Eine Staatspleite Griechenlands würde die deutschen Steuerzahler nach einer aktuellen Schätzung der Dekabank kurzfristig 83 Milliarden Euro kosten. "Darin enthalten sind die deutschen Anteile an den Auszahlungen aus dem ersten und zweiten Rettungspaket für Athen von bisher 15 und 22 Milliarden Euro", sagte Dekabank-Experte Carsten Lüdemann der "Rheinischen Post".
Hinzu kämen weitere 13 Milliarden Euro an Verpflichtungen, die sich für Deutschland ergäben, weil die Europäische Zentralbank (EZB) im Pleitefall wertlose griechische Staatsanleihen in ihren Büchern stehen hätte.
Zudem müsse Deutschland 30 der 106 Milliarden Euro schultern, die die griechische Notenbank über das sogenannte Target-System der europäischen Notenbanken der Bundesbank schulde. Aus den Zahlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Griechenland ergäbe sich darüber hinaus für Deutschland ein Kostenanteil von drei Milliarden Euro.
Andere Experten gehen von mindestens 45 Milliarden Euro an Gesamtkosten für Deutschland aus. Diese Zahl nannte Matthias Kullas, Ökonom beim Centrum für Europäische Politik. Auch er verwies darauf, dass sich die Summe noch erhöhen könnte, wenn andere Euro-Krisenländer ihren Verpflichtungen beim Rettungsschirm nicht nachkommen können.
IWF will nicht mehr zahlen
In Finanzkreisen gibt es Spekulationen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht mehr bereit ist, der Regierung in Athen über die bisherigen Zusagen hinaus Kredite zur Verfügung zu stellen.
Wenn der IWF abspringen sollte, würden sich auch die anderen europäischen Länder zurückziehen. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, man sei "zuversichtlich, dass die nächste Tranche der Notkredite überwiesen wird". Zwar sei Athen erheblich in Verzug geraten, aber die neue Regierung wolle die Versäumnisse aufholen.
Während des Dauerwahlkampfes waren fast alle Reformvorhaben liegen geblieben. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker sagte: "Wir haben vereinbart, dass wir über die Situation Griechenlands dann wieder diskutieren, wenn der Befund der Troika vorliegt."
Die Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), er halte einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone nicht mehr für unwahrscheinlich, sorgten für harte Reaktionen. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Äußerungen "hochgradig riskant".
Der grüne Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte: "Ich rate dazu, die Mission der Troika abzuwarten, statt leichtfertig vor sich hin zu spekulieren." Er warf dem Minister Unaufrichtigkeit vor, weil Rösler gesagt hatte, es dürfe keine Vergemeinschaftung europäischer Schulden geben.
Deutschland hafte aber bereits jetzt für andere Staaten. Trittin: "Die Wahrheit ist: Herr Rösler lügt." Der FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis sagte "Welt Online": "Das Ausmaß der Unprofessionalität des Vizekanzlers und Wirtschaftsministers überrascht."