Schuldenkrise

EZB entscheidet über den Ankauf von Staatsanleihen

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Es ist die spannendste EZB-Sitzung seit langem: Was tut die Notenbank, um den Euro zu retten? EZB-Präsident Draghi hat Erwartungen geschürt.

Die Erwartungen an die Europäische Zentralbank (EZB) waren lange nicht so hoch wie zur Sitzung des Notenbankrates heute (Donnerstag/09.00) in Frankfurt. EZB-Präsident Mario Draghi hatte vor einer Woche erklärt, die EZB werde „im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“. Seither sind die Hoffnungen gewaltig, dass die EZB massiv Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten wie Spanien und Italien kauft. Spekuliert wird über eine gemeinsame Stützaktion mit dem Euro-Rettungsfonds EFSF.

Mit einer weiteren Zinssenkung rechnen Ökonomen dagegen frühestens im September. Der EZB-Rat hatte den Leitzins bei seiner letzten Sitzung Anfang Juli auf 0,75 Prozent verringert. Damit liegt der Zins erstmals seit Einführung des Euro 1999 unter einem Prozent.

EZB will wieder Staatsanleihen kaufen

Draghi, will die Schuldenkrise mithilfe einer Doppelstrategie eindämmen. Der Plan, den Draghi an diesem Donnerstag vorstellen will, sieht nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagausgabe) eine konzertierte Aktion der EZB und des künftigen Euro-Rettungsschirms ESM vor. Beide Institutionen sollen dem Vernehmen nach den Kauf von Staatsanleihen etwa aus Spanien oder Italien koordinieren, um so die Zinslast dieser Länder zu senken. Dabei würde der ESM den Regierungen in kleinerem Umfang direkt Anleihen abkaufen, während die Notenbank zugleich Papiere erwirbt, die bereits auf dem Markt gehandelt werden.

Die EZB hat bereits 211 Milliarden Euro in Anleihen schwächelnder Euro-Länder investiert. Das Kaufprogramm ist umstritten, seit diesem Frühjahr ruht es. Vor allem die Bundesbank hält wenig davon, weil es die profitierende Regierung nicht dazu verpflichtet, im Gegenzug für die Hilfen wirtschaftliche Reformen einzuleiten und den Haushalt zu sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste das entsprechende Land zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.

Unmittelbar vor den europäischen Währungshütern beschlossen deren US-Kollegen in Washington keinerlei neue Schritte. Der Fed-Offenmarktausschuss bestätigte am Mittwoch in Washington den derzeitigen Leitzinssatz mit einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie angekündigt, dass der Zins bis Ende 2014 auf niedrigem Niveau gehalten werden solle. Sie sehe weiter „bedeutende Abwärtsrisiken“ für die US-Wirtschaft.

Rätsel um das neue Anleihenprogramm

Auch die Konjunkturmaßnahme „Operation Twist“ werde wie zuvor angekündigt bis zum Jahresende fortgesetzt. Dabei werden kurzfristig fällige Anleihen aus ihrem Bestand gegen langlaufende Papiere getauscht. Das soll Zinsen etwa für Unternehmenskredite oder Immobiliendarlehen weiter in den Keller drücken.

Die Finanzmärkte hatten seit Wochen gerätselt, ob die Notenbank ein neues Anleihekaufprogramm starten könnte. Das schwache Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft von hochgerechnet 1,5 Prozent im zweiten Quartal hatte diese Spekulation genährt.

Derweil wehrt sich Berlin gegen Forderungen nach unbegrenzten Mitteln aus den Euro-Rettungsfonds. „Wir wollen nicht den Weg in eine Inflationsunion, sondern wir haben den Weg beschritten in eine Stabilitätsunion“, sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler. Darin seien sich Kanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) und er einig, betonte der FDP-Vorsitzende.

Im Kern geht es darum, ob der neue Rettungsschirm ESM eine Banklizenz bekommt und damit grünes Licht für eine direkte Finanzierung durch die EZB. Das würde die „Feuerkraft“ des ESM erheblich erhöhen. Die Berliner Koalition stimmt indes nach Röslers Worten darin überein, „dass das nicht unser Weg sein kann“.

US-Präsident Barack Obama appellierte abermals an die Europäer, alles zu tun, um die Eurozone zu stabilisieren. Bereits am Montag hatte sein Finanzminister Timothy Geithner Schäuble an dessen Urlaubsort in dieser Sache auf der Nordseeinsel Sylt aufgesucht. Obama, der am Mittwoch mit Frankreichs neuem Präsidenten Francois Hollande telefonierte, sorgt sich drei Monate vor den US-Wahlen, dass eine eskalierende Euro-Schuldenkrise die US-Wirtschaft in den Abgrund ziehen könnte.

Die Bundesregierung sieht sich mit ihrer harten Haltung zunehmend isoliert. Konfrontation ist besonders mit den südeuropäischen Krisenländern programmiert, denn speziell Italiens Regierungschef Mario Monti hat wiederholt Erleichterungen für die unter hohen Zinslasten leidenden Euro-Krisenländer gefordert.

Hoffen auf EZB – Tokioter Börse eröffnet fester

Kurz vor der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank ist die Tokioter Börse mit Gewinnen in den Handel gegangen. Von der Enttäuschung der US-Anleger über den erneuten Verzicht der US-Notenbank Fed auf eine Konjunkturspritze war in Fernost kaum etwas zu merken. „Das fehlende Handeln der Fed bedeutet, dass sich die Hoffnungen auf EZB-Maßnahmen intensiviert haben“, sagte Analyst Hiroichi Nishi von SMBC Nikko Securities. Den japanischen Aktienmärkten käme nun zu Gute, dass der Yen nach dem Fed-Treffen gegenüber dem Dollar leicht verloren habe.

Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index gewann zu Handelsbeginn 0,2 Prozent auf 8657 Punkte. Der breiter gefasste Topix-Index rückte ebenfalls 0,2 Prozent auf 731 Punkte vor.

Bei den Einzelwerten stand Toyota im Mittelpunkt. Rund um den Globus müssten mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge überprüft werden, teilte der japanische Autobauer mit. Die Anleger nahmen es dem Konzern nicht übel. Das Papier legte 2,5 Prozent zu. Die

Nach Börsenschluss geben unter anderem Sony, Mitsubishi, Chiphersteller Renesas Electronics und Handelshaus Itochu Einblick ins Quartal.

( dapd/dpa/nb )