Berlin. Volle zweieinhalb Tage im Jahr verbringt der Berliner laut Verkehrsanalyse-Unternehmen Inrix durchschnittlich mit der Suche nach einem freien Parkplatz. Während im Bundesdurchschnitt die Autofahrer 41 Stunden mit der Parkplatzsuche beschäftigt sind, kurven die Hauptstädter noch 21 zusätzliche Stunden suchend durch die Kieze. Um dieser Zeitverschwendung Einhalt zu gebieten, werben Online-Anbieter damit, per App Abhilfe zu schaffen. Unsere Redaktion hat im Selbsttest acht Anwendungen unter die Lupe genommen.
ParkU: Nah und günstig einen Parkplatz am Kurfürstendamm finden – das ist das Ziel der Parkplatzsuche, die mit dem Berliner Start-up ParkU beginnt. Damit sollen auch an der Straße Parkplätze gemietet werden können. In Charlottenburg klappt das aber nicht. Dafür lassen sich in einigen Parkhäusern freie Plätze reservieren. Die Buchung ist in wenigen Schritten erledigt, mittels QR-Codes soll sich die Schranke eines Parkhauses an der Meinekestraße öffnen lassen. Eine Stunde kostet einen Euro. Doch am Parkhaus angekommen, reagiert der Scanner nicht auf den QR-Code, die Schranke bleibt verschlossen. Bezeichnend: Der im Gebäude ansässige Discounter wirbt bei Einkauf mit freiem Parken. Das klappt: Der Erwerb einer 17 Cent teuren Banane erwirkt, was ParkU nicht schafft: die Schranke zu öffnen. Immerhin: Die Erstattung der Gebühr klappt reibungslos, der Kundendienst ist sehr hilfsbereit.
EasyPark: Deutlich besser funktioniert das Parken mit dem schwedischen Anbieter EasyPark. Zwar hängt die kostenlose App ab und an, dafür zeigt sie farblich gekennzeichnet an, wie hoch die Chancen in den Straßen sind, einen freien Parkplatz zu finden. In der Schaperstraße neben der Universität der Künste schätzt die App die Chancen auf einen freien Parkplatz als gut ein – die Prognose bewahrheitet sich, prompt wird ein Parkplatz gefunden. Anschließend lässt sich auf die Minute festlegen, wie lange man parken möchte. Für jeden Parkvorgang werden 49 Cent Servicegebühr berechnet – teuer für Kurzparker, aber ein attraktives Modell, wenn man länger seinen Wagen abstellen möchte. Alternativ gibt es ein Flatrate-Angebot für 4,99 Euro im Monat.
Parkopedia: Eine einfache Handhabung bietet Parkopedia. Das Londoner Unternehmen zeigt in seiner App Parkhäuser und Parkplätze an. Ein großes Plus der App ist die Kostentransparenz. In einer Karte werden die Parkplätze in der Umgebung direkt mit dem fälligen Preis für eine Stunde gekennzeichnet. Auch können über die Filtereinstellungen kostenfreie Parkplätze und Park&Ride-Anlagen angezeigt werden. Die Premium-Version für 5,49 Euro zeigt die verfügbaren Kapazitäten an. Unterschieden wird dabei zwischen einer „hohen“, „mittleren“ und „niedrigen“ Kapazität. Allerdings können online keine Tickets gebucht werden.
Parkpocket: Das bayerische Start-up Parkpocket, das zum Reifenhersteller Continental gehört, überzeugt durch seine einfache Bedienung. Die Optik ähnelt der von Parkopedia, allerdings können weder Kapazitäten angezeigt noch Tickets gebucht werden.
ADAC ParkInfo: Auch der ADAC kann mit seiner App nicht weiterhelfen. Die 1,59 Euro teure App zeigt durch farbliche Markierungen an, wie voll die Straßen bis zum nächsten Parkplatz sind. Doch bei den Stellplätzen und Parkhäusern fehlen fast immer die Informationen. Eine klare Fehlinvestition.
Ampido: Die Kölner Firma Ampido ist eine Art Parkplatz-Airbnb. Anbieter können ihre Flächen vermieten, Suchende erhalten die Parkplätze in der Nähe angezeigt. Von der Idee her ist das super. Die Praxis sieht aber wie folgt aus: Das nächstgelegene Parkhaus ist 240 Meter entfernt, das zweitnächste bereits 3,6 Kilometer weit weg, und Treffer Nummer drei liegt auf der Fischerinsel in Mitte – gänzlich ungeeignet für einen Einkauf am Kurfürstendamm. Die Buchung für das 240 Meter entfernte Parkhaus klappt problemlos. Doch vor Ort beginnt eine Suche. Im Parkhaus ist eine Schlüsselbox installiert, die eine Parkkarte beinhaltet. Nachdem diese gefunden ist, lässt sich die Schranke öffnen. Die für Ampido reservierten Parkplätze befinden sich ganz oben, jede Etage muss einzeln durchquert werden. Zehn Minuten der Parkzeit gehen so allein dafür weg, um zum Parkplatz zu kommen.
PayByPhone: Der vor zweieinhalb Jahren von Volkswagen gekaufte kanadische Anbieter PayByPhone bietet eine Online-Buchung von Parkplätzen an – sofern welche gefunden werden. Denn freie Kapazitäten kann die App nicht anzeigen. Hat man aber einen freien Parkplatz ergattert, lässt sich der Stellplatz problemlos buchen. Eine Notiz oder eine zum Download verfügbare Vignette muss als Hinweis vor die Windschutzscheibe gelegt werden. Die Parkgebühr wird exakt abgerechnet, dazu kommen zehn Prozent Servicegebühr. Die Premium-Version für 1,99 Euro im Monat verspricht das Öffnen von Parkschranken in Hotels. Das Upgrade ist schnell erledigt, und als nächstgelegenes Hotel wird das Waldorf Astoria angezeigt. Spontanes Parken im 5-Sterne-Luxushotel? Klappt nicht, die Schranke bleibt zu. Stattdessen wird auf eine Karte verwiesen, nähere Informationen gibt es in der App nicht. Erst auf der Homepage wird man fündig – die Karte kommt per Post, das kann aber bis zu zehn Tage dauern.
ParkNow: Auch mit dem von BMW und Daimler betriebenen Joint Venture ParkNow ist die Online-Parkplatzbuchung möglich. Die Anmeldung ist kompliziert, es wird mit der ParkNow-Zugangskarte für Parkhäuser geworben. Kostenpunkt: 2,69 Euro. Erst auf der unübersichtlichen Webseite wird klar, dass diese aber nur Schranken in Stuttgart und München öffnet. Punkten kann die App dagegen beim Parkvorgang. Zwar zeigt auch ParkNow keine freien Flächen an, dafür sind die Kosten für verschiedene Bereiche farblich gekennzeichnet. Wer einen Parkplatz am Straßenrand gefunden hat, kann einen Parkvorgang starten und legt eine ausdruckbare Vignette hinter die Windschutzscheibe. Bei Rückkehr zum Fahrzeug muss der Vorgang via App nur beendet werden und wird minutengenau abgerechnet, zuzüglich 25 Cent Gebühr.
Fazit: Keine der getesteten Apps fand gezielt freie Parkplätze am Straßenrand. Daniel Göhring, Juniorprofessor am Dahlem Center für Maschinelles Lernen und Robotik, wundert das nicht: „Bei Staus liest beispielsweise Google Verkehrsdaten aus Smartphonedaten aus und bietet mit Google Maps Alternativrouten an. Davon profitieren wir bereits. Bei der Parkplatzsuche ist es deutlich schwieriger, da es noch keine Apps gibt, die dynamische Daten wie freie Parkplätze am Straßenrand auswerten“, sagt Göhring. Er schätzt, dass es noch drei bis fünf Jahre dauern werde, ehe freie Parkplätze am Straßenrand zielgerichtet erfasst werden können. Auffällig beim Test: Keine der Apps war per Sprachfunktion steuerbar, zur Parkplatzsuche per Tippen braucht es also stets einen anderen Halte- oder Parkplatz.