Peking

China setzt Autobranche unter Strom

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Felix Lee

BMW will geplante Marktöffnung offensiv nutzen. Chinesische Hersteller fahren deutschen bei E-Antrieben davon

Peking. Wieder einmal schaut die Autowelt nach China. Das Land ist nicht nur der größte Automarkt der Welt, dort werden auch die meisten Fahrzeuge hergestellt. Und seit vergangener Woche ist China für die Autohersteller auch noch aus einem anderen Grund interessant: Die Regierung öffnet den Markt, schafft den Zwang für Ausländer zu Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Herstellern 2022 ab. Als erster deutscher Konzern will BMW jetzt die neue Freiheit nutzen und denkt darüber nach, von China aus für den Weltmarkt zu produzieren. Gleichzeitig schicken sich die chinesischen Hersteller an, die etablierten Anbieter aus Deutschland und Japan auch technologisch zu überholen, wie auf der größten Automesse der Welt in Peking zu sehen ist.

Nach Einschätzung von Experten wünschen sich die ausländischen Autohersteller schon lange sehnlichst, auf dem hochprofitablen chinesischen Markt weniger staatlichen Zwängen zu unterliegen. Dazu gehört die Mög­lichkeit, eigene Werke zu bauen und Fahrzeuge sowohl zu exportieren als auch verstärkt aus Werken in anderen Ländern zu niedrigeren Zöllen zu ­importieren. BMW-Chef Harald Krüger blieb auf der Automesse noch vage, ­Finanzvorstand Nicolas Peter jedoch sagte, BMW werde womöglich in zwei Jahren erstmals Elektroautos zusammen mit seinem chinesischen Partner Brilliance exportieren. Auf der Messe Auto China stellte der Konzern den iX3 vor – die Weltpremiere des neuen kompakten Geländewagens mit Elektroantrieb.

Noch dominiert zwar das traditionelle Geschäft mit Benzinern. Und darin sind die deutschen Hersteller auch in China kaum zu schlagen. Volkswagen, BMW und Daimler – sie fahren von Verkaufsrekord zu Verkaufsrekord, vor allem mit SUV. Doch die Zukunft liegt in der E-Mobilität. Und da sind die chinesischen Hersteller drauf und dran, an den Deutschen vorbeizuziehen, wie Experten sagen.

Die chinesischen Autobauer und Zulieferer hätten sich längst zu „veritablen Wettbewerbern im weltweiten Automarkt entwickelt“, schreibt Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen in einer Untersuchung. Marken wie Airways, Byton oder WEY mögen in Deutschland nur wenigen ein Begriff sein. Doch sie alle machen mit Elektro-SUV von sich reden, die mit Fahrzeugen von Tesla (USA) oder Toyota (Japan) mithalten können. Zudem investiert derzeit kein Land so kräftig in Batterietechnologie – den Schlüssel zur Elektromobilität – wie China.

Und die chinesische Regierung fördert die Hersteller. Von 2019 an muss jedes zehnte produzierte Auto ein Elektroauto oder wenigstens mit einem Hybridmotor ausgestattet sein. Die Quote soll zügig angehoben werden. Schon jetzt ist es in Städten wie Peking oder Shanghai kaum mehr möglich, ein Nummernschild für einen Benziner zu ergattern. Zudem gibt es staatliche Subventionen für E-Autos.

Das wirkt: Im Januar und Februar 2018 wurden 74.667 Autos mit E- oder Hybridantrieb verkauft, 200 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2017 waren es bereits 777.000, was 3,2 Prozent Marktanteil entspricht. In Deutschland lag der Anteil bei knapp über 1,5 Prozent.

Die deutschen Hersteller haben den Trend erkannt. Da ist BMW mit dem iX3 auf der Auto China. Mercedes bewirbt sein Elektroauto EQA. Volkswagen stellt die neue Elektroflotte I.D. vor. Sie soll in knapp zwei Jahren in China vom Band laufen. Trotz der vielen neuen Fahrzeuge: Den deutschen Autobauern bereitet das Tempo der Chinesen Sorge. „Wir müssen schneller werden“, gibt der neue Volkswagen-Chef Herbert Diess auf der Auto China in Peking zu.