Genf/Berlin. Schwierige Visite des US-Präsidenten auf dem Weltwirtschaftsforum
In der Zentrale des Weltwirtschaftsforums (WEF) am Ufer des Genfer Sees versuchen sie den Ball flach zu halten. Ein „Trump-Effekt“ sei nicht zu beobachten, sagte ein Sprecher. Schon vor der Ankündigung des US-Präsidenten, nächste Woche nach Davos zu reisen, hätten sich 60 Staats- und Regierungschefs angemeldet – Rekord. Trotzdem dürfte die Anwesenheit Donald Trumps einiges ändern.
Zum 48. Mal findet das jährliche Treffen der Wirtschafts- und Politikelite im Schweizer Ski-Ort Davos statt. Es ist der wohl größte derartige Kongress weltweit. Mittlerweile erwarte er 70 Staats- und Regierungschefs, sagte WEF-Präsident Klaus Schwab am Dienstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überlegt noch, ob sie nächste Woche in die Schweiz reist.
„Gemeinsame Zukunft in einer zersplitterten Welt“, lautet das Motto der Veranstaltung. Das ist ein Reflex auf den Schock, den die Wahl Trumps bei den Befürwortern der Globalisierung, die sich in Davos treffen, auslöste. Und ein Ausdruck der Hoffnung, dass sich der US-Präsident an die Regeln der internationalen Zusammenarbeit halten möge. Ob Trump dieser Hoffnung in seiner Rede am Freitag kommender Woche entspricht, steht in den Sternen.
Seit Trumps überraschender Besuchsankündigung steht das WEF jedenfalls Kopf. Einerseits freut man sich über die Aufwertung der Veranstaltung. Andererseits muss man einen Haufen Probleme lösen – beispielsweise Hunderte Sicherheitsleute, Diplomaten und Assistenten in Trumps Gefolge im ohnehin überfüllten Davos unterbringen. Die Europäische Union wird mit zahlreichen Spitzenpolitikern vertreten sein. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron will ebenso erscheinen wie Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni, die britische Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Aus Amerika kommen unter anderem die Staats- und Regierungschefs von Argentinien, Brasilien und Kanada. Zehn ihrer Kollegen aus Afrika und neun aus dem Nahen und Mittleren Osten reisen in die Berge des Kantons Graubünden. Ein Drittel der mehr als 3000 Teilnehmer des Forums kämen aus Entwicklungs- und Schwellenländern, sagte Schwab.
Kollektiver Bildungsurlaub der Weltelite im Wintersportort
Zu den großen Themen der Veranstaltung gehört die Digitalisierung. Dabei geht es darum, wie sich bestehende Unternehmen und Arbeitsplätze verändern, wie viele wegfallen und wo Ersatz entsteht. In einigen der insgesamt mehr als 400 geplanten Vorträge werden die Teilnehmer über neue Formen der sozialen Sicherung diskutieren. Die Vertreter von Facebook, Google und anderen Konzernen müssen sich fragen lassen, ob sie nicht zu viel Macht anhäufen.
Seinen Charme bezieht das WEF daraus, dass im Kongresszentrum von Davos Hunderte Vorstandschefs, Spitzenmanager, Politiker und Wissenschaftler gleichzeitig anwesend und ansprechbar sind. Manchmal herrscht eine Atmosphäre des kollektiven Bildungsurlaubs der Weltelite.