Berlin. Für die British-Airways-Mutter IAG war die Ziellinie schon in Sichtweite. Doch in der letzten Runde am frühen Dienstagmorgen hat der ehemalige Rennfahrer Niki Lauda noch einmal aufs Gaspedal gedrückt. Hinter verschlossenen Türen rangen die Interessenten fast 15 Stunden lang um das Schicksal der Air-Berlin-Tochter Niki. Am Ende erhielt Lauda den Zuschlag.
„Aus einem transparenten Bieterprozess ist heute in den frühen Morgenstunden die Laudamotion GmbH als Bestbieter hervorgegangen“, teilten der vorläufige deutsche Insolvenzverwalter Lucas Flöther und die österreichische Masseverwalterin Ulla Reisch mit.
Lauda, hieß es aus Teilnehmerkreisen, habe bei der Sitzung des österreichischen Gläubigerausschusses in Wien vor allem mit Zahlen überzeugt. In einem ersten Bieterverfahren um Niki in Deutschland hatte noch die IAG-Tochter Vueling den Zuschlag erhalten. 20 Millionen Euro wollte der Konzern zahlen. Weitere 16,5 Millionen Euro hatte die Luftfahrtgesellschaft zunächst für den Betrieb von Niki zur Verfügung gestellt. Lauda soll nun „deutlich mehr“ geboten haben, erfuhr unsere Redaktion. Der Unterschied zwischen den Angeboten von Lauda und IAG sei „nennenswert“.
„Lauda untermauert seinen Status als Nationalheld“
Der offizielle Kaufpreis wurde zunächst allerdings nicht bekannt. Offen ist auch, mit wem Lauda, der Niki 2003 gegründet hatte, den Erwerb und die Finanzierung des Flugbetriebs stemmen will. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister sei aber so vermögend und gut vernetzt, dass er genügend Kapitalgeber auftreiben könne, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg.

„Mit diesem Deal hat er seinen Status als österreichischer Nationalheld untermauert“, so Schellenberg. Die beiden Juristen Flöther und Reisch, die den Zuschlag für Lauda auf den Weg brachten, gehen jetzt von einer kurzfristigen insolvenzrechtlichen Genehmigung der Transaktion in Österreich und in Deutschland aus.
Zuvor hatte es ein Tauziehen um den Insolvenzort von Niki gegeben. Nach einer Beschwerde des österreichischen Fluggastrechteportals Fairplane war am österreichischen Landgericht Korneuburg ein neues Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die britische-spanische IAG-Gruppe zeigte sich nach dem Zuschlag für Lauda enttäuscht, „dass Niki nicht in der Lage sein wird, sich als Teil der Gruppe zu entwickeln und zu wachsen“.
Niki soll unter das Dach des Unternehmens Laudamotion
Wie unserer Redaktion erfuhr, hatte aber auch IAG das Angebot für die Fluggesellschaft noch einmal nachgebessert. Lauda kündigte am Dienstag an, bereits ab März mit den 15 Niki-Flugzeugen wieder abheben zu wollen. Die Marke Niki wird dann aber Geschichte sein.
Die Airline solle unter dem Dach seines Privatunternehmens Laudamotion fortgeführt werden, so Lauda. Der neue Besitzer benötigt allerdings Hilfe, um die Maschinen auch mit Passagieren füllen zu können. Als wahrscheinlich gilt, dass der neue Partner der Reisekonzern Thomas Cook mit seiner deutschen Flugtochter Condor sein wird.
Ein Sprecher des Unternehmens kündigte am Dienstag bereits an, bei Niki größere Sitzkontingente buchen zu wollen. Zudem habe Laudamotion um Unterstützung beim operativen Flugbetrieb gebeten, so der Sprecher. Gespräche darüber sollen bald stattfinden. Für den Sommerflugplan ist Lauda dafür allerdings spät dran, sagte Experte Schellenberg.
Lufthansa zog Angebot wieder zurück
Viele Reiseveranstalter hätten ihre Planungen bereits abgeschlossen und Kontingente gebucht. Mit Thomas Cook im Rücken seien die Chancen aber besser, die Niki-Maschinen auszulasten. Die Flotte von 15 Flugzeugen will Lauda von der Lufthansa zurückholen. Eigentlich wollte der Konzern Niki kaufen und hatte deswegen die Maschinen zunächst weiterbetrieben. Doch weil wegen Wettbewerbsbedenken ein Veto der Europäischen Kommission drohte, zog Deutschlands größte Airline das Angebot wieder zurück. Das EU-Gremium verpflichtete die Lufthansa daraufhin, die Flieger an den neuen Niki-Eigentümer zurückzugeben.
Die rund 1000 Niki-Mitarbeiter stehen dem neuen Besitzer der Airline unterdessen skeptisch gegenüber: Denn Lauda hatte Niki vor dem Verkauf an Air Berlin straff geführt. Die Personalkosten in der Fluggesellschaft gelten als sehr niedrig. Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits hatte im Vorfeld gesagt, alle 220 Piloten würden im Fall eines Verkaufs an Lauda wohl kündigen.
Rechtsbeschwerde der Niki-Geschäftsführung
Ob das so kommt, ist offen. Viele Niki-Kapitäne hätten aber schon andere Angebote oder seien in Gesprächen, erklärte Tankovits. Auch hätten bereits 50 Flugbegleiter die Airline verlassen. Niki werde es so oder so schwer haben, schätzt der Luftfahrtkenner Heinrich Großbongardt. „Niki will als Ferienflieger weiter beliebte Urlaubregionen aus Deutschland und Österreich anfliegen“, erklärte der Experte. Dieser Markt sei sehr wettbewerbsintensiv: „Als kleine Fluggesellschaft wird Niki da kaum gegen die großen Konkurrenten auf Dauer bestehen können“, sagte Großbongardt.
Ein weiteres Problem besteht noch: Auch wenn der Verkauf an Lauda mit dem deutschen Insolvenzverwalter abgestimmt ist, steht noch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus. Die Richter in Karlsruhe müssen über eine Rechtsbeschwerde der Niki-Geschäftsführung befinden, die sich gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin, das Niki-Verfahren nach Österreich zu geben, gewehrt hatte. Sollte der BGH Niki als deutsches Verfahren ansehen, wäre wohl erneut alles wieder offen.