Wirtschaft

Dussmann Group greift an

| Lesedauer: 3 Minuten

Jürgen Stüber über den Reinigungsdienstleister, der eine neue Online-Plattform entwickelt hat

Ein Konzernchef und ein Gewerkschaftsfunktionär bei einer Produktpräsentation an einem Tisch – das kommt selten vor. Der Dienstleistungskonzern Dussmann bietet kleinen und mittelständischen Unternehmen zunächst in Berlin und später auch deutschlandweit eine Online-Buchungsplattform für Gebäudereinigung an. Mit dem Service www.dussmanndirect.com greift das Unternehmen Internetdienste wie „Book a Tiger“ oder „Helpling“ – und damit indirekt Helpling-Investor Rocket Internet – an.

„Im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern kommen bei uns angestellte, ausgebildete, versicherte und fair entlohnte Mitarbeiter zu den Kunden“, positioniert sich Unternehmenschef Dirk Brouwers klar. Er unterstrich die nachhaltige Ausrichtung des Familienunternehmens, das sich den Mitarbeitern, der Gesellschaft und der Umwelt verantwortlich fühle. Mirko Hawighorst, Regionalleiter der Industriegewerkschaft Bau, die auch für die Gebäudewirtschaft zuständig ist, warnte vor den Risiken einiger Online-Vermittlungsportale, die Tarifbindungen und Sozialleistungen mit teilweise scheinselbstständigen Kräften unterwanderten. Hier gelte es, Fehlentwicklungen zu verhindern. „Wir unterstützen Unternehmen wie Dussmann, die mit ihrem eigenen Personal die Aufträge in diesem Segment durchführen möchten“, sagte Hawighorst. Die Beschäftigten müssten ein gesichertes Einkommen haben.

„Digitalisierung ist in allen Branchen ein Megatrend, so auch im Facility-Management“, sagte Brouwers. Er wolle sein Unternehmen „an die Spitze dieser Entwicklung setzen“. Digitalisierung komme bei der Fernwartung von Gebäuden zum Einsatz, bei der Optimierung des Energieverbrauchs und der Sicherheitstechnik – und nun auch bei der Gebäudereinigung. Der Kunde kann auf der neuen Online-Plattform die gewünschte Dienstleistung konfigurieren, die Preiskalkulation mitverfolgen und das Paket am Ende mit einem Klick buchen. Ein Ansprechpartner steht für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Brouwers sieht das neue Angebot als Alternative zu den klassischen Vertriebsformen des seit mehr als 50 Jahren auf diesem Gebiet tätigen Unternehmens. „Das sind neue Ansätze in der Gebäudereinigung“, sagte Brouwers.

Die Stundensätze berücksichtigen auch Wegezeiten und Sachkosten – einschließlich Geräten, Dienstkleidung und der bereitgestellten Fahrzeugflotte. So kommen Stundenpreise von circa 20 Euro zusammen, die den Kunden in Rechnung gestellt werden. Die Reinigungskräfte erhalten in der untersten Gruppierung laut Hawighorst den tariflichen Mindestlohn von 9,80 Euro pro Stunde. Zum Vergleich: Das Onlineportal „Helpling“ aus dem Imperium des Unternehmensentwicklers Rocket Internet bietet Putzdienstleistungen in Berlin ab 13,90 Euro an. „Die selbstständigen Reinigungskräfte erhalten davon elf Euro pro Stunde“, sagte eine Sprecherin. Eingeschlossen sind darin eine Betriebshaftpflichtversicherung, aber keine Sozialleistungen. Die Plattform „Book a Tiger“ geht einen anderen Weg und bietet ihre Dienstleistungen ab 15,90 Euro pro Stunde an. Hier sind die Reinigungskräfte aber zu den Konditionen des tariflichen Mindestlohns fest angestellt und sozialversichert.

Allerdings ist die Qualifikation der eingesetzten Reiniger kritisch: Die Kräfte der beiden Onlineportale werden als „geprüft“ und „geschult“ angepriesen. Wie es bei Dussmann heißt, schickt das Unternehmen hingegen ausgebildete und auf dem unternehmenseigenen Campus in Zeuthen (Brandenburg) geschulte Kräfte zu den Kunden.

Einen ersten Kunden hat Dussmann bereits gewonnen: den Berliner Rechtsanwalt Michael Schmidt-Morsbach, der die Reinigung seiner Kanzlei gegenüber der Museumsinsel beauftragte. Er lobte die klar strukturierte Webseite und die Transparenz des Angebots. „Als Anwalt ist man gewohnt, immer das Schlechte im Menschen zu sehen“, sagte er scherzhaft. Er habe aber keine Haken gefunden, betont er.