Der Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup plädiert für einen Teilbankrott des hochverschuldeten Griechenlands und die Einführung gemeinsamer Euro-Anleihen, sogenannter Eurobonds . „Es geht nicht mehr nur um die Stabilisierung Griechenlands, sondern um eine dauerhafte Stabilisierung der Euro-Zone als Ganzes. Dazu wird man um Eurobonds nicht herumkommen“, sagte Rürup dem "Tagesspiegel".
„Eurobonds bedeutet, dass nicht mehr ein einzelnes Land an den Kapitalmarkt geht, sondern die Gemeinschaft der Euro-Länder vertreten durch eine gemeinsame Institution", erklärte Rürup. Dies würde den verschuldeten Staaten ermöglichen, sich günstiger Kredite und Anleihen zu besorgen, "weil das Ausfallrisiko dieser Eurobonds kaum höher als das französischer oder deutscher Anleihen wäre".
Gemeinsame Euro-Anleihen seien aber kein Ersatz für eine Teilentschuldung Griechenlands. Ein Schuldenschnitt sei dort nicht mehr zu vermeiden , sagte Rürup: „Das ist leider offensichtlich“. Die Krisenpolitik der Euro-Staaten in den vergangenen Monaten habe der Europäischen Einigung geschadet. „Die Politik hat durch ihr Zaudern den Geist dieser Ideen geschwächt hat und einen Teilbankrott Griechenlands in Kauf genommen", kritisierte der Ökonom. Eine klare Ansage der Euro-Staaten, auf jeden Fall zu Griechenland zu stehen, hätte dies unter Umständen verhindern können.
Der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrats ging vor allem mit der deutschen Regierung hart ins Gericht: „Deutschland war ja der Geburtshelfer des Euros und der Motor der europäischen Integration. Diesen Elan kann ich in den letzten Jahren nicht mehr erkennen.“
Insgesamt gebe es zu wenig Leidenschaft für Europa, urteilte Rürup. Der Ökonom brachte zwei "ökonomische Geburtsfehler" der Währungsunion auf den Tisch, "nämlich der Glaube, dass ein Stabilitätspakt ein Ersatz für eine koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik sei und dass es in einer EU, die immer eine Transferunion war, eine EWU geben könne, die keinerlei Transferelemente haben dürfe". Keine Rettungsaktion werde nachhaltigen Erfolg haben, die nicht mit einem Schub bei der Europäischen Integration verbunden sei, prophezeite Rürup.
Rürup gehörte 1992 zu den mehr als 60 Ökonomen, die einen Aufruf gegen den Euro unterzeichnet hatten. Kanzler Helmut Kohl hatte die Gemeinschaftswährung dennoch durchgesetzt. "Heute bekenne ich: Helmut Kohl hatte recht", sagte Rürup dem "Tagesspiegel". Alles in allem sei „der Euro ein ökonomischer Erfolg, und Deutschland ist einer der großen Profiteure der Gemeinschaftswährung“, sagte er.