Durch die Digitalisierung werden in Berlin bis zum Jahr 2030 etwa 25.000 Beschäftigte weniger benötigt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die IHK Berlin in Auftrag gegeben hat. Das Darmstädter WifOR-Institut hat darin nicht nur untersucht, welche Tätigkeiten durch die Digitalisierung wegfallen, sondern gleichzeitig berücksichtigt, wo zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden, beispielsweise durch die wachsende Stadt.
Wenn man diese positiven und negativen Effekte auf dem Arbeitsmarkt miteinander abgleicht, bleibt in der Prognose bis 2030 ein leichtes Minus von 1,8 Prozent bei den benötigten Beschäftigten. Dieses Minus kann allerdings nur zum geringen Teil den zu erwartenden Fachkräftemangel abfedern. Trotz der Einsparung der Arbeitskräfte durch die Digitalisierung werden laut Studie im Jahr 2030 der Berliner Wirtschaft 192.000 qualifizierte Fachkräfte fehlen.
„Digitalisierung ist nicht der befürchtete Jobkiller“, sagte Constantin Terton, zuständig für Fachkräfte und Innovation bei der IHK. Es werde auch in Zukunft genügend Beschäftigungsmöglichkeiten geben, allerdings sei der Arbeitsmarkt in Bewegung. Bestimmte Tätigkeiten werden wegfallen, während andere dringend benötigt werden. Gefragt sei das lebensbegleitende Lernen und auch der Mut, den Job zu wechseln.
Die Studie gibt auch Auskunft darüber, in welchen Branchen durch die Digitalisierung künftig neue Jobs entstehen und wo Tätigkeiten wegfallen. Dabei unterscheiden die Autoren zwischen dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften und an gering qualifizierten Helfern. Der größte Rückgang ist in allen Branchen demnach bei den einfachen Hilfsjobs zu verzeichnen. Hier fallen bis zu 20 Prozent der Beschäftigungsmöglichkeiten durch die Digitalisierung weg.
Einzelhandel verliert die meisten Jobs
Bei den gut ausgebildeten Fachkräften dagegen geht der Bedarf nur geringfügig zurück. Zudem gibt es große Unterschiede in den einzelnen Branchen. Im Gesundheitsbereich etwa wächst der Fachkräftebedarf laut Studie sogar durch die Digitalisierung. Ein großes Tätigkeitsfeld werde aufgrund des Ärztemangels in Zukunft zum Beispiel die Telemedizin ausmachen, sagte Terton. Bei der Nutzung solcher Technologien würden Fachkräfte benötigt, die die Geräte herstellen oder auch warten.
In allen anderen Branchen spart die Digitalisierung dagegen Fachkräfte ein. Die meisten Jobs fallen nach Angaben der Studie sowohl für Fachkräfte als auch für Hilfskräfte im Einzelhandel weg. Durch die Digitalisierung würden immer mehr Einkäufe online abgewickelt, erklärte Terton. Und in den Geschäften könnten die Kunden zunehmend an Selbstzahlerkassen bezahlen. Zwar würden durch den Versandhandel kurzfristig Fahrer und Lagerarbeiter benötigt, aber auch hier werde sich schon bald die Digitalisierung bemerkbar machen. Schließlich müsse die Branche auf den Mangel an Arbeitskräften reagieren. In der Logistik könnten Roboter die Arbeit der Hilfskräfte übernehmen und beim Ausliefern würden zunehmend autonom fahrende Fahrzeuge zum Einsatz kommen.
Auch in der Finanz- und Versicherungsbranche wird es künftig deutlich weniger Jobs für qualifizierte Fachkräfte geben. Schon jetzt könnten Versicherungen im Internet abgeschlossen werden und dieser Trend werde sich fortsetzen. Doch wer seinen Job verliert, könne durch Umschulung oder Weiterbildung eine neue Beschäftigung finden, denn Fachkräfte würden dringend benötigt.
Die IHK hat ergänzend zu der Studie die Berliner Unternehmen abgefragt, welche neuen Kompetenzen in Zukunft vor allem benötigt werden. Das Ergebnis: 95 Prozent der Unternehmen gehen zum Beispiel davon aus, dass die Internet- und Datensicherheit immer wichtiger wird. Im Einzelhandel oder Gastgewerbe beispielsweise werde die Nutzung Sozialer Medien eine größere Rolle spielen.
Digitale Lernumgebung
an Schulen schaffen
Wichtig sei, dass die Politik für den Wandel in der Arbeitswelt die richtigen Rahmenbedingungen bereitstellt, sagte Terton. Das Fundament für das lebenslange Lernen werde in der Schule gelegt. „Der Anteil der Schüler, die ohne Abschluss die Schule verlassen, ist in Berlin mit zehn Prozent viel zu hoch“, sagte Terton. Die einfachen Helfertätigkeiten für diese Jugendlichen fallen zum großen Teil künftig weg, gleichzeitig sei es schwer sie zu qualifizieren, da ihnen die Grundlagen fehlten.
Die IHK fordert zudem, dass in den Schulen die nötige Infrastruktur bereitgestellt wird, um den Schülern digitale Kompetenzen zu vermitteln. In allen Fächern müsse es eine digitale Lernumgebung geben, sagte Constantin Terton von der IHK.