Hamburg. Der Countdown läuft. Im Sekundentakt zählt die Uhr auf der Internetseite des Hamburger Auktionshauses Dechow die Zeit bis zum Schluss der Versteigerung runter. Ein orangefarbener Balken daneben wird dünner und dünner. Wenige Sekunden haben Bieter noch die Chance, das 1,50 Meter lange Modellflugzeug der insolventen Air Berlin zu ersteigern. Vorbei! Die Zeit ist abgelaufen. Bei 1000 Euro lag das Startgebot – nach 19 Geboten fällt der Hammer bei 4644 Euro. Ein Bieter aus Deutschland erhält den Zuschlag. Mehr wird nicht verraten – Datenschutz!
Vor gut zwei Wochen ist die Internetauktion gestartet. Rund 1500 Artikel, sogenannte Lose, enthält die Liste. Aus mehr als 30 Ländern – von Estland über Kasachstan bis Portugal – sind rund 10.000 Gebote eingegangen. „Das ist schon sehr viel“, sagt Dechows Marketing- und Vertriebsleiter Toke Bransky. „Bei einer normalen Insolvenzversteigerung aus der Industrie sind wir durchschnittlich bei 2000 Geboten.“ Einen richtigen Ansturm gab es beim Start der Auktion. Für eine Minute sei sogar der Server in die Knie gegangen, sagt Bransky. Das Interesse begründe sich mit der emotionalen Bindung zur Marke.
Auch an die Schokoladenherzen zum Abschied erinnerten sich viele – und boten kräftig. Ein Zwei-Kilo-Paket mit den 100 jeweils 20 Gramm schweren Lindt-Herzen ging für 352 Euro weg. Der Startpreis lag bei 20 Euro. Andere Lose mit Schokoherzen wechselten für 50 Euro den Besitzer. Das größte Interesse weckte ein Businessclass-Sitz. 56.000-mal wurde er angeklickt, 31 Mal der Preis nach oben getrieben. Schließlich ging er für 2750 Euro weg. Der Käufer muss aber noch Aufgeld, das Dechow für die Arbeit bekommt, und Mehrwertsteuer bezahlen. So kostet der Businessclass-Sitz insgesamt 3163 Euro – wenn der Käufer ihn selbst aus dem Lager in Essen abholt.
Für die ersten Air-Berlin-Artikel lief die Auktion Donnerstagmorgen aus. Für die letzten Produkte fällt an diesem Freitagabend der Hammer. Am Ende wird es wohl eine gute halbe Million Euro sein, die eingenommen wird. Mit dem Geld sollen Forderungen bedient werden, die die Gläubiger an die insolvente Fluglinie haben.
Übrigens werden noch mehr Produkte von Air Berlin online bei Dechow versteigert. In einer Auktion sind es 770 Flugzeugmodelle. In einer weiteren werden 150 Lose aus dem Messeequipment wie Leuchtreklamen, Hinweisschilder oder Ledersitzwürfel angeboten. Und es gibt noch einmal 966 Devotionalien – vom Liegestuhl über Umhängetaschen bis zum Babytütchen mit Schnuller, Lätzchen und Fläschchen. „Es wird aber keine Doppelungen geben mit Artikeln, die jetzt schon in der Versteigerung waren“, sagt Bransky. Die drei Auktionen beginnen heute. Bald könnte auch Kleidung versteigert werden. Man verhandle gerade über eine Auktion von Anzügen und Mänteln sowie Uniformen von Stewardessen und Piloten, sagt Bransky.Seite 10