag vorgestellt wurde. Demnach sehen 67 Prozent der Firmen in der deutschen Hauptstadt die derzeitigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen der rot-rot-grünen Koalition als größtes Risiko für ihre weitere unternehmerische Entwicklung an.
„Die Party ist vorbei, die Konjunktur stürzt ab. Es geht steil nach unten“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK, Jan Eder. Indikator für die Stimmung in der Berliner Wirtschaft ist der sogenannte Geschäftsklimaindex. Laut Umfrage ist der Wert innerhalb eines Jahres von 143 auf aktuell 119 Punkte gesunken. Damit sei die Laune der Unternehmen so schlecht wie seit 2009 nicht mehr. Damals steckte die Berliner wie auch die internationale Wirtschaft ein Jahr nach der Pleite der Bank Lehman Brothers mittendrin in der weltweiten Finanzkrise.
Eder sagte, er sehe zu der damaligen Lage Parallelen. Die Wirtschaft habe mit Blick auf die Politik auch eine Vertrauenskrise. Firmen, die auch auf internationalen Märkten tätig sind, seien durch Handelskriege, aber auch durch den bevorstehenden Brexit betroffen. In Berlin hingegen seien die Probleme hausgemacht. Anstatt gute Wirtschaftspolitik zu machen, habe der Senat beschlossen, den Mietendeckel einzuführen und über mögliche Enteignungen diskutiert. „Unternehmen sorgen sich, welche unternehmerische Freiheit nun als nächstes beschnitten werden soll“, sagte der Kammer-Geschäftsführer.
Senat will energieeffiziente Sanierungen fördern
Stimmungen seien zwar wichtig, sollten aber den Blick nicht trüben, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) der Berliner Morgenpost. Die Zahlen seien deutlich, entgegnete die Politikerin auf die Stimmungsumfrage von IHK und Handwerkskammer. „Berlin bleibt unangefochten Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum. 2019 wird Berlin mit 1,9 Prozent das sechste Jahr in Folge deutlich stärker als der Bund wachsen“, betonte Pop. Manch anderes Bundesland verzeichne hingegen bereits Nullwachstum. Berlin aber könne sich trotz des schwierigeren konjunkturellen Umfeldes gut behaupten, auch wenn sich die Konjunktur durch den Brexit und Handelskonflikte insgesamt eintrübe.
Die Senatorin betonte, die Sorgen der Unternehmen in Berlin ernst zu nehmen. „Als Land sichern wir mit dem Jahrzehnt der Investitionen Rekordinvestitionen, das füllt die Auftragsbücher des Handwerks langfristig. Für Sanierung zur energetischen Effizienz von Mietshäusern unter dem Mietendeckel wird der Senat weitere Förderprogramme auflegen“, kündigte Pop an.
Handwerker rechnen wegen des Mietendeckels mit Millionenverlusten
Das Bau- und Immobiliengewerbe kann die Ankündigung der Senatorin zunächst aber nicht beruhigen. Insbesondere die Unternehmen in diesem Segment schauen äußert skeptisch in die Zukunft. Die Erwartungen mit Blick auf die Entwicklung des Geschäfts fielen laut Umfrage sehr deutlich um 27 Punkte auf derzeit - 7 Zähler. Allein die Diskussion um den Mietendeckel habe in der Baubranche eine „Schneise der Verwüstung“ geschlagen, sagte Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Jürgen Wittke. Viele Firmen rechneten wegen der vom Senat beschlossen Mietpreisregulierung mit Umsatzverlusten in Millionenhöhe, so Wittke.
Derzeit allerdings bemerke zumindest das Handwerk eine Konjunktur-Delle noch nicht. Die sogenannte Auftragsreichweite lag im Herbst bei 11,3 Wochen – und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Die Kapazitätsauslastung liege momentan laut Umfrage bei rund 90 Prozent. In den Bereichen Ausbau- und Bauhauptgewerbe gehen allerdings weniger Unternehmen davon aus, dass ihr Auftragsvolumen in den kommenden Monaten noch steigen könnte. Zehn Prozent der Ausbauhandwerker und fünf Prozent der Bauhaupthandwerker haben sogar bereits einen Rückgang an Aufträgen notiert.
Nur noch jede vierte Firma will Personal aufbauen
Die konjunkturelle Krise habe laut Umfrage auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Beschäftigten in den Berliner Betrieben. Der Beschäftigungsaufbau werde zwar weitergehen, aber deutlich an Fahrt verlieren, sagte IHK-Chef Eder. Nur noch jedes vierte Unternehmen in Berlin plant Neueinstellungen. Im vergangenen Jahr war es noch jedes dritte. Der Anteil der Firmen, die Personal abbauen wollen, nahm hingegen von 9 auf 14 Prozent zu. Auch die landeseigene Investitionsbank (IBB) hatte Anfang Oktober bereits davor gewarnt, dass wegen des Mietendeckels „bis zu 2400 Beschäftigten des Bauhauptgewerbes und 2800 Stellen des Ausbaugewerbes“ der Verlust des Arbeitsplatzes drohe.
Angesichts der sinkenden Geschäftserwartungen sind laut Konjunkturumfrage auch die Investitionen der Berliner Firmen deutlich rückläufig. Die Investitionslaune der Unternehmen sank von 38 Zählen im Frühjahr auf nun nur noch 18 Zähler.