Berlin/Frankfurt/Main. Bahnreisende müssen sich auf monatelange Vollsperrungen von ICE-Routen einstellen. Die Deutsche Bahn erneuert die 27 Jahre alten Schnellfahrstrecken Hannover-Würzburg und Mannheim-Stuttgart grundlegend, wie das Unternehmen am Montag mitteilte.
Das Sanierungsprojekt behindert den bundesweiten Zugverkehr bis ins Jahr 2023. Zahlreiche Fernzüge müssen umgeleitet werden, die Fahrzeiten zwischen den betroffenen Städten verlängern sich während der Bauarbeiten um 30 bis 45 Minuten, wie die Deutsche Bahn erklärte.
Auch alle Fahrgäste, deren Verbindungen über die gesperrten Strecken führen, werden länger unterwegs sein. Zu diesen Routen gehören zum Beispiel Hamburg-Frankfurt, Berlin-Frankfurt und Frankfurt-München.
Weil auf den Umleitungsstrecken weniger Züge Platz haben, können dort auch weniger ICE und Intercitys eingesetzt werden als sonst üblich.
Das ist der Sanierungsplan der Deutschen Bahn:
- Vom 11. Juni bis 14. Dezember 2019 wird der Abschnitt Hannover-Göttingen sechs Monate lang gesperrt.
- Vom 10. April bis 31. Oktober 2020 ist die Strecke Mannheim-Stuttgart nicht befahrbar.
- Vom 23. April bis 15. Juli 2021 ist der Abschnitt Göttingen-Kassel unterbrochen.
- Im Jahr 2022 ist die Trasse Fulda-Würzburg dran (genauer Zeitraum noch nicht bekannt) und
- 2023 der Gleisstrang von Kassel nach Fulda (genauer Zeitraum noch nicht bekannt).
Deutsche Bahn nennt Vollsperrungen unvermeidbar
Die Deutsche Bahn warb um Verständnis für die Serie von Großbaustellen. Sie sei unvermeidbar: Die beiden ICE-Strecken seien seit ihrer Eröffnung 1991 im Dauerbetrieb. Auf der 327 Kilometer langen Trasse zwischen Hannover und Würzburg fahren täglich 110 Fernzüge mit rund 42.000 Reisenden durch Niedersachsen, Hessen und Bayern, außerdem im Durchschnitt 26 Güterzüge.
Noch höher sei die Belastung auf den 99 Kilometern von Mannheim nach Stuttgart: Dort verkehren jeden Tag 185 Fernzüge mit 66.000 Fahrgästen, hinzu kommen 24 Güterzüge.
Die übliche regelmäßige Instandhaltung reiche nun nicht mehr aus, heißt es bei der Bahn. „Wir müssen jetzt grundlegend ran, um die Qualität der Schnellfahrstrecke für künftige Generationen weiter gewährleisten zu können“, machte der Leiter des Sanierungsprojekts Hannover-Würzburg, Hannes Tesch, deutlich.
Bei den Bauarbeiten werden Gleisen, Weichen, Schotter, aber auch die Oberleitungsmasten und die Strom- und Sicherungstechnik erneuert. Für die Arbeiten von Hannover bis Göttingen hat die Bahn 175 Millionen Euro veranschlagt. Die Sanierung der gesamten Strecke von Hannover nach Würzburg soll 640 Millionen Euro kosten. Die Trasse Mannheim-Stuttgart wird für 185 Millionen Euro auf Vordermann gebracht.
Da es sich um eine sogenannte Ersatzinvestition handelt, übernimmt der Eigentümer Bund die Kosten fast vollständig, wie ein Bahnsprecher erläuterte.
Einige Bahnkunden werden finanziell entschädigt
Die Bahn will Inhaber von Zeitkarten und der Bahncard 100, die zu Fahrten auf dem gesamten Netz berechtigt, finanziell entschädigen. In welchem Umfang das geschieht, steht noch nicht fest, wie der Sprecher sagte. Die längere Reisezeit solle den Kunden mit „besonderen kleinen Aufmerksamkeiten“ versüßt werden.
Bei der Bahn sind Verspätungen gerade in den vergangenen Monaten ein großes Thema. Im August kamen drei von zehn Fernzügen unpünktlich ans Ziel.In den ersten acht Monaten lag die Pünktlichkeitsquote unter 76 Prozent. Eigentlich wollte die Bahn 82 Prozent erreichen.
Hauptgrund für die Verspätungen waren aber nicht die vielen Baustellen, sondern Störungen an Fahrzeugen und Infrastruktur in den Hitzemonaten des vergangenen Sommers und mehrere Unwetter. (dpa/jha)