Moody's

Deutschland droht sein Spitzenrating AAA zu verlieren

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Die Ratingagentur Moody's gibt der Kreditwürdigkeit Deutschlands weiterhin die Bestnote AAA, hat den Ausblick aber auf negativ gesenkt.

Die Spitzenratings von Deutschland, den Niederlande und Luxemburg sind angesichts der brodelnden Schuldenkrise in Gefahr. Die Ratingagentur Moody's senkte am späten Montag den Ausblick für alle drei Staaten von stabil auf negativ. Dies kann der erste Schritt auf dem Weg zu einer Abstufung der Kreditwürdigkeit sein. Bislang besitzen alle drei Länder die Bestnote von „AAA“.

Als Grund für die Überprüfung der drei Ratings nannte Moody's die steigende Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise. Es sei immer wahrscheinlicher, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, schrieben die Experten. Selbst wenn dies nicht passiere, sei davon auszugehen, dass Länder wie Spanien und Italien weitere Hilfen bräuchten. Vermutlich müssten dann die Staaten mit einer sehr guten Bonität die neuen Hilfen schultern.

Nach Moody's Einschätzung wäre ein griechischer Austritt aus dem Euro „eine materielle Bedrohung für den Euro“. Trotz einer starken Reaktion der Eurostaaten würde damit eine „Kettenreaktion von Schocks im Finanzsektor und ein Liquiditätsdruck auf Staaten und Banken“ in Gang kommen, die von der Politik nur zu einem sehr hohen Preis eingedämmt werden könnten.

Euro-Hilfe wird zum Bumerang

Deutschland und die anderen wirtschaftlich starken Länder der Eurozone haben den schwächeren Partnern bereits unter die Arme gegriffen. Die Hilfen könnten sich nun als Bumerang erweisen, weil sie die Haushalte zu belasten drohen und den finanziellen Spielraum für die Regierungen einschränken.

Zudem reagierten die EU-Staaten nur auf die Krise, was zu keinem stabilen Ergebnis führen werde. Das Risiko werde von der Schuldenlast Spaniens und Italiens und deren immer teurer werdenden Finanzierung erhöht.

Im Falle Deutschland verwies Moody's auch auf die „Verwundbarkeit des Bankensystems“. Die deutschen Kreditinstitute seien stark in den Problemstaaten engagiert und könnten Rückschläge angesichts ihrer mauen Gewinne nur schlecht abfedern.

In der vergangenen Finanzkrise hatte der Staat die Hypo Real Estate auffangen müssen und war bei der Commerzbank eingestiegen.

Das Rating für die deutsche Bad Bank FMS Wertmanagement wurde ebenfalls von stabil auf negativ gesenkt. Das „AAA-Rating“ der Anstalt wurde jedoch bestätigt.

„Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide“, betonte das Bundesfinanzministerium in einer ersten Reaktion. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert. „Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider.“

Moody's habe vor allem die kurzfristigen Risiken in den Vordergrund gestellt, „während längerfristige Stabilisierungsaussichten unerwähnt bleiben“, kritisierte das Ministerium noch in der Nacht. Die genannten Risiken in der Eurozone seien auch nicht neu. „Die Eurozone hat eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone führen werden“, betonte das Ministerium.

Moody's hatte bereits im Februar den Ausblick für Österreich und Frankreich auf negativ gesetzt. Noch haben beide Länder aber ihr „AAA“. Das finnische Spitzenrating sieht Moody's nach der Mitteilung vom Montag weiterhin ungefährdet.

Moody's erklärte, das Land betreibe eine konservative Haushaltspolitik und habe stets die Maastricht-Kriterien eingehalten. Das finnische Bankensystem sei gesund und hauptsächlich auf das Inland ausgerichtet. Finnland verkaufte zudem nur einen relativ kleinen Teil seiner Exporte in den Euroraum, was die Anfälligkeit für Turbulenzen dort reduziere.

Euro fällt auf tiefsten Stand seit zwei Jahren

Steigende Sorgen um eine Verschlimmerung der Schuldenkrise hatten zu Wochenbeginn allerdings für Kursrutsche an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Der deutsche Leitindex Dax sackte bis zum Handelsschluss am Montag um 3,18 Prozent auf 6419,33 Punkte ab; sein US-Pendant Dow Jones fiel um 0,79 Prozent auf 12 721,46 Punkte. Der Euro setzte seine Talfahrt fort und kostete zeitweise weniger als 1,21 US-Dollar – das ist der tiefste Stand seit zwei Jahren.

Die drohende Herabstufung von Deutschland, Niederlande und Luxemburg droht, die Märkte am Dienstag weiter zu belasten. Eine schlechtere Note für die Kreditwürdigkeit kann zu steigenden Zinsen bei der Aufnahme neuer Schulden führen. Denn Investoren müssen von einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen.

Bei Deutschland und den anderen Ländern dürfte ein Verlust des Spitzenratings allerdings in erster Linie einen erheblichen Imageschaden bedeuten. In der Regel reagieren Investoren erst, wenn zwei der drei großen Ratingagenturen ihre Bewertung zurückgenommen haben – und selbst dann müssen die Refinanzierungskosten nicht zwingen steigen.

Innerhalb Europas gilt Deutschland als sicherer Hafen und entsprechend niedrig sind die Kreditzinsen. Auch die führende Ratingagentur Standard & Poor's hatte Deutschlands Topbonität zwischenzeitlich auf den Prüfstand gestellt, die Note letztlich aber nicht angetastet.

Dagegen haben die USA ihre Bestnote bei S&P bereits verloren – und können sich dennoch zu sehr niedrigen Zinsen frisches Geld leihen. Ein Grund dafür ist, dass viele Investoren angesichts der Schuldenkrise in Europa nicht wissen, wohin mit ihren Milliarden.

Spanien und Italien verbieten Leerverkäufe

Angesichts der von neuen spanischen Hiobsbotschaften ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten hatten Spanien und Italien zuvor ein Leerverkäufe-Verbot verhängt. Dies sei angesichts der Volatilität an den europäischen Märkten beschlossen worden und solle für drei Monate gelten, teilte die spanische Börsenaufsicht am Montag mit. In Italien untersagte die Börsenaufsicht Leerverkäufe von Aktien, nachdem der Leitindex FTSE-MIB an der Mailänder Börse am Morgen vorübergehend um mehr als fünf Prozent abgestürzt war. Das Verbot soll eine Woche gelten.

Der Handel mit Aktien einiger Banken und Finanzgruppen wurde nach starken Verlusten vorübergehend ausgesetzt. Grund für den Einbruch war die Furcht vor einer weiteren Verschärfung der Schuldenkrise in Europa. Investoren befürchten, dass auch Spanien unter den internationalen Rettungsschirm schlüpfen muss. Für eine Hilfe an Italien wäre dann nicht mehr ausreichend Geld vorhanden.

In Spanien jagte zum Wochenauftakt eine schlechte Nachricht die nächste: Die Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal weiter – um 0,4 Prozent. Der Risikoaufschlag für zehnjährige Anleihen stieg auf ein kritisches Niveau. Und nach Valencia will nun offenbar auch die Region Murcia um finanziellen Beistand der Zentralregierung bitten.

( dpa/dapd/Reuters/mim )