Köln. Er könne das nicht unterschreiben, sagt der Journalist mit gespielter Empörung. Er steht zusammen mit mehreren Kollegen im Eingangsbereich des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Die Institution, die einst GEZ hieß, hat zu einer Pressekonferenz geladen, auf der sie ihren Jahresbericht vorstellen will.
Das macht sie seit Einführung der Haushaltsabgabe jedes Jahr. Und doch tut sich das Unternehmen, das auf einem Studiogelände des WDR am Rande von Köln beheimatet ist, mit der neuen Transparenz ein wenig schwer. Sein Gebäude, ein farbloser Zweckbau aus den 70er-Jahren, wirkt ein wenig wie Fort Knox.
Inkasso-Tochter sind 3,5 Millionen Menschen bisher unbekannt
Zugang zur elektronischen Eingangsschleuse erhält nur, wer ein Formular unterschreibt, das ihn verpflichtet „alle im Rahmen des Besuchs beim Beitragsservice direkt oder indirekt bekannt werdenden Informationen ... geheim zu halten“. Das geht bei einem Pressegespräch natürlich gar nicht. Und ein Sprecher des Beitragsservice sagt auch sogleich, dass diese Veranstaltung von der Geheimhaltungspflicht ausgenommen sei.
Das Haus hat ja auch einiges zu verkünden. Beispielsweise, dass in den nächsten Wochen und Monaten etwa 3,5 Millionen Menschen im Zuge des sogenannten Meldedatenabgleichs Post vom Beitragsservice erhalten. Dieser Personenkreis ist der Inkasso-Tochter der Öffentlich-Rechtlichen bisher unbekannt.
Wer sich nicht meldet, wird automatisch angemeldet
Ihre Mitarbeiter haben die Namen dieser Leute beim Durchforsten der Melderegister von Städten und Kommunen entdeckt. Für Stefan Wolf, den Geschäftsführer des Beitragsservices, sind sie „der blinde Fleck“ seines Unternehmens.
Nun will er herausfinden, ob diese Menschen beitragspflichtig sind. Deshalb werden sie seit Donnerstag angeschrieben. Die Aktion erstreckt sich über viele Monate, sodass einige der Betroffenen erst Ende Februar 2019 Post erhalten werden. Wer auf das Anschreiben nicht nach zwei Wochen reagiert hat, erhält eine schriftliche Erinnerung. Bleibt auch das zweite Schreiben unbeantwortet, wird der Adressat automatisch angemeldet. Er ist dann ab sofort beitragspflichtig. Hat er Pech, muss er sogar Beiträge nachzahlen – rückwirkend bis zum 1. Januar 2016.
Acht Milliarden Euro will der Beitragsservice dieses Jahr einnehmen
Mit einem sprunghaften Einnahmenanstieg in Folge des Meldedatenabgleichs rechnet Wolf aber nicht. Bei den Personen, die nun Post von seiner Institution bekommen, handele es sich vor allem um Menschen, die der Beitragsservice „nach dem Ende von Wohn- oder Lebensgemeinschaften aus den Augen verloren“ habe. So mancher von ihnen sei möglicherweise tatsächlich nicht beitragspflichtig.
Grundsätzlich glaubt der Chef des Beitragsservices nicht, dass es in den kommenden Jahren große Ausschläge bei den Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag nach oben oder unten geben wird. Für 2018 rechnet er mit Einnahmen in Höhe von exakt acht Milliarden Euro. 2020 will der Beitragsservice 8,004 Milliarden Euro einnehmen.
Akzeptanz des Rundfunkbeitrags soll offenbar gewachsen sein
Im vergangenen Jahr ging das Rundfunkbeitragsaufkommen leicht um 0,05 Prozent auf 7,947 Milliarden zurück. Davon entfielen auf die ARD 5,6 Milliarden, auf das ZDF knapp zwei Milliarden und auf das Deutschlandradio 228 Millionen Euro. Der NDR durfte sich über 980 Millionen Euro freuen.
Die Akzeptanz des Rundfunkbeitrags ist offenbar gewachsen. Die Zahl der Mahnungen ist ebenso rückläufig wie die der Vollstreckungen. Auch der Ton am Telefon sei moderater geworden, sagt Wolf. Beitragszahler würden nur noch in Ausnahmefällen seine Mitarbeiter persönlich beschimpfen. Das sei in den Jahren unmittelbar nach Einführung der Haushaltsabgabe 2013 noch ganz anders gewesen. Er selbst habe in dieser Zeit sogar Morddrohungen erhalten, sagt er.
Stellen abgebaut – Beitragsservice kommt auf 975 Vollzeitstellen
Dass beim Beitragsservice die Normalität Einzug gehalten hat, merkt macht auch beim Blick auf die Mitarbeiterzahl. Das Unternehmen hatte vor Inkrafttreten der Haushaltsabgabe angesichts der neuen Aufgaben die Zahl seiner Vollzeitstellen von 1070 auf 1284 erhöht. Kritiker des neuen Beitragssystems hatten das damals moniert. Jedoch ist es Wolf inzwischen gelungen, die Beschäftigtenzahl zu reduzieren. Der Beitragsservice kommt nur noch auf 975 Vollzeitstellen.
Gedanken darüber, was geschieht, falls das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag ganz oder in Teilen für verfassungswidrig erklärt, macht sich Wolf nicht. Derzeit sind dort Klagen anhängig. Man werde in diesem Fall die neue Gesetzeslage abwarten.
Hoffnung auf einen leichteren Zugangs zum Beitragsservice-Gebäude macht Wolf übrigens nicht. Die Sicherheitsmaßnahmen seien wegen des Datenschutzes unerlässlich.