Eine Steuererklärung für das Jahr 2015 lohnt sich in den meisten Fällen. Der Staat überweist den Arbeitnehmern im Durchschnitt 952 Euro.
Es gibt zweifelsohne attraktivere Beschäftigungen, als eine Steuererklärung zu machen. Doch dem Sortieren der Belege und Ausfüllen der Bögen lässt sich auch etwas Positives abgewinnen: Es schafft Ordnung. Und der Stundenlohn für die Mühen kann sich sehen lassen: 2014 haben die Berliner Finanzämter Arbeitnehmern im Schnitt 952 Euro überwiesen.
Mit der richtigen Anleitung ist so eine Steuererklärung ein machbares Unterfangen. In der neunteiligen Steuerserie der Berliner Morgenpost erfahren Sie, wie Sie die einzelnen Bögen ausfüllen und sich möglichst viel Geld vom Finanzamt zurückholen.
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Wie in jedem Jahr gibt es – initiiert vom Bundesfinanzministerium oder aufgrund von Urteilen – einige Änderungen. Von einer haben Arbeitnehmer bereits im Laufe des Jahres profitiert: Die Regierung hat den Grundfreibetrag 2015 für Alleinstehende auf 8472 und für Verheiratete auf 16.944 Euro erhöht. Dadurch sinkt die Steuerlast um bis zu 46 Euro im Jahr. Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag, werden keine Steuern fällig.
Steuerfreie Geschenke
Zeigt sich der Arbeitgeber spendabel und wartet beim Geburtstag oder anderen Anlässen mit Präsenten und Geschenken auf, sind diese seit 2015 bis zu einem Wert von 60 Euro steuerfrei. Bislang lag dieser bei 40 Euro. „Geldgeschenke sind jedoch stets steuerpflichtig“, sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine in Berlin.
Erstausbildung
Die Finanzbehörden haben mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz präzisiert, was konkret als erster Berufsabschluss anerkannt wird. Danach muss die Ausbildung mindestens zwölf Monate dauern und mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Das ist insofern relevant, weil Finanzämter lediglich Aufwendungen für eine Fortbildung nach einer ersten Ausbildung oder einem ersten Studium in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten anerkennen. Die Ausgaben für eine erste Ausbildung oder das Erststudium akzeptieren die Finanzämter hingegen nur als Sonderausgaben bis zur Höhe von 6000 Euro. „Diese wirken sich jedoch nur dann steuermindernd aus, wenn das Einkommen oberhalb des Grundfreibetrags liegt“, sagt Wolfgang Wawro vom Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg. Ob es rechtens ist, dass die Ausgaben für die Erstausbildung lediglich als Sonderausgaben verrechnet werden können, müssen die Richter des Bundesverfassungsgerichts klären (unter anderem Az. 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14) .
Unterhaltsfreibetrag
Unterhaltspflichtige können 2015 bis zu 8472 Euro – und damit 188 Euro mehr als 2014 – als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen. Das gilt nicht nur für Ex-Partner, sondern auch für den bedürftigen Nachwuchs, für den die Eltern kein Kindergeld mehr erhalten. „Steuerzahler müssen jedoch nun die Identifikationsnummer des Unterhaltsempfängers angeben“, sagt Wawro. Nach wie vor akzeptieren die Finanzämter auch die Ausgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung der unterstützten Person. Die Finanzbeamten rechnen jedoch Einkünfte und Bezüge des Unterstützten, die 624 Euro im Jahr übersteigen, auf den Unterhaltsbetrag an.
Kindergeld und -freibetrag
Rückwirkend zum 1. Januar hat die Regierung das Kindergeld pro Sprössling um vier Euro im Monat erhöht. Das sind 48 Euro im Jahr. Angehoben hat die Regierung auch den Kinderfreibetrag – und zwar von 4368 auf 4512 Euro. Wie bisher erhalten Eltern zudem einen Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (BEA-Freibetrag) in Höhe von 2640 Euro. Die Steuerersparnis schreiben die Finanzämter den Eltern jedoch nur dann gut, wenn diese höher ausfällt als das Kindergeld. Das ist in der Regel ab einem Einkommen von rund 30.000 Euro bei Alleinstehenden und 60.000 Euro bei Verheirateten der Fall.
Alleinerziehende
Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hat die Regierung um 600 Euro auf 1908 Euro angehoben. Zudem gibt es ab dem zweiten Kind je 240 Euro im Jahr. Alleinerziehende müssen belegen, dass sie „echt“ alleinerziehend sind, also kein weiterer Erwachsener im Haushalt lebt, und die Steuerklasse II beantragen. Dann wird ihnen der Entlastungsbetrag automatisch gutgeschrieben. „Für den Erhöhungsbetrag von 240 Euro ab dem zweiten Kind müssen sich Betroffene jedoch einen Lohnsteuerfreibetrag bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen eintragen lassen“, sagt Peter Kauth vom Internetportal Steuerrat24.de.
Altersvorsorge
Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung oder in die Rürup-Rente können Steuerzahler bis zu einem Höchstbetrag von 22.172 Euro (Alleinstehende) bzw. 44.344 Euro (Verheiratete) mit 80 Prozent abrechnen. Der Anteil der Einzahlungen, die steuerlich geltend gemacht werden können, steigt in den kommenden Jahren nach und nach an. Ab 2025 können Steuerzahler den Staat an 100 Prozent der Einzahlungen beteiligen – bis zum dann gültigen Höchstbetrag in der knappschaftlichen Rentenversicherung.
Im Gegenzug steigt der steuerpflichtige Anteil der Rente für jeden neuen Rentnerjahrgang. Wer sich 2015 zur Ruhe gesetzt hat, muss 70 Prozent der gesetzlichen Rente, der Rürup-Rente sowie Auszahlungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen versteuern. Wer sich 2040 oder später in den Ruhestand verabschiedet, muss 100 Prozent seiner gesetzlichen Rente der steuerlichen Berechnung unterziehen. Jede Rentenerhöhung ist steuerpflichtig. Die regelmäßige Anpassung des steuerfreien Existenzminimums gleicht dies häufig aus, aber nicht immer. „Daher ist es möglich, dass Ruheständler auch noch im Alter von 80 oder 90 Jahren in die Steuerpflicht rutschen“, sagt Steuerexperte Rauhöft. Doch auch wenn Rentner die Bögen des Finanzamts ausfüllen müssen, bedeutet das nicht automatisch, dass sie auch Steuern zahlen müssen. Sie können schließlich das Finanzamt an einer Reihe von Ausgaben beteiligen.
Kirchensteuer
Seit vergangenem Jahr behalten Kreditinstitute mit der Kirchensteuer automatisch die Abgeltungsteuer ein. Die Kreditinstitute fragen die Kirchensteuerpflicht automatisch beim Bundeszentralamt für Steuern ab. Dagegen können Anleger Widerspruch einlegen. „Allerdings müssen Steuerzahler dann im Rahmen der Steuererklärung die Anlage KAP abgeben“, sagt Kauth.
Musterprozesse
Im Steuerrecht kann sich jeder ohne Risiko in anhängige Verfahren vor den obersten Gerichten wie dem Bundesfinanzhof, dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof einklinken. Es reicht, Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen und auf das anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen zu verweisen. Entscheiden die Richter dann irgendwann im Sinn der Steuerzahler, können diese sich über eine hübsche Erstattung freuen. So müssen die Richter des Bundesfinanzhofs beispielsweise klären, ob Studiengebühren an privaten Hochschulen ähnlich wie Schulgeld als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden können (Az. X R 32/15). Klären müssen die Münchener Richter auch, ob Krankenversicherungsbeiträge um Bonuszahlungen bei gesundheitsbewusstem Verhalten gekürzt werden dürfen (Az. X R 17/15) .
Die Steuerserie der Berliner Morgenpost führt durch die Formulare. Sollten Sie danach noch Fragen zu Ihrer Steuererklärung 2015 haben, können Sie diese am kommenden Sonnabend den Experten des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine und des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg stellen.
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