Antananarivo/Johannesburg. Liebhaber von Vanille müssen weiterhin mit höheren Preisen für das Gewürz rechnen. Von Erzeugern aus Madagaskar, die nach Schätzungen knapp vier Fünftel des Weltbedarfs an Vanille produzieren, werden geringere Ernten erwartet.
„Wir erwarten eine Ernte mit einer 20 bis 25 Prozent geringeren Menge als im Vorjahr“, sagte der Chef von Madagaskars Vanille-Exportverband, Georges Geeraerts, in einer ersten Einschätzung zu Erträgen im weltgrößtem Vanille-Anbaugebiet. Er schließt demnach leicht höhere Erzeugerpreise nicht aus. Die in den letzten Jahren angestiegenen Preise führten immer häufiger zu Diebstählen – und damit auch zu früheren Ernten der Bauern, die Dieben damit zuvorkommen wollen – und von denen viele um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten.
Der Vanille-Preis steigt damit seit fünf Jahren kontinuierlich und gehört schon heute zu den teuersten Gewürzen der Welt. Nur für Safran wird derzeit noch mehr Geld bezahlt. Ein Kilo der schwarzen Schoten kostet rund 600 Euro – und damit sogar mehr als Silber, das man schon für rund 425 Euro pro Kilo bekommt.
Vanille-Preis betrifft nicht nur Lebensmittelbranche
Eine Entwicklung, die für viele Branchen Folgen hat: Nicht nur für Eiscreme, Pudding, Kuchen, Kekse, Joghurt und Bonbons wird Vanille häufig verwendet, sondern auch für Duftstoffe, Seifen, Körperlotionen, Shampoos, Badezusätze, Raumdüfte.
Vor allem sogenannte Bourbon-Vanille wird auf dem Markt seltener angeboten – und damit immer kostbarer. Sie darf nur auf Madagaskar, auf den Komoren und auf La Réunion (früher Île Bourbon und damit Namensgeber der Vanille-Art) angebaut werden. In Deutschland bekamen Verbraucher den Trend in den vergangenen Jahren unmittelbar zu spüren. Vor allem viele Eisdielen mussten die Preise für Vanilleeis nach oben anpassen.
Aktuell bewegen sich die Preise leicht Vorjahresniveau. Der Exportverband aus Madagaskar verfolgt das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Mit geringeren Preisen würden wir möglicherweise weniger Neid erzeugen und vor allem wieder bessere Qualität haben – das würde uns auch eine Ausweitung von Produktion und Nachfrage ermöglichen“, meint Georges Geeraerts ein. Er hält einen Preis von 200 Dollar pro Kilo für wünschenswert.
Dass Vanille so eine besondere Stellung auf dem Gewürzmarkt hat, hängt auch mit dem aufwendigen Herstellungsprozess zusammen. Schon die Zucht ist kompliziert: Die Vanille-Orchidee ist ein Zwitterwesen. Jede Blüte muss von Hand bestäubt werden. Nach der Ernte müssen die grünen Schoten einen weiteren Prozess durchlaufen – vereinfacht gesagt geht es dabei um eine Kombination aus Trocknung und Fermentation –, um am Ende als aromareiche braune Schote auf dem Markt angeboten werden zu können.
Hamburger Importeuer rechnet nicht mit großer Preisveränderung
Der Vanille-Importeur Berend Hachmann aus Hamburg glaubt allerdings nicht, dass die in diesem Jahr verhältnismäßig kleine Vanille-Ernte auf Madagaskar große Auswirkungen auf die Preise in Deutschland haben wird. „Vielleicht zehn Prozent nach oben oder zehn Prozent nach unten“, schätzt er. An der Beliebtheit von Vanille hätten die höheren Preise ohnehin nichts geändert. „Die Kunden haben sich jetzt an die hohen Preise gewöhnt. Die Nachfrage ist nach wie vor groß“, betont er.
Der im Vanille-Geschäft auf Madagaskar stark engagierte niedersächsische Duft- und Aromenhersteller Symrise ist in der Sava-Region mit fünf Standorten vertreten und beschäftigt rund 200 Mitarbeiter – 150 weitere kommen als Saisonkräfte hinzu.
Rund 7000 Vanille-Bauern in 84 Dörfern arbeiten auf der Insel mit Symrise zusammen. Der Konzern aus Holzminden verarbeitet etwa zehn Prozent der auf Madagaskar angebauten Vanille, deren Preis seit fünf Jahren kontinuierlich steigt und somit schon heute zu den teuersten Gewürzen der Welt gehört – nur Safran erzielte noch höhere Preise. Dennoch ist Symrise vor allem an hochwertiger Qualität interessiert. „Für gute Qualitäten zahlen wir daher einen Aufschlag auf den aktuellen Marktpreis“, sagt Symrise-Manager Alban Bonnet vor Ort.
Vanille-Qualität war 2018 außergewöhnlich hoch
Pflanzer wie Judio Beanona, der in der Sava-Region auch eine Exportfirma betreibt, ist sich jedoch nicht so sicher, dass die Preise für die ursprünglich aus Mittelamerika stammende Orchideenart kurzfristig sinken könnten. „Der diesjährige Preis liegt über dem des Vorjahres“, sagt er bereits, und weist zugleich auf eine leichte Qualitäts-Verschlechterung hin. Allerdings relativiert er auch, dass 2018 ein Ausnahmejahr gewesen sei: „Seit mehr als zehn Jahren hatten wir nicht mehr so eine Qualität wie 2018, die war außergewöhnlich.“
Dass die Entwicklungen auf dem Vanille-Markt dem Verbraucher nicht zwingend einen Qualitätsnachteil bringen, zeigte ein Vanilleeis-Test der Stiftung Warentest aus dem Juli. Im Vergleich mit einem Test von vor zehn Jahren hatte sich der durchschnittliche Vanille-Gehalt in den getesteten Sorten verdoppelt. Keiner der untersuchten Hersteller half mit synthetischem Vanillin nach. Elf von 19 Sorten, also mehr als jede zweite, bekamen das Prädikat „gut“. Ein Produkt erreichte sogar ein „sehr gut“.
Öko-Test hingegen war im vergangenen Jahr bei einem Vanilleeis-Test zu einem eher durchwachsenen Gesamturteil. „Früher war mehr Vanille“, urteilten die Prüfer im Juni 2018. Besondere Enttäuschung damals: Ausgerechnet in den teuren Markenprodukten Cremissimo Bourbon Vanille und Mövenpick Bourbon Vanille fanden die Prüfer den geringsten Vanille-Anteil. Beide Sorten erhielten nur die Note „ungenügend“.
(dpa/ba)